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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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gedacht.
    Â»Vielleicht kann ich das Geplante absagen«, murmelte er.
    Â»Dafür wäre ich dir dankbar«, entgegnete sie. »Was hältst du von sieben Uhr? Im Claridge.«
    Â»Gut«, sage er und legte auf, ehe sie ihm weitere Fragen stellen konnte.
    Das Dinner hatte nur eine Stunde gedauert. Es war eine schwierige Begegnung gewesen, die durch Stellas Entschluss, ihren trotteligen Freund Raymond dazu einzuladen, noch unerfreulicher geworden war. Als Montignac sich kurz vor halb acht entschuldigte und erklärte, er müsse aufbrechen, hatte Stella laut geseufzt und ausgesehen, als sei sie restlos bedient.
    Â»Du kannst jetzt nicht gehen, Owen«, sagte sie. »Unsere Diskussion ist noch nicht beendet. Im Grunde hat sie gerade erst begonnen.«
    Â»Tut mir leid«, erwiderte er. »Dann müssen wir sie wohl verschieben. Ich habe einen wichtigen Termin.«
    Â»Wichtiger als das hier?«
    Â»Stella«, sagte er leise und war von ihren ewigen Kämpfen ebenso zermürbt wie sie, »ich fürchte, dass die Welt sich nicht um deinen Zeitplan dreht.«
    Â»Das erwarte ich auch nicht«, antwortete sie spitz. »Aber ich wünschte, ich könnte dich wenigstens noch für fünf Minuten festnageln und über das sprechen, was als Nächstes geschieht. Du wirkst verärgert und benimmst dich so, dass jeder denken könnte, ich hätte alles geplant.«
    Â»Jeder?«, fragte er ruhig und sah ihr in die Augen. »Was für eine absurde Idee.«
    Â»Hör zu, alter Junge«, begann Raymond mit dem lächerlichen Gehabe eines Engländers in einer afrikanischen Kolonie, das er offenbar dem jüngsten Buch von Evelyn Waugh entnommen hatte. »Unser Mädchen will doch nur sagen –«
    Montignac ließ ihn nicht ausreden. »Komm morgen in der Galerie vorbei«, schlug er Stella vor. »Gegen Mittag. Dann können wir uns unterhalten. Nur wir beide.« Raymonds Worte und Anwesenheit ignorierte er, als handele es sich bei ihm um einen Kellner, der wissen wollte, ob sie zum Dessert Tee oder Kaffee wünschten.
    Â»Dass du mir dann aber auch da bist«, sagte Stella, als Montignac sich erhob. »Wenn ich ankomme und feststelle, dass du für den Tag irgendwohin gegangen bist –«
    Â»Ich werde da sein«, fiel er ihr ins Wort, versuchte zu lächeln und wollte nicht wahrhaben, wie großartig sie in ihrem neuen Kleid aussah; es war ein teures dunkelrotes Taftkleid, das Stella an diesem Tag gekauft hatte. »Und dann reden wir. Allein«, hob er noch einmal hervor.
    Anschließend stürzte er davon, doch draußen auf der Straße blieb er kurz stehen, versuchte, sich zu sammeln, und zählte im Geist bis zehn, um nicht zurückzurennen und Raymond Davis hinaus auf die Straße zu zerren oder in eine dunkle Gasse, wo er ihm zeigen konnte, was einem Tölpel blühte, der glaubte, er könnte sich zwischen ihn und Stella drängen. Als es zu nieseln begann, setzte er sich in Gang, lief die Brook Street entlang und suchte zur Beschwichtigung seiner Nerven nach einer ruhigen Bar.
    Wenige Minuten später saß er im Duck and Dog, entspannte sich bei einem großen Glas Whisky und sah in der halb leeren Bar schweigend zu, wie ihm gegenüber zwei Männer mittleren Alters Darts spielten. Ein groß gewachsener, massiger Mann im dunklen Anzug trat ein, schaute in die Runde, lächelte Montignac kurz zu und steuerte die Theke an. Dort sah er sich erneut um, warf einen Blick auf Montignacs Getränk, sagte etwas zu dem Barkeeper und kam gleich darauf mit einem Glas in jeder Hand auf Montignac zu.
    Â»Wie ich gehört habe, trinken Sie Whisky. Hier, zum Nachfüllen.« Er reichte Montignac ein Glas und setzte sich.
    Montignacs Augen wurden schmal. Er schaute zur Tür, fragte sich, ob er einfach aufstehen und gehen sollte, ob sein Gegenüber ihm das überhaupt gestatten würde. Den Whisky rührte er nicht an.
    Â»Entschuldigen Sie«, sagte er. »Kennen wir uns?«
    Â»Wir sind uns schon mal begegnet.«
    Â»Tatsächlich?« Montignac versuchte, sich zu erinnern, und war sich eigentlich sicher, dass er einen solchen Koloss von Mann nicht vergessen hätte. »Tut mir leid, aber ich kann mich nicht –«
    Â»Ich arbeite für Nicholas Delfy«, unterbrach ihn der Mann. »Er hofft, Sie finden heute Abend die Zeit, ihn zu besuchen.«
    Montignacs Magen zog sich zusammen. »Nicholas«,

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