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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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glattem Stein. Mit dem Schließen der Tür war jede Helligkeit aus den Mauern verbannt worden. Das Auge hatte seinen Nutzen verloren. Der Geist konnte sich an keine Formen mehr klammern, sondern blieb allein mit den eigenen Gedanken.
    Warum hatte man ihn hier in diesen Raum gebracht? Was hatte das alles zu bedeuten?
    Willkommen, Sohn des Hador! Die Worte formten sich in Artons Kopf, als hätte er sie selbst gedacht.
    Du erscheinst hier im heiligen Hause des größten der Vier, strömte es weiter durch seinen Verstand, und doch bist du ein Nachkomme des Frevlers Caras, der es wagte, sich gegen die Götter zu stellen. Ist es Kühnheit, die dich treibt, oder doch vielmehr dein lästerlicher Mangel an Götterfurcht?
    »Wer spricht da?«, fragte Arton in die Dunkelheit hinein. »Seid Ihr der Citarim?« Doch als Antwort erhielt er zunächst nur den Widerhall seiner eigenen Stimme.
    Sprechen? Kannst du mich etwa sprechen hören, so wie du eine tumbe Bauernmagd vernimmst, die dich auf dem Marktplatz beschwatzt? Wieder bildeten sich die Worte nur in Artons Verstand. Sind es deine Ohren, die mich verstehen? Sind es deine Füße, die einen Berggipfel erklimmen? Sind es deine Hände, die einen Gegner bezwingen? Ist es deine Stimme beim Gebet, die die Götter erhören?
    »Was soll das alles?« Arton begann, die Geduld zu verlieren. »Warum zeigt Ihr Euch nicht?«
    Ist es das Auge, das die Bedeutung eines Bildes begreift?, fuhr der Unbekannte mit seinen Gedankensätzen fort. Nein, Arton Erenor aus dem Geschlechte Ikarion, das sind alles nur Werkzeuge, nutzlos ohne einen lenkenden Geist. Der Verstand ist es, der alles bedingt. Er bildet unsere Wirklichkeit, ohne ihn sind wir wie das Gewürm, das das Erdreich durchwühlt. Du hast den Verstand eines Fardjani, aber du benimmst dich noch immer wie ein Mensch. Vielleicht ist das deine größte Sünde.
    »Ich bin nicht hierhergekommen, um mich von Euch über meine Fehler belehren zu lassen. Ich weiß, dass ich kein Mensch bin, aber ich kann nichts für meine Abstammung. Wenn Ihr mir nur diese unabänderlichen Dinge vorhalten wollt, dann ist mein Besuch wohl umsonst gewesen.«
    Sag mir, warum du gekommen bist, Sohn des Hador.
    Arton zögerte einen Moment. »Ich wünsche, zu erfahren, welches Schicksal die Götter für mich vorgesehen haben. Wo ist mein Platz in dieser Welt?«
    Er musste lange auf eine Antwort warten, doch dann dröhnten die Worte durch seinen Kopf:
    Aus welchem Grund maßt du dir an, zu glauben, dass die Götter dir überhaupt ein Schicksal zugedacht haben? Vielleicht bist du wie die Fliege, die geboren wird und vergeht, ohne dass es eine Bedeutung hat. Was macht dich so sicher, dass es einen Platz für dich gibt in dieser Welt?
    »Euer Priester Nataol hat von nichts anderem gesprochen, seit wir uns kennen«, antwortete Arton irritiert. »Und es gab tatsächlich einige höchst merkwürdige Begebenheiten in meinem Leben, die mich daran zweifeln lassen, dass alles aus reinem Zufall geschah.«
    Nataol hat mir alles berichtet, was er über dich weiß oder zu wissen glaubt. Seine Schlussfolgerungen sind mir bekannt, aber ich teile seine Meinung nicht. Für mich bist du bisher nur der Nachkomme des Frevlers Caras, der im Grunde nicht würdig ist, im Hause des großen Himmelsauges zu verweilen oder gar die heilige Waffe Themuron zu tragen.
    »Und doch habt Ihr mich nicht fortgeschickt oder versucht, mir das Schwert abzunehmen«, widersprach Arton.
    Weißt du, wo du hier bist?
    »In einem Gewölbe unterhalb des Cittempels von Tilet«, gab Arton nüchtern zurück.
    Wir nennen es den Raum der Einkehr. Hier sollen die Novizen während ihrer Ausbildung zum Priester erfahren, was es bedeutet, ohne das Licht unseres Herrn zu sein. Manchmal wird dieser Ort auch für Bestrafungen genutzt. Auf die Strahlen der Sonne zu verzichten, empfinden die meisten Citdiener als Entbehrung, obwohl niemand dem himmlischen Herrscher direkt in sein feuriges Auge zu blicken vermag. Dies lässt sich hier unten gut veranschaulichen. Wer glaubt, in seinem Leben ohne die Gnade des Herrn auskommen zu können, der fristet sein Dasein wie in einem dunklen Verließ. Wer indes meint, den großen Cit herausfordern zu müssen, indem er irgendwelche Ansprüche erhebt oder sich gar erdreistet, die Macht des höchsten Gottes anzuzweifeln, der wird von der gleißenden Herrlichkeit seines himmlischen Auges mit Blindheit geschlagen, auf dass er fortan orientierungslos durchs Leben irrt.
    »Ich habe keine Ansprüche

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