Das Vermächtnis der Wanderhure
rücksichtsvoll vor und überboten sich mit Zoten. Schwanhild hätte nie geglaubt, dass Edelleute sich benehmen könnten wie das Volk auf den Gassen, und sie ekelte sich vor ihnen und auch ein wenig vor dem, was auf sie zukommen mochte. Wenn es in den hohen Familien so zuging, wie die Männer um sie behaupteten, wurden die Frauen in ihnen wie Tiere behandelt.
Als Michel sich vollends entkleidet hatte, schlug sie scheinbar verschämt die Augen nieder und blinzelte durch die Wimpern, um sich nichts entgehen zu lassen. Im ersten Augenblick war sie enttäuscht, denn da war nichts von einer kampfbereit aufgerichteten Lanze zu sehen. Sein Glied hing traurig herab und schien ihr eine unerfüllte Nacht zu versprechen.
»So wirst du wohl keine Ehre einlegen«, spottete einer von Michels Begleitern.
Michel warf den Kopf hoch und biss die Zähne zusammen, denn im ersten Impuls hätte er den Sprecher am liebsten niedergeschlagen.
Da der Bräutigam zur Salzsäule erstarrt zu sein schien, zog einer der Männer das Laken vom Bett und gab Schwanhild den Blicken der Anwesenden preis, während Schwanhilds Vater denBräutigam auf seine Tochter zuschob. Michel wehrte sich nicht, denn er spürte, wie ihm beim Anblick der nackten Frau das Blut in die Lenden schoss.
»Na, wer sagt es denn. Einem Ritter versagt die Lanze nie!« Kunner von Magoldsheim klopfte seinem Schwiegersohn gönnerhaft auf die Schultern und scheuchte seine Begleiter, die zumeist Freunde und entfernte Verwandte von ihm waren, mit den Worten hinaus, es sei besser, die Brautleute nun alleine zu lassen.
Michel folgte ihnen bis zur Tür und schob schnell den Riegel vor.
»Wenn man schon heiraten muss, sollte man wenigstens von derlei Dummheiten verschont bleiben.«
Damit wandte er sich Schwanhild zu, die ihre Beine langsam an den Körper zog und den Blick auf jenen Körperteil freigab, der mit dem Segen der heiligen Kirche nun sein alleiniges Eigentum war. Für einen Augenblick dachte er seufzend daran, dass er mit der Frau, mit der er sich im gottgefälligen Ehewerk vereinigen sollte, noch keine zehn Worte gewechselt hatte. Solche Verbindungen waren in Adelskreisen jedoch üblich, und er durfte froh sein, dass man ihm kein halbes Kind aufgezwungen hatte, sondern eine durchaus verlockend gestaltete Jungfer.
Ausgezogen ließ Schwanhild sich überhaupt nicht mit Marie vergleichen, sie hatte breitere Hüften, schwerere Schenkel und einen jetzt schon ausladenden Busen. Ihr ovales Gesicht wirkte angespannt, und leichte Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Michel hatte noch keiner Jungfrau das Häutchen durchstoßen, aber schon oft vernommen, dass das erste Mal für ein Mädchen sehr unangenehm sei.
Daher fasste er nach ihrer Hand. »Keine Angst, ich werde versuchen, dir nicht wehzutun.«
Er stieg so vorsichtig auf das Bett, als wäre Schwanhild aus Glas, und schob sich auf sie. Mit Marie hatte er vor der eigentlichen Vereinigung noch gekost und spielerisch ihren Körper erkundet, doch dazu fehlte ihm das wunderbare Verständnis, das er mit seinerersten Frau geteilt hatte. Außerdem war er zu betrunken, um sein Verlangen steuern zu können. So kam es, dass er für einen Mann mit seiner Erfahrung recht ungeschickt vorging, denn es gelang ihm nicht auf Anhieb, Schwanhilds Pforte zu finden. Dann aber drang er leichter in sie ein, als er es erwartet hatte, und für einen Augenblick fragte er sich, ob seine Braut tatsächlich noch Jungfrau war. Wichtig war ihm diese Frage jedoch nicht, denn Marie war keine mehr gewesen, und doch hatte er lange Jahre glücklich und zufrieden mit ihr zusammengelebt.
Der Gedanke an seine tote Frau trieb ihm die Tränen in die Augen, und es war ihm, als betrüge er sie. Mühsam erinnerte er sich daran, dass die meisten Ritter und hohen Adeligen sich zu ihren Ehefrauen noch Beischläferinnen hielten, mit denen sie ungeniert verkehrten. Zudem war Schwanhild sein ihm angetrautes Weib, also tat er nichts Unrechtes, sondern verhielt sich so, wie die Kirche und auch der Kaiser es von ihm erwarteten. Dennoch musste er sich zwingen weiterzumachen.
Schwanhild schossen ganz andere Gedanken durch den Kopf, denn all ihre Neugier hatte sie nicht darauf vorbereitet, das Gewicht eines Mannes auf ihrem eigenen Körper zu spüren. Ihr Verstand spottete, dass sie tatsächlich nur eine Stute war, die die Begattung über sich ergehen lassen musste, und beinahe hätte sie bei dem Schmerz, den er beim Eindringen verursachte, protestierend aufgeschrien und sich
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