Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
Vom Netzwerk:
an. Es ist mir zu riskant.«
    Â»Ach was«, sagte Jasper, der wollte, dass Gareth weitertrank, »wir passen auf dich auf. Bist du denn nicht schon fröhlicher geworden?« Gareth lachte gezwungen und nickte.
    Â»Ich fühle mich gut«, sagte er. »Es war wirklich albern.«
    Â»Natürlich war es das. Vierundzwanzig Jahre alt, das ist doch noch gar nichts. Was soll ich denn da sagen? Ich bin neunundzwanzig, werde im September dreißig. Das nenne ich einen alten Mann.«
    Â»Vierundzwanzig zu sein macht mir nichts aus«, entgegnete Gareth, obwohl er den ganzen Abend über das Elend dieses Geburtstags gejammert hatte. »Eher stört mich, dass ich für mein Alter nicht viel vorzuweisen habe.«
    Â»Nicht viel vorzuweisen?«, wiederholte Jasper verwundert. »Du lieber Himmel. Du führst doch ein ganz wunderbares Leben.«
    Â»Vielleicht in deinen Augen.«
    Â»Nein, in den Augen jedes vernünftigen Menschen. Weißt du, dass ich an fünf Tagen in der Woche um acht Uhr morgens aufstehen und um neun in der Bank erscheinen muss, neun Uhr morgens wohlgemerkt, ganz gleich, wo ich am Vorabend war und was ich dort getan habe. Anschließend arbeite ich bis zur Mittagszeit durch. Im Glücksfall habe ich dann eine Stunde für mich, aber danach schufte ich weiter bis vier Uhr. Das ist mein Leben, Gareth. Versuch einmal, in einer Bank angestellt zu werden, dann weißt du, was harte Arbeit ist.«
    Â»Jasper, die Bank gehört deinem Vater«, schaltete Alexander sich amüsiert ein. »Du bist Mitglied des Vorstands. Dein Arbeitstag besteht aus ausgedehnten Mittagessen mit Kunden, und in der übrigen Zeit musst du darauf achten, dass deine Assistenten alles, was anfällt, für dich erledigen. Du sitzt nicht den ganzen Tag am Schalter und füllst Einzahlungs- und Auszahlungsbelege aus.«
    Â»Was spielt das für eine Rolle?«, fragte Jasper pikiert. »Es ist trotzdem Arbeit. Vielleicht nicht so anstrengend, wie den ganzen Tag Romane zu lesen und ein Lob oder einen Verriss von ein paar hundert Wörtern zu tippen, aber dennoch.«
    Alexander lachte. »Darüber diskutiere ich nicht mehr«, erklärte er, denn über die Arbeit in einer Bank – verglichen mit der im Kulturbetrieb – hatten sie schon ausgiebig gestritten. Die Kellnerin brachte die Gläser und eine Magnumflasche Champagner. Alexander schaute sich um. Sein Blick fiel auf einen schwergewichtigen Mann, der typisch für einen Club wie den Unicorn war, einer, der für die unfeinen Seiten des Geschäfts zuständig war. Dieser hier folgte einem anderen, als führe er einen Gefangenen zur Exekution – einem Mann mit auffallend weißem Haar. Alexander, dem dieses Haar nur zu bekannt war, reckte sich, um das Gesicht erkennen zu können, doch da waren die beiden schon über den Flur verschwunden. Er sagte sich, dass ihm das Licht einen Streich gespielt haben musste, und konzentrierte sich wieder auf seine Freunde.
    Â»Ich glaube, ich brauche eine Arbeit«, verkündete Gareth, als sie miteinander anstießen.
    Â»Immer mit der Ruhe«, sagte Jasper. »Aus dir spricht der Alkohol.«
    Â»Deshalb ist das jetzt auch mein letztes Glas. Ich nehme alles, um aus dem Haus zu kommen. Wenn ich eine Beschäftigung hätte, würde mein Vater auch aufhören, mich mit seinen Vorschlägen zu quälen.«
    Â»Möchtest du zu uns in die Bank kommen?«, fragte Jasper und hoffte insgeheim, sein Freund werde ja sagen.
    Â»Nein«, erwidere Gareth fest, »das nicht.«
    Â»Was stellt sich denn dein Vater für dich vor?«
    Â»Er möchte, dass ich in seine Kanzlei eintrete, und findet es verrückt, wenn einer Jura studiert, sämtliche Examen ablegt und dann sagt, Anwalt wolle er nicht werden.«
    Â»Hat ein bisschen was Sinnloses«, räumte Alexander ein.
    Â»Mag sein, aber ich bin nicht wie er«, fuhr Gareth fort. In Cambridge Jura zu studieren hatte ihm gefallen, doch ihn reizte der Gedanke, gegen seinen Vater, den Kronanwalt und ehrenwerten Richter, zu rebellieren. Ärgerlich war nur, dass er kein Thema fand, über das er mit ihm hätte streiten können. »Mein Vater war ein leidenschaftlicher Anwalt. Für ihn gab es nichts Schöneres, als einen Fall mithilfe einer technischen Finesse zu gewinnen oder einen Schuldigen hinter Gitter zu bringen. Sein ganzes Leben hat er darauf hingearbeitet, eines Tages Richter

Weitere Kostenlose Bücher