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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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kommen, deshalb habe ich ihn, als er gerade erst laufen konnte, mit auf das Schiff genommen, auf dem ich angeheuert hatte. Das ist ein harter Ort für einen Jungen, um groß zu werden, aber Warson hatte immer ein Strahlen auf dem Gesicht und mit seiner Freundlichkeit hat er die ganze Mannschaft, ja sogar den Käpt’n um den Finger gewickelt.«
    Nessalion schwieg, in seinen Erinnerungen gefangen. Wenn er Rais Gewissensqualen ins Unermessliche steigern wollte, dann war Nessalion mit diesen wehmütigen Geschichten über seinen Sohn auf dem richtigen Weg – Rai war jetzt schon am Boden zerstört.
    »Dann kamen diese verfluchten Piraten. Wie aus dem Nichts tauchten ihre Schiffe plötzlich auf: drei, vier, ich weiß es gar nicht mehr. Unser lahmer Handelskahn hatte nicht den Hauch einer Chance gegen sie. Sie enterten unser Schiff, noch ehe wir wussten, was geschah. Die Gefangenen verkauften sie nach Andobras, wo wir in dieses steinerne Dämonenloch gesteckt wurden, mit Ulag als Aufseher. Warson und ich schafften es, zusammenzubleiben. Fast ein Jahr waren wir dort unten, sind beinahe verhungert, wurden verschüttet, von Raffern ausgeraubt, verprügelt, gedemütigt, getreten und mussten arbeiten, bis uns die Finger bluteten. Ich schwöre, ich habe nur wegen meines Sohnes überlebt, nur der Blick in sein ausgemergeltes, dreckverschmiertes, aber immer noch freundliches Gesicht gab mir die Kraft, weiterzumachen. Ein Jahr lang. Und dann kamst du.«
    Rai schnürte es die Kehle zu. Das war zu viel. Er sank auf den Boden und rührte sich nicht mehr.
    »Los, komm weiter«, schimpfte Nessalion, »dein Schicksal erwartet dich.«
    Rai schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht mehr.« Er rang mit den Tränen. »Wenn du weitergehen willst, dann musst du mich tragen.«
    Nessalion schien einen Moment zu überlegen, zuckte dann die Achseln und sagte: »Meinetwegen, machen wir eine Pause. Aber wehe, du versuchst, zu fliehen.«
    Doch Rai hatte sich bereits erschöpft zusammengerollt und dämmerte in das gnädige Vergessen des Schlafes hinüber.

    Arton trat vom Cittempel auf den Burghof hinaus. Die Nacht hatte Einzug gehalten zwischen den kleinen Zeltbehausungen und die meisten Arbeiter begaben sich bereits in ihre provisorischen Lagerstätten, um der feuchtkalten Luft, die vom Meer her über die Stadt kroch, zu entgehen. Der junge Erenor hingegen genoss diese kalte Frische, lockerte sie doch wohltuend das Gedankengespinst, das sich während der langen Unterhaltung mit Nataol in seinem Kopf aufgetürmt hatte. Noch immer war er sich nicht im Klaren, welche Schlüsse er für sich aus den mannigfaltigen neuen Erkenntnissen ziehen sollte. Natürlich war es verlockend, sich selbst als wichtigen Teil der göttlichen Vorsehung zu betrachten, denn damit ließ sich ein Sinn hinter jeder noch so absonderlichen Wendung des Schicksals entdecken. Andererseits sah sich Arton nicht gerne als bloßen Handlanger des göttlichen Willens ohne Einfluss auf das eigene Leben. Aber so, wie Nataol es ausgedrückt hatte, war es scheinbar jedem selbst überlassen, ob er dem Weg der Götter folgen wollte oder nicht. Wie sollte dann jedoch Cits Vorsehung zu ihrem Ziel führen, wenn sich doch jeder seiner Anhänger plötzlich dazu entschließen konnte, nicht mehr den vorgezeichneten Pfaden zu folgen? Für den Krieger waren göttliche Vorsehung und freie Entscheidung ein Widerspruch in sich, denn was würde geschehen, wenn er das schwarze Schwert Themuron einfach einem anderen überließe? Würde dann der göttliche Plan ins Wanken geraten oder war Arton als Person doch nicht so wichtig, wie ihn Nataol glauben machen wollte? Aber im Grunde hatten alle diese weltfremden Gedankenspiele keine Bedeutung. Wer konnte schon sagen, ob es einen göttlichen Plan gab oder nicht, ob er Teil dieses Plans war, ob er frei in seinen Entscheidungen blieb oder doch nur eine Marionette der Götter darstellte? Wichtig war im Moment nur, dass er in Nataol einen Mentor gefunden hatte, der ihn anscheinend wirklich zu verstehen schien, der begriff, wie es in seinem Inneren aussah, wie verloren sich Arton fühlte, und der versuchte, ihm einen neuen Orientierungspunkt zu geben. Ob der junge Erenor dieses Vertrauen in die Götter, das ihm der Citpriester nahe gelegt hatte, nun tatsächlich zu fassen vermochte oder ob er weiterhin in skeptischer Distanz zu den Himmelsfürsten verharren würde, war nicht entscheidend. Allein das Bemühen des Glaubensführers, seine Überzeugung, dass Arton aller

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