Das Vermächtnis der Schwerter
zum Krieger geboren, dazu erzogen oder durch ein widriges Schicksal dazu gemacht. Andere bestreiten ihr Leben, indem sie versuchen, Konflikten aus dem Weg zu gehen, entweder aus Überzeugung oder weil sie es nicht besser wissen. Diese Männer waren ihr ganzes Leben lang Fischer oder Händler oder etwas Ähnliches. Sie sind es gewohnt, sich still zu verhalten und mit harter Arbeit das Nötigste zum Leben zusammenzukratzen. Jetzt verlangt auf einmal jemand von ihnen, dass sie kämpfen sollen für eine Freiheit, die sie gar nicht kennen. Ich kann mir schon vorstellen, dass sie sich lieber ergeben würden, anstatt sich zu wehren, denn sie glauben, wenn Megas die Insel einnimmt, wird alles wieder so weitergehen wie vorher.«
»Dann nehmen sie aber auch in Kauf, dass die Minensklaven wieder zurück ins Bergwerk gebracht werden«, stellte Eringar fest.
»Man kann wohl nicht von jedem erwarten, dass er sein Leben für einen anderen riskiert«, kommentierte Targ trocken. Meatril zuckte nur mit den Schultern.
Der dunkle Klang eines Hornes drang von der Festungsmauer zu ihnen herab in das weitläufige Gebäude. Zunächst konnte keiner von ihnen einordnen, was dieses Signal zu bedeuten hatte. Doch als sie schließlich durch die geöffneten Türen der Markthalle sahen, wie sich immer mehr Menschen am Hafen versammelten, wurde rasch klar, dass wohl ein oder mehrere Schiffe gesichtet worden waren. Ob es sich dabei aber um die feindliche Flotte oder die sehnlichst erwarteten Transportsegler handelte, würde sich erst draußen am Kai entscheiden lassen. Mehr als dreißig Tage war es nun schon her, dass sich die Ecorimkämpfer mit Tabuks Vertrauten in einer kleinen Hafenstadt am nördlichsten Zipfel Citheons getroffen hatten, um ihnen den Bedarf an Ausrüstung für die Verteidigung der Insel Andobras zu übermitteln. Natürlich war es von diesem Treffpunkt noch ein weiter Weg bis Tilet und selbst auf schnellen Pferden hätten Tabuks Leute mindestens drei Tage benötigt, um ihrem Herrn diese Informationen zu bringen. Danach waren noch einmal etwa zehn Tage eingeplant, um das Geforderte zu beschaffen, und weitere zehn, um es schließlich nach Andobras zu transportieren. Ein paar Tage unabwägbarer Verzögerungen mit einkalkuliert, ergab das in Summe etwa fünfundzwanzig Tage, in keinem Fall aber mehr als dreißig. Eine solche Verspätung konnte nur bedeuten, dass es zu massiven Schwierigkeiten gekommen war. Im schlimmsten Fall hatte Megas die Schiffe entdeckt und abgefangen, was Meatril allerdings als unwahrscheinlich ansah, da Kapitän Tabuk den Schmuggel eigentlich narrensicher geplant hatte.
Doch einen Schwachpunkt gab es natürlich, korrigierte sich Meatril in Gedanken, denn Shyrali war an dem Unternehmen beteiligt, Abaks hinterlistige Spionin. Ihre Aufgabe sollte es sein, zu ihrem Auftraggeber Abak Belchaim nach Tar’Tianoch zurückzukehren und von dort die benötigte Ausrüstung für Andobras zu besorgen. Dass man ausgerechnet dort um Unterstützung bitten sollte, hatte Tabuk so begründet, dass die Heimatinsel Jorig Techels der einzige Ort wäre, wo sich solch große Mengen an Kriegsmaterial beschaffen ließen, ohne dass Megas zwangsläufig davon erfahren würde. Und selbst wenn es ihm seine Spione irgendwann zutragen sollten, dann wies nichts auf eine Beteiligung Joshua Tabuks hin. Für Megas würde eine Unterstützung der Insel Andobras durch Jorig Techel vollkommen logisch erscheinen, da der abgesetzte König von Citheon damit seinen Erzfeind an einem weiteren Machtgewinn hindern konnte. Dennoch hatte Kapitän Tabuk überall seine Finger im Spiel, wenn auch äußerst dezent. So hatte er, wie Meatril inzwischen wusste, dafür gesorgt, dass einige von Megas’ Transportschiffen in den Besitz von Techels Flotte gelangt waren. Auf diesen erbeuteten Frachtseglern konnte unter der Flagge Ho’Nebs die geheime Ladung für Andobras sicher durch die Seeblockade bei Tilet geschmuggelt werden.
All das schien gründlich durchdacht und bestens vorbereitet. Dennoch konnte so vieles schief gehen. Schon allein, dass sie sich erneut auf die bereits als Lügnerin überführte Shyrali verlassen mussten, hatte Meatril in den letzten dreißig Nächten wenig Schlaf finden lassen. Doch in Kürze würde es sich entscheiden, ob Tabuks gründliche Planung von Erfolg gekrönt wurde oder ob Megas ihm zuvorgekommen war und bereits mit seiner gesamten Streitmacht Kurs auf die rebellische Mineninsel nahm.
Nachdem sich die vier Ecorimkämpfer durch
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