Das Vermächtnis der Schwerter
zurück.
»Aber man muss ja schon froh sein«, fuhr Kawrin fort, »dass die Xeliten überhaupt aus ihren Löchern gekommen sind, wobei ich nicht genau weiß, ob uns das eigentlich irgendetwas nützt, außer dass wir noch mehr Leute durchfüttern müssen.«
»Na ja«, erwiderte Rai angriffslustig, »dir nützt es schon etwas, oder?«
Der blonde Seewaither runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?«
»Du weißt schon, was ich meine«, fuhr Rai ihn an. »Du kannst dich jetzt ungestört an Selira ranmachen.«
Kawrin musste lachen. »Darf ich jetzt nicht einmal mehr ein Wort mit ihr sprechen, ohne dass du gleich eifersüchtig wirst? Es ist ja nicht so, dass ihr ein Paar seid, oder? Und selbst dann wäre das ziemlich übertrieben.«
Zornig funkelte Rai seinen groß gewachsenen Gefährten an. »Du kannst gerne mit ihr sprechen, aber wenn du mich dabei dumm aussehen lässt, dann wird dir das schlecht bekommen.«
Unbeeindruckt winkte Kawrin ab. »Jetzt mal ganz ruhig. Ich habe mich vorhin eingemischt, weil du sie ziemlich unter Druck gesetzt hast, um sie davon abzubringen, wieder in die Mine zurückzukehren. Dabei hatte sie diese Absicht noch gar nicht geäußert, sondern nur von der Möglichkeit gesprochen. Aber glaubst du nicht auch, dass sie im Moment nicht so recht weiß, was sie tun soll? Wahrscheinlich gibt es einige unter den Xeliten, denen es gar nicht recht wäre, wenn einzelne die Gemeinschaft verlassen, um an der Oberfläche zu leben. Hast du mal daran gedacht, dass sie vor den anderen vielleicht nicht ihre wahren Absichten preisgeben wollte?«
Der Tileter sah ein wenig betreten aus. »Meinst du, dieser neue Anführer würde sie zwingen, im Bergwerk zu bleiben, so wie es der Feuerherold getan hat?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Kawrin, »aber ich kann mir kaum vorstellen, dass dieser Feuerherold der einzige Fanatiker dort unten war. Und wenn mich meine Menschenkenntnis nicht trügt, dann haben wir von diesem Herak nichts Gutes zu erwarten. Aber vielleicht gibt es auch eine ganze Reihe von Xeliten, die eigentlich an die Oberfläche wollen, sich aber deswegen nicht mit dem Rest der Gemeinschaft überwerfen möchten. Es steht zu hoffen, dass Selira zu dieser Gruppe gehört.«
Rai schaute misstrauisch. »Warum hoffst du das?«
Nachsichtig lächelnd schüttelte der Seewaither den Kopf. »Mein lieber Rai, du benimmst dich wie ein liebeskranker Kater. Ich werde dir Selira nicht wegnehmen, aber wenn ich schon so rücksichtsvoll sein soll, dann überleg dir mal, ob du nicht doch ein klein wenig in sie verhebt bist.«
Nachdenklich starrte Rai zu Boden, während er mit seinem Schuh unablässig gegen eine aus dem Boden ragende Wurzel klopfte. »Ich weiß nicht …«, entgegnete er langsam, »… vielleicht. Sie hat schon was Besonderes an sich, aber irgendwie scheinen wir uns nicht wirklich zu verstehen. Immer wenn ich mit ihr rede, dann sage ich irgendetwas, was sie wütend macht.« Er sah seinem Gefährten prüfend in die Augen. »Warst du schon mal verliebt?«
»Eigentlich nicht«, gab Kawrin zurück, »wenn man einmal von der Liebe absieht, die ich für die Göttin Bajula empfinde. Es mag dir seltsam erscheinen, aber ich verspüre eine Verbundenheit zu meiner Göttin, als wäre es die Dame meines Herzens.«
Erstaunt schwieg Rai eine Weile, bis Kawrin ihn plötzlich am Arm packte und auf einen Busch zeigte. Zunächst verstand der Tileter nicht, aber als Kawrin seine Dolche zückte, bemerkte Rai, dass Kawrin im Unterholz ein Tier erspäht hatte und sich nun daran machte, es zu erlegen.
Wenig später kehrten die zwei Gefährten gut gelaunt und voller Tatendrang zum Lagerhaus zurück. Sie hatten mithilfe von Kawrins Wurfdolchen einen etwa schweinegroßen, behäbigen Laufvogel erlegt, der so sehr damit beschäftigt gewesen war, am Boden nach Nahrung zu scharren, dass er die beiden Jäger zu spät bemerkt hatte und sich nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit hatte bringen können. Zur Ergänzung dieses Festmahls trugen sie voll behängte Trauben aus rotgelben daumengroßen Früchten unter den Armen, von denen Kawrin behauptet hatte, dass sie äußerst wohlschmeckend wären. Als sie den Eingang zum Vorratslager erreichten, hörten sie bereits Barats ungewöhnlich angespannt klingende Stimme. Offenbar befand er sich gerade mitten in einer Diskussion mit dem neuen Glaubensführer der Xeliten.
»… müsst Ihr doch verstehen, dass es für uns überlebenswichtig ist, wieder das Erz aus den Minen fördern zu
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