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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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Hälfte für eine erdrückende Überlegenheit ausgereicht hätte. Dies versetzte ihn nun in die günstige Lage, nicht unbedingt auf die Unterstützung der Flotte angewiesen zu sein, um die Fendländer zu schlagen. Vielleicht würde er den Krieg nun nicht ganz so schnell für sich entscheiden können, an einem Sieg konnte dennoch kein Zweifel bestehen.
    Von der kleinen Erhebung, die der König in Begleitung seiner sechsköpfigen Leibgarde bestiegen hatte, konnte Jorig Techel die vor ihm liegende Landbrücke gut überblicken. Der eigentliche Weg nach Fendland verlief linker Hand, also auf der nördlichen, relativ flachen Seite von Melessens Finger. Allerdings versperrte hier ein von der Schneeschmelze immer noch angeschwollener Strom jedes Weiterkommen. Eigentlich hatten sowohl eine Brücke als auch mehrere Furten eine Überquerung des im Grunde unbedeutenden Flusses ermöglicht, aber die Fendländer hatten die Brücke vorsorglich zerstört und die großen Wassermassen, die nach dem schneereichen Winter dem Meer entgegenflossen, machten auch die Furten in diesem Jahr unpassierbar. Die Mitte des Landstreifens wurde von einem felsig zerklüfteten Berg eingenommen, der zum Teil noch mit einer weißen Schneekappe überzogen war. Man nannte diese schon von Weitem zu erkennende Landmarke bezeichnenderweise den Furchenstein. Zwar erhob sich dieser Berg kaum weiter als fünfhundert Schritt über das nahe Meer, aber für ein großes Heer war dieses unwegsame Gelände im Zentrum von Melessens Finger dennoch kaum gangbar. Auf der rechten, südlichen Seite schob sich die steil abfallende Flanke des Furchensteins bis fast ans Ufer heran, sodass für eine Passage nur der sandige Strand blieb. Dennoch bildete dieser schmale Küstenstreifen im Moment das einzige passierbare Tor nach Fendland.
    Dabei stellten sich König Jorig allerdings zwei Hindernisse in den Weg, die es zu berücksichtigen galt. Zum einen gab es dort eine alte Grenzfeste, die das Ufer noch zu Zeiten Melessens beschirmt hatte. Diese Burg war zwar schon vor einigen Jahrzehnten geschleift worden, aber die Ruinen ließen sich trotzdem noch zu einer provisorischen Befestigungsanlage ausbauen. Hier, so überlegte Jorig, konnten sich die Fendländer recht einfach vor seinen heranrückenden Truppen verschanzen und den Strand unter Beschuss nehmen. Dabei kam unglücklicherweise auch das zweite Problem ins Spiel, das Jorig Techel bei seinem Angriff beachten musste, nämlich dass ihm zum Passieren der Engstelle auf dem Strand nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung stand. Denn wenn sich die Flut näherte und den Sand überspülte, bevor der Widerstand der Fendländer gebrochen war, würde er sich auf schnellstem Wege zurückziehen müssen, sonst riskierte er, den Großteil seiner Armee an die heranrollenden Wellen zu verlieren. Ein gerüsteter Soldat versank im Wasser wie ein Stein, ganz zu schweigen von Geschützen und Katapulten.
    Er warf noch einmal einen Blick auf den nahen Furchenstein. Eine oder zwei Kompanien Leichtgerüsteter sollten diese Steigung mit wenig Mühe meistern können, überlegte er. Sie würden für eine unangenehme Überraschung im Rücken des Feindes sorgen, wenn die Rebellen ihre Verteidigung gegen die vorbeiziehenden Truppen auf dem Strand richteten.
    König Jorig lächelte. Er musste zugeben, dass er es sehr genoss, wieder an der Spitze eines Heeres in die Schlacht zu ziehen. Es hatte etwas Ehrliches, Unverfälschtes, einem Feind mit dem Schwert in der Hand gegenüberzutreten. Auf dem Schlachtfeld gab es keine diplomatischen Wortklaubereien, keine leeren Versprechungen oder zweideutigen Vereinbarungen, wie er sie während seiner langen Regierungszeit schon bis zum Überdruss gehört hatte. Wenn zwei Heere im Kampf aufeinander trafen, dann kam alles ans Licht: Feigheit, Lüge, Verrat, aber auch Mut, Aufrichtigkeit und Treue. In einem Gefecht war alles ganz einfach, entweder man siegte oder unterlag. In jedem Fall wusste man danach, woran man war, Freund und Feind ließen sich klar benennen. Als Beherrscher des größten Reichs der Ostlande empfand Jorig Techel dies als ungemein beruhigend, denn er war die endlose Heuchelei, die seinen Thron umgab wie ein Sumpf, wahrlich leid.
    Er kehrte Melessens Finger den Rücken und schritt, gefolgt von seiner Leibwache, zum Heerlager zurück. Seine Soldaten waren gerade dabei, ihr Frühstück einzunehmen, denn sie sollten gestärkt in den Kampf ziehen. Die Betriebsamkeit der mehr als zehntausend Menschen erweckte

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