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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hätte Lauenstein den Mann umgebracht, aber das wagte er nicht. Auch wenn sich im Allgemeinen niemand um einen verstorbenen Knecht kümmerte, mochte ein weiterer Todesfall auffallen, denn in der Umgebung seiner Tochter hatte es bereits zu viele Tote gegeben. Lauenstein dachte schaudernd an die Magd Trine, die getötet worden war, um für die Leiche der Marie Adlerin gehalten zu werden. Ihre Schwester Mine hatte Selbstmord begangen, und kurz darauf war Marga, die ehemalige Wirtschafterin Maries, tot in ihrem Bett aufgefunden worden. Auch Huldas Vasallen Erwin Tautacher hatte ein allzu plötzlicher Tod dahingerafft.
    Lauenstein war sicher, dass seine Tochter bei den beiden letzten Todesfällen mit Gift nachgeholfen hatte, und spürte bei der Vorstellung eine eisige Hand auf seinem Rücken. Nur mühsam kehrten seine Gedanken in die Gegenwart und zu dem Gast zurück, der eben eintrat. Er holte tief Luft, als müsse er einen Ring um seine Brust sprengen, und ging Ritter Kunner entgegen.
    Dieser begrüßte ihn devot und blickte ihn dabei etwas verwirrt an, denn sein Besitz grenzte weder an die Pfalz noch an andereGebiete, auf die Lauenstein Ansprüche erheben konnte. Von einem solch hohen Herrn wahrgenommen zu werden gefiel ihm gar nicht, zumal die Wittelsbacher ihm seine Hochzeit mit einer der Ihren wohl niemals verzeihen würden und er daher mehr als genug Feinde hatte.
    »Seid mir willkommen, Herr Kunner! Kommt, setzt Euch und trinkt einen Becher Wein mit mir. Man wird uns auch gleich einen kleinen Happen zum Essen bringen.«
    Die Herzlichkeit, mit der Lauenstein ihn empfing, beruhigte den Magoldsheimer fürs Erste, und er nahm den Becher, den sein Gastgeber ihm reichte, dankbar entgegen.
    »Auf Euer Wohl und auf Eure Gesundheit, Herr Rumold!«
    Lauenstein trat neben ihn und legte ihm die Hand um die Schulter. »Sagt, mein Freund, ist der Streit um das Reichslehen Kehrheim zu Euren Gunsten beendet worden?«
    Ritter Kunner schüttelte mit schmerzlicher Miene den Kopf.
    »Leider nein. Neider haben dies zu verhindern gewusst.«
    »Das ist nicht gut für Euch. Wenn Eure Tochter heiratet und ihr Erbe in den Besitz ihres Gemahls übergeht, bleiben Euch und Euren Erben nur Burg Magoldsheim und ein kleiner Flecken Land darum herum.«
    Lauenstein sah, wie sein Gast sich innerlich krümmte. Wohl war Jungfer Schwanhilds Erbe nur ein Bruchteil dessen, auf das ihre Mutter Anspruch gehabt hätte, denn dem einfachen Ritter hatten die Herren von Wittelsbach das meiste davon verwehrt. Aber der Rest war groß genug, Ritter Kunner eine gewisse Bedeutung in seiner näheren Umgebung zu verleihen. Die würde er bald verlieren, denn seine Wittelsbacher Gemahlin war bei Schwanhilds Geburt gestorben, und ihre Mitgift würde bei einer Heirat auf ihre Tochter übergehen. Die später geborenen Kinder des Ritters mit seiner zweiten Frau hatten keinerlei Anrecht darauf.
    Kunner schüttete den Wein in einem Zug hinunter, als wolle er die schlechte Laune hinwegspülen, in die ihn die Erwähnung seinerProbleme versetzte hatte, und schnalzte dann anerkennend.
    »Das ist ein Tropfen, wie ich ihn mir lobe. Einen besseren Wein trinkt gewiss auch der Kaiser nicht.«
    »Als Gast des Kaisers erhalte ich meinen Wein aus Herrn Sigismunds eigenen Kellern«, erklärte Lauenstein mit einem gewissen Stolz. »Doch lasst uns nun zu Euren Schwierigkeiten zurückkehren. Der Kaiser hat Kehrheim also zu einem an das Reich zurückgefallenen Lehen erklärt?«
    Der Ritter nickte verärgert. »So ist es, Herr Rumold. Dabei konnte ich meine Verwandtschaft zu dem letzten Ritter auf Kehrheim bis ins letzte Glied beweisen.«
    »Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, das Verlorene wiederzugewinnen.« Rumold von Lauenstein behandelte seinen Gast wie einen kleinen Hund, dem man ein Stückchen Fleisch vor der Nase baumeln lässt.
    Der Magoldsheimer grub die Finger seiner Rechten in Herrn Rumolds Unterarm. »Glaubt Ihr wirklich, Ihr könntet mir helfen?«
    Ritter Kunners sichtlich erwachende Hoffnung belustigte Lauenstein. »Vielleicht! Es kommt darauf an, was Euch die Sache wert ist.«
    Das Gesicht des Ritters verdüsterte sich jäh, denn wie bei den meisten seiner Standesgenossen bestand sein Besitz aus Land und nicht aus gemünztem Gold. »Wie meint Ihr das?«
    »Nun, Ihr habt eine Tochter, die über kurz oder lang heiraten oder ins Kloster gehen muss. In beiden Fällen verliert Ihr deren Besitz entweder an den Ehemann oder an die frommen Frauen, ohne dass Ihr einen Ausgleich

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