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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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das Urteil über dich selbst sprechen. Ein Gefolgsmann, der die Waffe gegen seinen Herrn erhebt, verfällt der Reichsacht und ist friedlos bis ans Ende seiner Tage. Du wärst an keinem Ort mehr sicher und jeder Mann könnte dich unbeschadet erschlagen.«
    »Außerdem würden dann die Stimmen derer, die Euch bezichtigen, Unerlaubtes mit meiner Herrin getrieben zu haben, wie ein Donnerschlag über das Land hallen und Frau Schwanhild mit in den Abgrund reißen.« Frieda wies in den Hof, in dem Mariele immer noch voller Eifer auf Anni und die anderen einsprach, und blickte Ingold auffordernd an.
    »Wird dieses Schandmaul dort zum Schweigen gebracht, wagt es gewiss niemand mehr, schlecht über meine Herrin zu reden.«
    Der Junker fuhr wütend auf. »Wie soll ich sie zum Schweigen bringen, wenn ich sie nicht erschlagen darf?«
    »Lass dir etwas einfallen! Immerhin bin ich durch deine Schuld in Verruf geraten«, drängte Schwanhild ihn und vergaß dabei ganz, wer Ingold dazu verführt hatte, ihr allzu vertraulich entgegenzutreten. Jetzt sah sie im Geiste nur die Klostermauern, hinter die Michel sie verbannen würde, wenn auch nur ein Hauch von Zweifel an der ehelichen Abkunft des Ungeborenen bestand. Dort würde sie auf Knien rutschen und sich kasteien müssen, ohne noch einmal die Süße eines Kusses und die Leidenschaft erleben zu dürfen, die sie in den Augenblicken der Paarung mit Michel erlebt hatte.
    Ingold fühlte sich wie vom Blitz getroffen. Er verehrte Michel nicht, achtete ihn aber als kühnen Krieger und angenehmen Lehnsherrn. Nie hatte er die Absicht gehabt, ihm zu schadenoder ihm Schande zu bereiten, und er hatte gegen die Träume angekämpft, in denen er mit Schwanhild mehr geteilt hatte als nur den flüchtigen Augenblick eines Kusses oder den kurzen Anblick ihrer entblößten Brust, den sie ihm nach vielen Bitten gewährt hatte. Doch auch wenn nichts Böses zwischen ihm und der Herrin geschehen war, würden die kurzen Augenblicke, in denen sie verstohlene Zärtlichkeiten getauscht hatten, den Sumpf der Lügen, in den Mariele ihn und die Herrin zu ziehen versuchte, nur noch glaubhafter erscheinen lassen. Er fühlte Schwanhilds Verzweiflung beinahe wie einen eigenen Schmerz und schwor sich, dass nichts auf der Welt ihre Ehre beflecken durfte. Mit diesem Entschluss verbeugte er sich vor ihr und verließ mit entschlossener Miene den Palas.

III.
     
    Z u Marieles Ärger begannen ihre Zuhörer sich zu zerstreuen. Eva erklärte, sie würde Zdenka auf ihrem Hof besuchen und wohl nicht vor dem Abend zurückkehren. Theres schloss sich ihr an, während Anni sich an die Arbeiten erinnerte, die Herma, die neue Wirtschafterin auf Kibitzstein, ihr aufgetragen hatte. Die beiden Geschwister blieben allein zurück.
    Michi legte seine Hände auf Marieles Schulter. »Ich sage es ungern, aber wenn du nicht endlich lernst, den Mund zu halten, muss ich Herrn Michel raten, dich nach Hause zu schicken.«
    »Schlimmer als hier kann es dort auch nicht sein. Auf Kibitzstein bin ich nur noch eine billige Magd, die zufrieden sein muss, wenn sie einen Fetzen als Kleidung und ein Stück harten Brotes zum Essen bekommt.«
    Mariele weinte vor Wut, denn als Marie sie damals mitgenommen hatte, hatte sie erwartet, als deren Ziehtochter zu gelten. Nun herrschten Schwanhild und Germa über sie und zwangensie zu niederen Magddiensten. Trudis Betreuung hatte man ihr als Erstes weggenommen und einem der einheimischen Weiber übertragen, einer groben Alten, die vor der neuen Herrin buckelte und alles nach deren Willen tat.
    Da Michi nicht reagierte, stampfte sie mit dem Fuß auf. »Zu Hause gelte ich wenigstens als die Tochter angesehener Freibauern. Hier aber schikaniert mich diese ehebrecherische Metze in einer Weise, die kaum zu ertragen ist.«
    In dem Moment, in dem Mariele die Worte ausstieß, wurde sie gepackt und herumgewirbelt. Dann erhielt sie eine heftige Ohrfeige. Mit tränenden Augen blickte sie auf und sah in Junker Ingolds wutverzerrtes Gesicht.
    »Du wirst die Herrin auf der Stelle für deine Lügen um Verzeihung bitten und die Strafe auf dich nehmen, die sie über dich verhängt!«, herrschte Ingold das Mädchen an.
    Mariele tastete mit der freien Hand nach ihrer Wange, die wie Feuer brannte, und fauchte wie eine gereizte Katze. »Das könnte Euch so passen! Ich werde die Wahrheit nicht verschweigen. Herr Michel muss erfahren, was für eine Frau er geheiratet hat und wie sie ihn mit seinem eigenen Gefolgsmann betrügt.«
    Im selben

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