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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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jedoch in eine Ecke und setzte sich.
    »Dann sorge dafür, dass genügend Fässer hergeschafft werden. Zu was bist du mein Schwertträger, wenn du nicht für mein Wohl sorgen kannst?«
    Dimitri winkte dabei, als müsse er einen Hund verscheuchen. Lawrenti verbeugte sich und deutete Anatoli mit einer Kopfbewegung an, ihm nach draußen zu folgen.
    »Es ist wohl das Beste, wenn du die Reise nach Nowgorod unternimmst, denn dann kommst du Dimitri so schnell nicht mehr unter die Augen. Wie konntest du auch nur so dumm sein und Jaroslaw alleine lassen?«, schalt er den Mann draußen, nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand in der Nähe war.
    Anatoli ballte die Fäuste und warf einen zornigen Blick auf den in einer Mischung aus griechischem und russischem Stil errichtetenPalast, der neben den Privaträumen des Fürsten auch den großen Audienzsaal enthielt, welcher unter Dimitri zumeist für Trinkgelage benutzt wurde. »Bei Gott und dem heiligen Wladimir, er behandelt den Jungen schäbiger als einen Sklaven! Dabei ist Jaroslaw von dem Willen beseelt, Dimitri zu gefallen. Er wird ihn noch umbringen.«
    »Wer, Jaroslaw den Fürsten oder dieser ihn?« Lawrenti sprach so leise, dass der andere Mühe hatte, ihn zu verstehen.
    »Jaroslaw würde nicht im Traum an so etwas denken!«, verteidigte Anatoli seinen Schutzbefohlenen.
    »Es wird ein Zeitpunkt kommen, an dem er daran denken muss.« Lawrenti blickte sich bei diesen Worten so nervös um, als fürchte er, der Wind könne seine Worte dem Fürsten zutragen. Dann gab er Anatoli einen Stoß. »Schau, dass du dich auf den Weg machst! Ein paar Werst wirst du heute noch schaffen. Bringe ein paar Fässer von dem Teufelszeug mit, das die Lateiner Aqua vitae nennen, obwohl es das Leben eher aus einem herausbrennt. Versuche vor allen Dingen, ob du jemand findest, der es herstellen kann und bereit ist, mit dir zu kommen. Dimitri Michailowitsch ist durstig, und er hat in Pskow viel zu viel Geld für Dummheiten ausgegeben.«
    Anatoli hob den Kopf. »Meinst du die beiden fremden Frauen, die ich durch das Fenster beobachten konnte?«
    »Nur die Schwarze! Für die hat er fast eine Jahreseinnahme ausgegeben, um sie ein paarmal besteigen zu können. So ein hässliches Ding ist unten herum doch auch nicht anders gebaut als eine Russin. Bei Gott, Dimitri sollte sich mit seiner Gemahlin begnügen, wie es einem wahrhaften Christenmenschen zukommt, und nicht bei jedem Weib den Bullen spielen.«
    So offen hatte Lawrenti den Fürsten noch nie kritisiert, und Anatoli fragte sich, was auf dieser Reise passiert sein mochte. Es musste etwas Schwerwiegendes sein, denn Lawrentis Treue und Ergebenheit waren in Worosansk ebenso sprichwörtlich gewordenwie seine mutigen Ratschläge. Aber da er dieses Rätsel nicht lösen konnte, war er einfach nur froh, dass Dimitris Schwertträger ihn dem Zorn des Fürsten entrissen hatte.
    Er nahm dessen Rechte und drückte seine Lippen darauf. »Ich danke dir, Lawrenti Jurijewitsch.«
    Der alte Edelmann entzog ihm seine Hand mit einem ärgerlichen Brummen. »Was soll das? Ich bin doch kein Metropolit oder gar der Patriarch von Wladimir und Moskau. Jetzt verschwinde endlich!«
    Dies ließ Anatoli sich nicht zweimal sagen. Lawrenti blickte ihm einen Augenblick nach und prallte, als er sich zum Gehen wandte, mit einem jungen Burschen zusammen, der auf die Halle zustürmte. Dieser sah noch ein wenig schlaksig und ungelenk aus und wirkte mit dem Leinenhemd, das er bis zu den Hüften aufgebunden hatte, den dunklen Hosen und den Holzschuhen wie ein Knecht. Doch es war der Bruder des regierenden Fürsten. In der rechten Hand hielt er eine Angel und in der Linken einen hölzernen Eimer, in dem mehrere Fische schwammen. Als er Lawrenti erkannte, wollte er beides wegstellen, doch der alte Waffenträger hob warnend die Hand.
    »Tu das nicht, Jaroslaw Michailowitsch! Nimm dein Fanggerät und deine Fische mit in die Halle und zeige sie deinem Bruder, damit dieser sieht, dass du wirklich angeln gewesen bist.«
    Aus dem noch unfertig wirkenden Gesicht starrten zwei blaue Augen den alten Edelmann ängstlich an und die Schultern des Jungen sanken nach vorne. »Dimitri ist wohl sehr zornig auf mich?«
    »Anatoli hat Schläge bekommen, weil er nicht auf dich Acht gegeben hat. Also wird unser Herr jetzt wohl besserer Laune sein als vorher. Reizen solltest du ihn allerdings nicht. Jetzt komm! Denn wenn du deinen Bruder zu lange warten lässt, wächst sein Zorn auf dich wieder.« Lawrenti

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