Das Vermächtnis der Schwerter
Damit auch die anderen Götter angemessene Verehrung erfuhren, wurde die heilige viergöttliche Kirche geschaffen. Im Schutze dieser gesegneten Institution und geführt von weisen, götterfürchtigen Königen erblühte das Land des Sonnengottes bald und gewann an Größe und Macht.
Aber auch Skardoskoin kam wieder zur Ruhe, als der Drache sich endlich wieder in seine Berge zurückzog. Allerdings fehlte es dem verwüsteten Norden nun an Stärke, um das neu entstandene südliche Reich von Citheon niederzuzwingen. So existierten die beiden Länder lange Zeit Seite an Seite in immerwährender stiller Feindseligkeit.« Nataol klopfte mit der flachen Hand auf das Buch vor ihm. »So weit wurde es im Buch Ralinat zu Ehren des Cit aufgezeichnet. Wie es von da an weiterging, wisst Ihr selbst. Nach dem Wiedererstarken des Reichs begann der Herrscher von Skardoskoin einen Krieg gegen Citheon, den er wohl auch gewonnen hätte, wenn nicht Ecorim Erenor als Heerführer des großen Königs Noran Karwander die Inselherren von Jovena als Verbündete gewonnen hätte. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn auch das Heer der Inseln hätte machtlos vor den Toren Arch Themurs gestanden, wenn Ecorim nicht von den Göttern mit dieser ganz und gar außergewöhnlichen Art der Geistsprache gesegnet worden wäre, die seine Truppen selbst im Angesicht des sicheren Todes nicht wanken ließ. Aber auch Caras’ Nachfahre Hador Badach, der Herr von Arch Themur und König von Skardoskoin, verfügte über diese besondere Gabe der Geistsprache. So stellten sich auch seine Truppen in Todesverachtung den Angreifern entgegen, weshalb es vor Arch Themur zu den erbittertsten Schlachten seit den Drachenkriegen kam.« Nataol schüttelte seufzend den Kopf, dann sprach er weiter: »Die Gegner schienen sich vollkommen ebenbürtig zu sein. Hador Badach beendete dieses Gleichgewicht der Kräfte jedoch schlagartig, als er das Schwert Themuron an sich nahm, das in Arch Themur aufbewahrt worden war. Damit machte er sich ein riesiges Heer von Themuraia Untertan, das nun ebenfalls gegen die vereinigten Truppen von Citheon und Jovena zu Felde zogen. Zudem geriet der tapfere König Noran auch noch in die Gefangenschaft von Hador Badach und wurde von diesem auf grausige Weise hingerichtet. Dadurch schienen die Armeen von Citheon und Jovena dem Untergang geweiht, aber die Götter ließen ihre treuen Anhänger nicht im Stich. Durch eine unerklärliche Fügung, die man wohl getrost als eines der größten Wunder jüngerer Zeit bezeichnen darf, erhielt in der Nacht nach König Norans Tod der neue Befehlshaber Ecorim Erenor das heilige Schwert Fendralin.«
Arton vergaß bei diesen Worten für einen kurzen Augenblick, dass ihn der Priester bisher immer noch über die Identität seines Vaters im Unklaren gelassen hatte. »Aber Ecorims Schwert hieß Cor«, wandte er verwirrt ein, »und das war die Klinge Noran Karwanders. Sie wurde nach dem Tod Ecorims durch meinen Ziehvater Maralon in unserer Kriegerschule verwahrt.«
Langsam, aber entschieden schüttelte Nataol den Kopf. »Das Schwert Cor wurde geschmiedet, als das Reich Citheon gegründet wurde, und stellte die traditionelle Waffe der Könige des Landes dar. Es wurde anhand von überlieferten Beschreibungen der Klinge Fendralin nachempfunden, da der Herrscher Citheons sich vor allem als Herr der dort lebenden Menschen verstand. Daher sollte diese Kopie des göttlichen Schwertes, das zur Führung der Fendi geschaffen worden war, als königliche Insignie diesen Anspruch verdeutlichen. Aber Cor verfügte über keinerlei göttliche Macht. Das Schwert, welches Ecorim nach dem Tod Karwanders trug und mit dem er den letzten Sturm auf die eherne Festung befehligte, muss daher Fendralin gewesen sein.«
Der junge Krieger barg sein Gesicht in den Händen. »Ich kann das nicht begreifen«, murmelte er in seine Handflächen hinein, blickte jedoch sogleich wieder auf. »Warum behauptete Ecorim dann, dass sein Schwert die Klinge Cor von Noran Karwander wäre? Und warum glaubt Ihr, dass das nicht der Wahrheit entspricht?«
Nataol faltete die Hände vor der Brust. »Als Ecorim am Morgen nach Karwanders Tod mit seinem Schwert in der
Hand zum Heer sprach, konnte ich spüren, dass dies nicht die gleiche Waffe war, die König Noran getragen hatte. Die göttliche Macht, die aus dem Schwert zu uns sprach, wirkte überwältigend. Mir war sofort klar, dass es sich um Fendralin handeln musste. Ich habe Ecorim sogar nach der Schlacht befragt,
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