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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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und Gemahlin eines Ritters zukam, und Marie verlangte es auch nicht von ihr.
    Nun lachte sie leise auf. »Du tust ja gerade so, als hättest du bereits ein Dutzend Kinder geboren!«
    Anni war knapp fünfzehn und immer noch ein recht schmales Ding. Dennoch hatte sie schon Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht gesammelt, wenn auch recht unfreiwillige.
    »Das habe ich nicht, aber ich weiß, dass es nicht gut für dich ist, so lange zu grübeln. Wir hätten Trudi mitnehmen sollen. Sie hätte dir deine Grillen längst schon ausgetrieben.«
    Für einen Augenblick fühlte Marie, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Sie vermisste ihre kleine Tochter, mit der sie durchhalb Böhmen gezogen war, doch da Michel so lange auf sein Kind hatte verzichten müssen, war Trudi bei ihm geblieben. Mit einem leicht gequälten Gesichtsausdruck sah sie Anni an. »Mach dir nicht so viele Sorgen um mich. Die meisten schwangeren Frauen haben ihre Launen. In spätestens einer Stunde lache ich wieder mit dir um die Wette.«
    »Das will ich hoffen!« So ganz nahm die junge Tschechin ihrer Herrin den bevorstehenden Stimmungswechsel nicht ab, denn Marie wirkte so bedrückt, als wäre ihr etwas Böses begegnet. Dabei hatte sie gehofft, ihre Freundin würde sich beim Anblick der Gefilde freuen, in denen sie lange gelebt hatte. Doch je näher sie Rheinsobern kamen, umso schwermütiger wurde Marie.
    Als Anni mit dem leeren Becher ihrer Herrin nach hinten ging, um ihn neu zu füllen, sagte sie zu Michi: »Ich hoffe, deiner Mutter gelingt es, Frau Marie aufzuheitern. So gefällt sie mir gar nicht.«
    Michi nickte, ohne richtig hinzuhören. Der Stimmbruch lag hinter ihm, und er spürte plötzlich Sehnsüchte, die ihm vor einem Jahr noch völlig fremd gewesen waren. In seinen Träumen stellte er sich vor, wie er Anni das züchtige graue Gewand einer Leibmagd auszog und mit der Nackten Dinge trieb, die er nicht einmal in der Beichte zu erwähnen wagte.
    »Mama wusste mit Frau Maries Launen immer umzugehen. Und denke ja nicht, dass sie früher keine gehabt hätte. Die Herrin kann sturer sein als ein Ochse, und wenn sie ein Ziel ins Auge gefasst hat, gibt sie nicht eher auf, bis sie es erreicht hat. An deiner Stelle würde ich mir keine Gedanken machen.«
    »Ich mache mir Sorgen!«, betonte Anni und schnaubte enttäuscht, weil Michi sie nicht ernst nahm.
    Als sie weitergehen wollte, streckte er die Hand aus und berührte sie am Hintern. Im gleichen Augenblick schnellte das Mädchen herum und versetzte ihm eine Ohrfeige, die noch am gegenüberliegenden Ufer zu hören gewesen sein musste. Michi verlor dasGleichgewicht, setzte sich auf den Hosenboden und starrte verdattert zu Anni hoch, die mit zornblitzenden Augen über ihm stand.
    »Mach das nicht noch einmal!«, warnte sie ihn.
    »Jetzt tu nicht so, als wärst du eine unbefleckte Jungfrau. Ich weiß, dass du bereits unter Männern gelegen bist.« Michi traten vor Beschämung und Wut die Tränen in die Augen. Einen Herzschlag später mischten sich die des Schmerzes hinzu, denn das Mädchen hatte erneut zugeschlagen, und diese Ohrfeige hinterließ Spuren auf seiner Wange.
    »Ich habe mich nicht freiwillig unter diese Kerle gelegt, und einen wie dich werde ich gewiss nicht an mich heranlassen. Wenn du es noch einmal versuchst, sage ich es Frau Marie.«
    Jetzt zog Michi den Kopf zwischen die Schultern, denn in diesen Dingen verstand Marie keinen Spaß. Da sie selbst das Opfer einer Vergewaltigung geworden war, hasste sie Männer über alles, die Frauen zwangen, ihnen gefällig zu sein. Dabei hatte er Anni keine Gewalt antun, sondern sie nur necken wollen. Wobei er natürlich ein wenig darauf gehofft hatte, sie würde irgendwann einmal in der Nacht zu ihm kommen, damit er sich bei ihr als Mann beweisen konnte.
    »Musst du deshalb so toll zuschlagen? Ich wollte doch gar nichts von dir.« Er stand auf, wandte dem Mädchen den Rücken zu und gesellte sich zu den Schiffern. Drei der Männer kümmerten sich um die Zugleine und unterstützten die Fahrt, indem sie den Rumpf mit langen Stangen von Untiefen fernhielten, während der vierte am Ruder stand und das Boot so am Treidelpfad entlangsteuerte, dass die Pferde es gut in Fahrt halten konnten. Die vier hatten den kleinen Zwischenfall mit angehört und rieten Michi nun lachend, sich nichts daraus zu machen.
    Einer klopfte ihm zum Trost auf die Schulter. »Weißt du, mein Junge, in der Nacht sind alle Katzen grau. Da ist es egal, ob das Weib, auf dem du liegst,

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