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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Montignac, dem es ebenso erging, »und warum nicht?«
    Â»Weil er schrecklich eitel und arrogant ist und nie für etwas bezahlt. Seinetwegen habe ich heute Abend dreißig Pfund verloren, was ich mir kaum leisten konnte, aber ihm hat es offenbar großen Spaß gemacht. Das war auch der Grund, weshalb ich vorhin gegangen bin. Wenn ich gewartet hätte, hätte er darauf bestanden, dass ich das Taxi für unsere Heimfahrt bezahle. Außerdem hat er mich zum Trinken genötigt.«
    Montignac schaute Gareth von der Seite an. »Wie darf ich das verstehen?«
    Â»Eigentlich eine ganz dumme Sache«, sagte Gareth. »Ich darf nicht zu viel trinken, denn mitunter bekommt mir das nicht. Aber heute Abend habe ich mich gut gehalten. Es waren nur ein paar Gläser.«
    Â»Hat er Sie auch genötigt, Roulette zu spielen?«, fragte Montignac.
    Â»Das nicht, aber –«
    Â»Ist es dann nicht ein wenig ungerecht, ihn für Ihre Schwächen verantwortlich zu machen? Obwohl ich mich Ihrem Urteil voll und ganz anschließe. Jasper ist ein Schmarotzer. Und ein elender Feigling. Über diesen Mann könnte ich Ihnen Geschichten erzählen, nach denen Sie ihn wie die Pest meiden würden.«
    Gareth schwieg, ohne sich nach weiteren Einzelheiten zu erkundigen. Er schaute aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Straßen und wünschte, der Verkehr wäre dichter, damit sie nur langsam vorankämen und sich noch eine Weile unterhalten könnten. Er sah sein Gesicht in der dunklen Fensterscheibe und dahinter den weißen Schopf seines Begleiters, der in auffallendem Kontrast zu seiner eigenen dunklen Mähne stand. Montignacs abfällige Bemerkungen über Jasper hatten ihm gutgetan. Mit einem Mal spürte er, dass er müde war, und gähnte mit offenem Mund.
    Inzwischen fuhren sie über die Oxford Street in Richtung Bloomsbury. Nur um Konversation zu machen, fragte Montignac: »Wann müssen Sie morgen früh aufstehen?«
    Â»Wenn mir danach zumute ist«, entgegnete Gareth. »Ich habe keine Arbeit und muss nirgendwohin.«
    Â»Ach was? Haben Sie vorhin nicht gesagt, dass Sie die müßigen Reichen um ihren Lebenswandel beneiden? Das klingt ja, als wären sie einer von ihnen.«
    Gareth lachte. »Das wäre ich gern, doch das lässt mein Vater nicht zu. Ich fürchte, meine Zeit des süßen Nichtstuns geht langsam zu Ende. Das Familiengeschäft wartet auf mich.«
    Â»Und das wäre?«
    Â»Die Juristerei. Mein Vater ist Anwalt, das heißt, mittlerweile ist er Richter. Er leitet die Kanzlei Rice.«
    Montignac kramte in seinem Gedächtnis. Irgendwo hatte er den Namen schon einmal gehört. Dann fiel es ihm ein. »Roderick Bentley. Der Richter, der Domson zum Tode verurteilt hat. Er ist Ihr Vater.«
    Â»So ist es.«
    Â»Hm«, sagte Montignac nachdenklich.
    Â»Er will mich nicht mehr unterstützen, es sei denn, ich finde eine Arbeit. Und da ich keine finde, die mir gefällt, habe ich beschlossen, in den sauren Apfel zu beißen. Womöglich habe ich heute meinen letzten Abend als freier Mann verbracht. Ich glaube, ich hätte mich doch betrinken sollen.«
    Das Taxi bog von der Russell Street in den Bedford Place ein. Montignac nannte dem Fahrer seine Hausnummer.
    Â»Heißt das, dass Sie die Laufbahn eines Juristen gar nicht einschlagen möchten?«, fragte er.
    Â»Natürlich nicht. Es ist, als werde mir mein Leben geraubt.«
    Â»Gibt es denn etwas, das Sie lieber tun möchten?«
    Â»Leider nicht. Darüber habe ich bisher nie nachgedacht, was für mein Alter wirklich peinlich ist. Ich glaube, ich habe meine Jugendzeit verschwendet.«
    Â»Sie ist ja noch nicht vorbei«, sagte Montignac.
    Â»Vielleicht nicht, aber ich weiß nicht, ob ich zum Arbeiten geschaffen bin. Es ist, wie ich es gesagt habe, am liebsten wäre ich einer der müßigen Reichen.«
    Montignac schmunzelte. »Um dieser Gesellschaftsschicht beizutreten, muss man entweder erben oder skrupellos sein.«
    Â»Ich glaube nicht, dass ich Skrupel habe.«
    Â»Wirklich nicht?«
    Â»Ich weiß es nicht«, antwortete Gareth etwas vorsichtiger. »In dem Punkt wurde ich bisher noch nie auf die Probe gestellt.«
    Â»Darum geht es nicht«, sagte Montignac mit gesenkter Stimme und schaute nach vorn. »Jeder hat die Wahl, gewisse Dinge zu tun, um die Umstände seines Lebens zu verbessern. Nur die Frage, ob man es tut

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