Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
Vom Netzwerk:
Noch in dieser Stunde?«
    Â»Mehr oder weniger.«
    Â»Gut. Sobald er da ist, bringst du ihn zu mir. Und dann wartest du draußen. Vergewissere dich, dass er sauber ist. Dem Jungen habe ich noch nie getraut.«
    Â»Machen Sie sich deswegen keine Gedanken«, sagte Henderson. »Aber was sollen wir mit ihm machen? Danach, meine ich.«
    Delfy öffnete den Mund, um zu antworten, doch dann hielt er inne. »Ich bin mir noch nicht sicher«, bekannte er. »Zuerst höre ich mir an, was er zu sagen hat, denn unser junger Mr Montignac hat mich sehr enttäuscht. Wenn man bedenkt, was er mir alles versprochen hat, und wie wenig ich es mag, enttäuscht zu werden, würde ich sagen, es wird Zeit, dass wir ihm sein Fehlverhalten einmal deutlich vor Augen führen.«
    Henderson fasste die Worte als Hinweis auf, sich zu entfernen. Er nickte noch einmal und zog die Tür leise hinter sich zu.
    Delfy blieb an seinem Schreibtisch sitzen. Er sehnte sich nach einem Drink. Außerdem fehlte ihm Alice. Aber das eine würde seiner Gesundheit schaden, und das andere – das andere stand ihm nicht mehr zur Verfügung.

2
    Kurz vor zehn Uhr abends traf Gareth Bentley mit seinen Freunden Jasper Conway und Alexander Keys im Unicorn ein. Zuvor hatten sie in einem neuen Restaurant in Covent Garden ein reichhaltiges Mahl und mehrere Flaschen Wein genossen, wonach sie zwar bester Laune waren, aber noch nicht so betrunken, dass der Türsteher des Clubs sie abweisen würde. Außerdem hatten zwei der drei das Etablissement schon früher besucht. Jasper zählte sogar zu den Stammgästen und gab sein Treuhandvermögen langsam aber sicher an den Roulette-Tischen aus. Alexander hingegen spielte lieber Blackjack, hatte immer nur die Summe dabei, deren Verlust er sich leisten konnte, und zählte somit zu den Gästen, auf die Nicholas Delfy hätte verzichten können: Menschen, die ihre Gewinne einsteckten, wenn sie eine Glückssträhne hatten, und verschwanden, ehe ihre Pechsträhne begann.
    Gareth wiederum war ein Erstbesucher, doch Einrichtungen wie die Ballrooms waren ihm bekannt. Als sie auf der schmutzigen Straße vor dem Eingang standen und von dem Türsteher begutachtet wurden, strich er seinen Mantelkragen glatt und schaute so harmlos wie nur möglich drein.
    Â»Mr Conway«, sagte der Türsteher, dem man beigebracht hatte, sich die Namen der Gäste zu merken, und nickte ihnen höflich zu. »Und Mr Keys. Wie geht es den Herren heute Abend?«
    Â»Bestens, Dempsey«, antwortete Alexander und entnahm seiner Geldbörse unauffällig zwei Shilling.
    Â»Wie ich sehe, haben Sie einen Gast dabei«, fuhr Dempsey fort und musterte Gareth von Kopf bis Fuß, auf der Suche nach Hinweisen, die ihn als Problemfall markieren konnten.
    Â»Das ist Mr Gareth Bentley«, verkündete Jasper großspurig und legte einen Arm um Gareths Schultern. »Einer meiner ganz besonderen Freunde. Der Junge braucht eine kleine Aufmunterung. Hat heute Geburtstag und ist vierundzwanzig geworden. Drückt ihm auf die Seele.«
    Â»Alles in Ordnung«, sagte Dempsey, dem Gareths Geburtstag gleichgültig war. Er trat zur Seite. »Wünsche den Herren einen angenehmen Abend.« Alexanders Münzen glitten in seine Hand und verschwanden in seiner Jackentasche. Es war bekannt, dass die Türsteher derartiger Clubs von allen Angestellten am meisten verdienten; denn die Macht, jemandem das Betreten und Verlassen solcher Lokalitäten zu gestatten, zahlte sich aus.
    Die drei jungen Männer gingen durch die Tür, hinunter in einen schmalen düsteren Gang und gaben ihre Mäntel an der Garderobe ab. Bisher war die Geburtstagsfeier eine formelle Angelegenheit gewesen, und jeder von ihnen trug einen Smoking. Zuerst das Dinner, dann hatten sie in einem angesehenen Club, wo Abendkleidung vorgeschrieben war, Champagner getrunken. Danach hatten sie beschlossen, den Abend im Unicorn zu beenden und auf der Taxifahrt dorthin ihre Fliegen gelockert, mit der Absicht, sich den angesäuselten und leicht verlotterten Anstrich zu geben, auf den wohlhabende junge Herren ihres Rangs sich gern kaprizierten.
    Â»Ich kann nicht fassen, dass du doch nie hier warst«, bemerkte Jasper auf dem Weg durch den Flur, an dessen Ende zwei schweigsame Wächter eine silbrige Flügeltür flankierten, die sie mit großartiger Geste aufzogen, um den Blick auf den Club freizugeben.

Weitere Kostenlose Bücher