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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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»Der Unicorn gehört zu den Besten seiner Art.«
    Sie traten ein. Gareth blinzelte, ehe seine Augen sich langsam an die schummrige Beleuchtung gewöhnten. Etwas besonders Überraschendes gab es jedoch nicht zu sehen: eine Reihe Nischen entlang den Wänden, in fast jeder von ihnen gut gekleidete Männer in seinem Alter oder älter, kleine Gruppen, die plauderten und lachten. Vor ihm ein langer Tresen, an dem attraktive junge Frauen in spärlicher Bekleidung Getränke bestellten und diese auf Tabletts zu den Tischen trugen. Am anderen Ende des Raums zwei Billardtische. Daneben öffnete sich ein Flur, der, den Geräuschen nach zu urteilen, zu den Spieltischen führte.
    Â»Kommt, wir setzen uns.« Alexander steuerte eine freie Nische an und warf dabei einen verstohlenen Blick in die Runde, um festzustellen, ob irgendwo jemand saß, den er kannte. Zwar war es ihm nicht peinlich, hier gesehen zu werden – die meisten seiner Freunde und Bekannten verkehrten in solchen Clubs –, aber er hatte ein gewisses Selbstbild, und sich heimlich Lastern hinzugeben, die sein noch unsicheres Lebensfundament gefährden konnten, passte nicht dazu. Immerhin hatte er sein Studium der englischen und französischen Literatur in Cambridge mit sehr gut abgeschlossen und arbeitete als Literaturkritiker und Feuilletonist für die Times , was seiner Meinung nach eine gewisse gesellschaftliche Überlegenheit bedeutete. Auch schrieb er privat an einem Roman in der Tradition von Henry Fielding, obwohl er das Manuskript noch niemandem gezeigt hatte, denn wenn der Leser es vulgär und altmodisch fände, würde das sowohl seiner Position als auch seinem sorgfältig gemalten Selbstbild schaden.
    Â»Ich denke, wir nehmen Champagner«, sagte Jasper, als eine Kellnerin zu ihnen kam. Wohlwollend ließ er seinen Blick über sie wandern. Sie lächelte und versuchte einnehmend, jedoch nicht ermutigend zu wirken. »Bringen Sie uns eine Flasche von Ihrem Besten und vier Gläser, Liebes.«
    Â»Warum vier?« Sie sah die drei jungen Männer der Reihe nach an. »Erwarten Sie noch jemanden?«
    Â»Ich dachte, Sie könnten sich für eine Weile zu uns setzen«, entgegnete Jasper jovial. »Mein Freund hier hat heute Geburtstag. Möchten Sie ihm nicht alles Gute wünschen?«
    Â»Alles Gute zum Geburtstag.« Die Kellnerin lächelte zu Gareth hinüber. »Leider darf ich mich nicht zu Ihnen setzen. Bis geschlossen wird, habe ich Dienst.«
    Â»Nicht einmal für ein Schlückchen?«, fragte Jasper enttäuscht. »Dagegen kann doch niemand etwas haben.«
    Die Kellnerin schüttelte den Kopf, blieb jedoch freundlich. Großmütig gab Jasper sich geschlagen, schließlich kannte er die Regeln solcher Clubs. Die Mädchen, die hier arbeiteten, waren hübsch und entgegenkommend, aber anfassen durfte man sie nicht. Sie waren keine Huren. Die anderen, die hinten an den Spieltischen bedienten, wollte man nicht anfassen, denn sie waren weniger hübsch und zudem geschäftsmäßig, behielten die Hände der Kartenspieler im Auge und ließen sich von niemandem ablenken.
    Natürlich durfte man versuchen, eine Kellnerin an einen Tisch einzuladen, aber sie zu bedrängen, nachdem sie die Einladung abgelehnt hatte, galt als schlechtes Benehmen.
    Â»Dann eben drei Gläser«, sagte Jasper noch immer ein wenig enttäuscht, aber keineswegs beleidigt. »Wir können auch allein trinken.«
    Die Kellnerin verschwand.
    Â»Eigentlich sollte ich nichts mehr trinken«, sagte Gareth. »Und wenn, dann höchstens Wasser.«
    Â»Nichts mehr trinken?«, rief Jasper schockiert, als hätte man seine Mutter auf obszöne Weise beleidigt. »Wie, um alles in der Welt, kommst du denn darauf?«
    Â»Ich habe schon Wein und Champagner getrunken. Du weißt, dass mir das nicht bekommt.«
    Â»Sei nicht albern«, erwiderte Jasper. »Immerhin hast du heute Geburtstag.«
    Gareth warf Alexander einen hilfesuchenden Blick zu. Wenn er enthaltsam sein wollte, brauchte er Beistand.
    Â»Zwing ihn doch nicht, wenn er nicht will, Jasper«, sagte Alexander und wandte sich an Gareth. »Offenbar machst du dir deswegen immer noch Gedanken. Es hat mich gewundert, dass du zum Dinner überhaupt etwas getrunken hast.
    Â»Ein Glas Champagner, mehr war es nicht. Nur weil ich Geburtstag habe, Jasper hat es auch gesagt. Sonst rühre ich nichts mehr

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