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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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sich ohne Zweifel sämtliche feindlichen Bogenschützen an der Landestelle zu einem Zielschießen einfinden würden. Deshalb war der königliche Berater wie alle anderen an Bord dazu verdammt, dem über das Meer heransegelnden Tod ins Auge zu blicken.
    Nachdem Abak noch eine Weile mit sich ins Gericht gegangen war, beschloss er, wieder an Deck zu gehen, um sich der Mannschaft zu zeigen. Wenn er schon sonst nichts tun konnte, um die Folgen seiner Entscheidungen für die Besatzung abzumildern, dann wollte er wenigstens versuchen, ihnen durch seine Anwesenheit und demonstrative Zuversicht etwas Mut einzuflößen. Nachdenklich verließ er seine Kajüte und kletterte mit Mühe auf das Achterdeck am hinteren Ende des Schiffes hinauf, wo der Kapitän und sein Steuermann bereits am Ruder standen. Inzwischen waren die gegnerischen Schiffe schon erschreckend nahe gekommen. Sie hatten sich nun über die ganze Breite der Bucht verteilt und eine halbmondförmige, versetzte Doppelreihe gebildet, die ein Durchbrechen einzelner Schiffe der Citheonen vereiteln sollte.
    Kapitän Lessard hatte ihre Flotte dagegen mit der Tamir an der Spitze in Keilformation gebracht, um sich mithilfe der massiven Rammsporne am Bug der Schiffe einen Weg durch den zahlenmäßig überlegenen Gegner zu bahnen. Unglücklicherweise stand der Wind ebenfalls gegen sie, sodass es keinen Sinn machte, die Segel auszurollen. Stattdessen mussten die Schiffe durch die Kraft Dutzender Ruderer vorangetrieben werden. Ein Zug Bogenschützen hatte sich auf beiden Seiten an der Reling hinter mannshohen Turmschilden verschanzt, die auf Dreibeinen ruhten, damit die Schützen ungehindert ihre Pfeile verschießen konnten. Am Bug befand sich das Schiffskatapult, welches wahlweise kopfgroße Steine oder brennende Ballen aus ölgetränktem Stroh und Leinen auf den Gegner schleudern konnte. Allerdings war es nicht ratsam, die feindlichen Segler vor einem Durchbruchversuch in Brand zu setzen, da das Feuer dabei leicht auf das eigene Schiff überspringen konnte.
    Alle Vorbereitungen waren getroffen. Auf der Tamir herrschte angespannte Ruhe. Abak bezog Stellung neben dem Kapitän. Aufmunternd nickte er diesem zu, doch Lessard blickte ihm nur mit versteinerter Miene ins Gesicht.
    »An die Ruder, schnellster Takt!«, rief der Kapitän schließlich, worauf der Bootsmann unter Deck verschwand und gleich darauf auf beiden Flanken des Schiffs jeweils gut ein Dutzend Ruder aus den Luken auftauchte. Ein weiteres kurzes Kommando war zu vernehmen. Die Ruderblätter tauchten alle gleichzeitig ins Wasser ein und trieben die Tamir dann mit einem kräftigen Schub nach vorn.
    Unbewusst krallten sich Abaks knochige Finger in die Reling, während er zusah, wie der Abstand zu den Schiffen Ho’Nebs weiter schmolz. Seltsamerweise begann angesichts der kompakten Formation der königlichen Flotte und der disziplinierten Handlungsweise der Besatzung, die Hoffnung in Abak zu keimen, dass sie diese Auseinandersetzung möglicherweise doch überleben könnten. Anscheinend war selbst sein rationaler Verstand nicht in der Lage, das bevorstehende Lebensende einfach als unabwendbar hinzunehmen. Unter anderen Umständen hätte er über sich selbst den Kopf geschüttelt, aber für eine derart selbstkritische Sichtweise fehlte ihm gerade die Zeit. Denn der Zusammenprall der beiden Flotten rückte unausweichlich näher. Schon ließen sich auf den gegnerischen Schiffen Einzelheiten unterscheiden. Rüstungen blinkten in der Sonne, Menschen schienen sich geschäftig am Bug der Segler zu schaffen zu machen.
    Dann erhoben sich wie ein Schwarm aufgescheuchter Seevögel Geschosse vom Deck der feindlichen Schiffe in die Luft. Regelrecht träge mutete es an, wie sie heranschwirrten und sich in einer weiten Bahn auf ihr Ziel hinabsenkten. Abak hörte noch irgendjemanden »Deckung« brüllen, aber viel zu groß erschien ihm das Bedürfnis, das fatale Geschehen bis zu seinem verheerenden Ende im Auge zu behalten. Er blieb aufrecht stehen. Spritzend trafen die Geschosse die Wasseroberfläche, doch keines der Schiffe Citheons wurde getroffen.
    »Ihr hattet tatsächlich recht, diese Hundesöhne greifen uns an!«, fluchte der Kapitän an Abak gewandt. »Und die kommen verdammt weit mit ihren Geschossen.«
    Abak antwortete nichts, denn das erste Mal in seinem Leben hätte er gerne einmal nicht recht behalten.
    »Ladet die Katapulte!«, rief Lessard zur Geschützmannschaft nach vom. »Zehnpfünder, rund, einfach bestückt! Maximale

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