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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Sie packte das Mädchen und schleifte es auf Michel zu.
    »Es geht um dieses bösartige Weibsstück!«, erklärte sie mit scharfer Stimme. »Schon seit Wochen verfolgt diese Magd Eure Gemahlin mit übler Nachrede und lügt dabei das Blaue vom Himmel herab.«
    »Das stimmt nicht! Ich habe es selbst gesehen. Schwanhild war nackt und der Junker bei ihr.« Marieles Wut war so groß, dass sie ihre Beobachtung aufbauschte.
    »Das ist nicht wahr!«, rief Junker Ingold in höchster Not.
    Mariele musterte ihn verächtlich. »Ich habe doch gesehen, wie du der Herrin die nackte Brust abgeleckt hast!«
    Diese Beschuldigung konnte Michel nicht im Raum stehen lassen. Sein Blick suchte Schwanhild, die oben auf dem Söller den Kopf schüttelte, und dann den Junker. Dieser war so bleich wie ein Leintuch und seine Lippen bebten. Michel konnte nicht erkennen, ob ihn die Empörung über eine bösartige Lüge erregte oder uneingestandene Schuld.
    Daher wandte Michel sich an Mariele. »Bist du dir auch darüber im Klaren, was du meiner Gemahlin vorwirfst?«
    Das Mädchen nickte. »Ja, das weiß ich, und ich will nicht, dass Trudi von einem Bastard verdrängt wird.«
    Michel blickte in die Runde und sah betroffene Gesichter, doch niemand wagte es, ein Wort für oder gegen das Mädchen zu äußeren. Eine Glutwelle aus Zorn stieg in ihm hoch, dennoch erschien es ihm, als stünde er wie ein Unbeteiligter neben dem Geschehen. Doch es war nicht die Ehefrau eines Fremden, die hier der Untreue bezichtigt wurde, sondern seine eigene.
    Er liebte Schwanhild nicht und hatte ihr in einigen Dingen nur deshalb nachgegeben, um endlich seine Ruhe zu haben. Dennoch kränkte ihn der bloße Verdacht, sie könnte ein Verhältnis mit seinem Kastellan unterhalten. Während er die Gesichter um ihnherum prüfte, welche ihm wahrhaftig und welche ihm schuldbewusst erschienen, machte er sich klar, dass es zwar Verdachtsmomente gegen Schwanhild gab, aber keinen Beweis ihrer Schuld.
    Er atmete tief durch und zeigte dann auf den Palas. »Wir werden drinnen weiterreden. Ihr hier kommt mit, und du«, eine befehlende Geste galt seiner Frau, »wirst dich jetzt ebenfalls in die Halle begeben.«
    Der Junker sah das Elend, das sich für einen Augenblick auf Schwanhilds Antlitz ausbreitete, und überlegte verzweifelt, was er tun konnte, um sie von dem Verdacht zu reinigen. Im nächsten Augenblick kniete er vor Michel nieder, zog sein Schwert und hielt es wie ein Kreuz hoch. »Herr, ich schwöre Euch bei meiner Ritterehre, dass ich mich Eurer Gemahlin nicht unziemlich genähert habe! Auch hat sie dies niemals von mir verlangt.«
    Auf dem Burghof wurde es totenstill. Nur Michels Pferd, das endlich zu einer gefüllten Krippe geführt werden wollte, stampfte ungeduldig mit den Hufen. Michel trat einen Schritt zurück und musterte den Junker eindringlich. »Seid Ihr bereit zu schwören, dass Mariele gelogen hat?«
    Ein Hauch Misstrauen schwang in seinen Worten und brachte Ingold von Dieboldsheim dazu, auch die letzten Bedenken von sich zu schieben. »Ich schwöre es bei meiner Ehre und meinem Leben!«
    Noch während er es sagte, entstand in seinen Gedanken das Bild, wie Schwanhild auf seine Bitte hin die rechte Brust entblößt und er diese geküsst hatte. Mariele mochte diese Szene gesehen und schamlos ausgeschmückt haben, aber wer hier log, war er. Und er machte nun alles noch schlimmer, denn er war dabei, einen Meineid zu schwören. Doch wenn er Schwanhilds Ehre schützen wollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als seine eigene zu beschmutzen.
    »Werdet Ihr mir in die Burgkapelle folgen und diesen Schwur im Angesicht des Kreuzes und unseres Erlösers Jesus Christus ablegen?«
    »Ich bin bereit!« Ingold stand bleich und zitternd auf, wagte aber nicht, Mariele anzusehen.
    Das Mädchen war fassungslos. »Er lügt!«, rief sie, als sie ihre erste Erstarrung abgeschüttelt hatte. Mehr konnte sie nicht sagen, denn Germa gab ihr eine Ohrfeige, die sie zu Boden warf.
    »Halt endlich dein Schandmaul! Ein edler Jüngling hat einen heiligen Eid geschworen. Wer will dir Metze da noch glauben?« Sie wollte erneut zuschlagen, doch Michel packte sie am Arm.
    »Ich bin der Lehensträger und damit auch Gerichtsherr auf dieser Burg. Es ist meine Aufgabe, Recht zu sprechen und diejenigen zu bestrafen, die sich vergangen haben.«
    »Tut dies, Herr!«, antwortete Germa liebedienerisch. »Die Schuld dieser Magd ist durch den Schwur des hochedlen Junkers an den Tag gekommen. Sie ist eine üble

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