Das Vermächtnis der Wanderhure
dafür erhaltet. Wenn Ihr jedoch meinem Rat folgt …« Lauenstein brach ab und betrachtete den anderen lauernd.
Das Gesicht des Magoldsheimers glänzte auf, und er rückte seinem Gastgeber so eng auf den Leib, dass sich ihre Nasen beinahe berührten. »Welchen Rat?«
Seine Miene zeigte, dass er zu allem bereit sein würde, was Lauenstein ihm vorschlug. Herr Rumold nahm es mit einem feinen Lächeln zur Kenntnis. »Ihr werdet gewiss von dem Reichsritter Michel Adler auf Kibitzstein gehört haben.«
»Ein Wirtsbalg, soviel ich gehört habe.« Ritter Kunners Miene drückte die ganze Selbstgefälligkeit eines Mannes aus, dessen Ahnen bereits unter den Staufern auf Rang und Titel hatten pochen können.
»Ein Wirtsbalg, dessen Besitz den Euren an Größe und Ertrag um ein schönes Stück übertrifft. Doch hört mir nun zu.« Lauensteins Stimme wurde schärfer, und er erklärte Ritter Kunner, dass der Kaiser seine Ehre eingesetzt hätte, Michel Adler zu einer edel geborenen Erbin zu verhelfen.
Kunners Miene verdüsterte sich wieder. »Der Kerl ist doch verheiratet!«
»Er ist Witwer. Sein Weib verstarb im Rhein.« Lauenstein hatte Mühe, die Worte über die Lippen zu bringen, so trocken wurde seine Kehle bei dieser Lüge. Rasch füllte er seinen Becher nach und trank, um sich den Mund anzufeuchten.
Dann fuhr er seinen Gast verärgert an. »Wenn Ihr mich noch einmal unterbrecht, könnt Ihr gleich gehen, damit Ihr es wisst! Ich kann mir auch einen gefälligeren Mann suchen.«
Diese Drohung verfing; als Lauenstein weitersprach, hörte der Ritter ihm stumm zu, auch wenn es in seinem Gesicht das eine oder andere Mal heftig arbeitete. »Meint Ihr wirklich, ich könnte das Kehrheimer Lehen doch noch bekommen, wenn ich Schwanhild dafür diesem Wirtsbalg ins Bett lege?«
Lauenstein nickte lächelnd und klopfte Kunner leutselig auf die Schulter. »Dieses Zugeständnis könnte ich dem Kaiser gewiss abringen. Aber ich muss mir sicher sein, dass die Ehe zustande kommt. Sollte Herr Sigismund bei der Angelegenheit sein Gesicht verlieren, möchte ich nicht in Eurer Haut stecken und in der meinen auch nicht.«
Kunner von Magoldsheim dachte an seine Tochter, die ihn, seine zweite Ehefrau und ihre jüngeren Halbgeschwister stets fühlen ließ, dass sie sich als etwas Besseres dünkte, und ihm wurde klar, dass es alles andere als leicht sein würde, sie zu einer solchen Heirat zu bewegen. Doch notfalls mussten Nahrungsentzug und der Stock nachhelfen, sie zum Gehorsam zu zwingen.
Lauenstein schien seinem Gast die Gedanken von der Stirn abzulesen, denn er zupfte ihn spöttisch am Bart. »Sollte die Maid sich allzu sehr sträuben, so erinnert sie an ihre geplatzte Verlobung mit dem jüngeren Öttingen. Der junge Herr war bereit gewesen, um sie zu freien und den Rest der Mitgift ihrer Mutter von seinen Wittelsbacher Nachbarn zu erstreiten. Da gab es aber, wie ich gehört habe, einen schmucken Knappen, der zur falschen Zeit am falschen Ort erwischt wurde!«
Ritter Kunners Gesicht verzerrte sich vor Wut. Zwar hatte die weise Frau, von der Schwanhild hinterher untersucht worden war, dieser eine unversehrte Jungfräulichkeit bescheinigt. Doch der Zwischenfall war für den Grafen von Öttingen Grund genug gewesen, von der geplanten Heirat abzusehen.
»Erinnert sie daran, dass ihre damalige Unbesonnenheit es ihr unmöglich macht, einen besseren Ehemann als den Kibitzsteiner zu bekommen.« Herr Rumold hatte den nächsten Keil gesetzt und sah zufrieden, wie tief dieser ging.
Ritter Kunner nickte versonnen und betrachtete seine massigen Pranken. Er würde seine Tochter gewiss nicht schonen, wenn er über sie an das Kehrheimer Lehen gelangen konnte.
Lauenstein rieb sich innerlich die Hände, denn mit dieser Verbindung vollendete er Huldas und seine Rache. Die überstolze Schwanhild von Magoldsheim würde diesem Wirts-Adler das Leben zur Hölle machen. Während er Ritter Kunner noch einmal einschärfte, die Hochzeit nicht scheitern zu lassen, amüsierte es ihn, dass er selbst ebenfalls Gewinn aus dieser Sache ziehen konnte, denn der Kaiser würde denjenigen, der ihn aus seinemDilemma erlöste, gewiss nicht vergessen. Seinem pfälzischen Lehnsherrn würde er berichten, dass er die Heirat einer entfernten Verwandten nur aus einem Grund in die Wege geleitet hatte: um Sigismunds Gnade dem Hause Wittelsbach zu erhalten.
Zufrieden mit dem, was er erreicht hatte und noch zu erreichen hoffte, schob Lauenstein die düsteren Gedanken, die ihn eben noch
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