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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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wanderten Meatrils Gedanken nach Seewaith, den Ort, den er mittlerweile als seine Heimat betrachtete. Was wohl Daia jetzt gerade tat? Ob sie sich ebenfalls fragte, wie es ihrem Verlobten gehen mochte? Oder waren ihre Gedanken vielmehr bei Arden? Arden, mit dem sie ihn betrogen hatte. Arden, der Meatril gegenüber Freundschaft heuchelte, während er ihm hinterrücks die Geliebte stahl. Arden, für den Meatril bereit gewesen wäre, alles zu tun, alles zu opfern – alles außer Daia.
    »Lauert Ihr mir etwa auf?«, riss ihn plötzlich eine helle Stimme aus seinen Gedanken.
    »Was …?«, fragte Meatril, erbost über diese Störung in einem solch unpassenden Moment. Er drehte sich um und erkannte Shyrali, die mit einer Öllaterne hinter ihm stand. Er hatte gar nicht gemerkt, wie sie von der Festung den Weg hinunterkam.
    »Ich hatte schon befürchtet«, erklärte Abaks Spionin mit der ihr eigenen Unbeschwertheit, »Ihr wollt mich hier im Dunkeln für meine Unehrlichkeit zur Rechenschaft ziehen.«
    »Unsinn«, entgegnete Meatril etwas unwirsch und setzte seinen Weg in Richtung Stadt fort, »du hast dein Versprechen gehalten und die benötigte Ausrüstung von deinem Herrn in Tar’Tianoch beschafft. Alle hier sind dir zu Dank verpflichtet.«
    »Warum seid Ihr dann so ungehalten, Meister Westmarken?«, fragte Shyrali in einem sanften Tonfall, während sie Meatril folgte.
    »Ich bin nicht ungehalten«, widersprach der Ecorimkämpfer, »ich habe nur viel zu tun. Da bleibt keine Zeit für müßige Gespräche.«
    Shyrali erwiderte nichts, bis die beiden auf der Höhe der ersten Häuserzeilen von Andobras angekommen waren. »Dabei hätte ich schwören können«, begann sie von Neuem, »dass Ihr mir noch immer verübelt, wie ich Euch in der Goldenen Grotte und in Tilet hintergangen habe. Auch wenn das aus meiner Sicht natürlich notwendig war, wollte ich noch einmal sagen, dass es mir sehr leidtut.«
    Meatril warf ihr einen leicht verächtlichen Blick über die Schulter zu. »Eine Spionin, die sich für ihre Spitzelei entschuldigt – wie glaubhaft ist das?«
    »Ich habe es wirklich nicht gern getan«, beteuerte Shyrali, »denn ich wusste von Anfang an, dass Ihr ein ehrenwerter Mann seid. Ich hätte Euch auch niemals absichtlich geschadet.«
    Meatril blieb stehen und fuhr herum. »Meinst du nicht, dass die Informationen, die du an deinen Herrn weitergeben hast, bei dem Überfall auf unsere Kriegerschule Verwendung fanden? Ich würde das durchaus als Schaden bezeichnen!«
    Shyrali wirkte ehrlich zerknirscht. Ihre hellen blauen Augen glänzten im Schein der Lampe, als sie Meatril schuldbewusst anblickte. »Von dem Überfall wusste ich nichts, ehrlich. Die wichtigsten Einzelheiten über die Schule hat Megas geliefert. Erst als er nach dem Überfall aus Seewaith verschwand, wurde ich dort zu Abaks wichtigstem Spitzel, vor allem was Ardens Pläne betraf. Bitte glaubt mir wenigstens das.«
    »Ich will dir ja auch gar keine Vorwürfe machen.« Meatril winkte ab und ging weiter. »Du hast nur deine Aufgabe erfüllt, das verstehe ich schon. Aber jetzt ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt, um darüber zu reden. Wir haben in Kürze eine Schlacht zu schlagen.«
    »Gibt es nichts, was Ihr noch gerne tun würdet, bevor der Kampf beginnt?« Shyralis Frage hing in der Luft wie der verlockende Duft einer Blüte, unaufdringlich, aber schwer zu ignorieren.
    Meatril ging noch ein paar Schritte, dann drehte er sich um. »Wie meinst du das?«
    Shyrali kam auf ihn zu und drückte ihm die Öllaterne in die Hand. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen, legte ihre Arme um seinen Nacken und küsste ihn sanft auf den Mund. Meatril wirkte ziemlich überrumpelt, ließ es aber geschehen.
    »Das war, was ich schon die ganze Zeit machen wollte, seit wir uns in der Goldenen Grotte unterhalten haben«, sagte sie, nachdem sich ihre Lippen wieder getrennt hatten. »Ich hoffe, Ihr seid … du bist mir deswegen nicht böse.«
    Vollkommen überwältigt starrte Meatril die kleine Spionin an, die ganz selbstverständlich und ohne jede Scham vor ihm stand und auf seine Reaktion wartete. »Ich bin verlobt«, brachte er endlich hervor.
    »Ich weiß«, gab sie unbekümmert zur Antwort, »und ich muss gestehen, dass ich ein bisschen neidisch auf Daia bin. Dennoch ist sie jetzt nicht an deiner Seite und ich glaube auch, dass sie einen Mann wie dich nicht wirklich zu schätzen weiß.« Sie lächelte schelmisch. »Außerdem wollte ich nur einen Kuss von dir, kein

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