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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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ließ
sich nicht beirren.
    „Seid nicht ungeduldig, Herr.
Natürlich lehnte er es ab. Wer derart begnadet ist, braucht kein Weihwasser, um
seinen Geist zu reinigen. Gesagt hat er aber“, damit nahm er einen neuen,
durchweichten Zweig aus dem Wasserzuber, zwang den Beginn zwischen zwei
Flechtringe und bog ihn wieder um das Korbgerippe, „er brauche das Weihwasser
nicht, bis alle seine Sinne abgestorben seien.“
    „Er verspottete das heilige
Mysterium des geweihten Wassers!“ Enrico atmete tief durch.
    „Einem Caravaggio angemessen!“
    „Zu anderen Zeiten hätte dieser
Spott die Menschen auf den Scheiterhaufen gebracht. In all den Querelen, die
entstanden, hat Michele seine Bilder fertiggestellt?“
    „Soweit es seine Gesundheit zuließ.
Das letzte aber, die Auferstehung des Lazarus, blieb unvollendet. Zu früh musste
er die Stadt verlassen. Ein Pater schnürte ihm ein Paket voller Stolpersteine,
von dem er beinahe mit in die Tiefe gerissen worden wäre.“
    Neugierig legte Enrico den Kopf
beiseite und hörte sich die Geschichte von der Denunziation durch Pater
Leonardus an. Wut stieg in ihm auf.
    „Wohin ist er geflohen? Wohin,
Mann? Wisst Ihr das auch noch?“
    „Alle wissen es, schließlich hat
ihn ein Bauer zum Schiff geleitet. Einer von uns, Herr. Aber nicht nur Ihr
fragt uns danach, Herr.“
    „Ich bin kein Herr, ich sagte es
schon. Wohin?“
    Von unten traf Enrico der Blick des
Korbflechters, nachdem er vor Erregung aufgesprungen war und vor dem Mann hin
und her lief.
    „Wisst Ihr, wem sollen wir glauben?
Jeder erzählt uns eine andere Geschichte. Der Pater, ich glaube, er nennt sich
Leonardus, erzählt uns, er suche im Auftrag des Papstes nach Caravaggio.“
    „Im Auftrag des Papstes? Nicht im
Auftrag Kardinal Borgheses?“
    „Für uns ist der Heilige Vater das
Haupt der Christenheit, aber wir sind seine Zehen. Es ist ein weiter Weg von
den Zehen bis zum Kopf, findet Ihr nicht? Trotzdem kennen wir den Unterschied
zwischen Kardinal und Papst. Nein, im Auftrag Pauls V.“
    Also doch, dachte sich Enrico.
Wieder einmal hatte seine Spürnase richtig geraten. Pater Leonardus stand auch
im Dienste des Papstes, und das konnte nur bedeuten, dass er versuchte, Michele
Steine in den Weg zu legen, um zu verhindern, dass er nach Rom zurückkehrte.
    „Der Johanniter? Was erzählte der
Euch?“
    „Dass Caravaggio aus einem Kerker
in Malta geflohen sei. Aber wir halten das für eine Lüge. Schließlich kennt
jeder die Methoden der Johanniter. Niemand glaubt daran, dass von der Insel
Malta auch nur eine Ratte fliehen könnte, ohne dass sie sofort entdeckt und
zurückgebracht würde. Selbst einem Teufelskerl wie Caravaggio, der in einer
Nacht allein ein ganzes Fass Wein aussaufen kann, würde es nicht gelingen.“
    Enrico nickte, um die etwas
abstrusen Überlegungen des Korbflechters zu bestätigen. Dennoch hatte er nur
zur Hälfte recht. Natürlich war Michele geflohen, aber nicht allein und nicht
ohne die Hilfe des Ordens. Er glaubte zu wissen warum. Um nämlich vogelfrei zu
sein. Jetzt konnte er gejagt werden – und das von den schärfsten Bluthunden des
Heiligen Römischen Reiches und des Kirchenstaates.
    „Warum erzählt Ihr mir das alles?
Warum habt Ihr gerade zu mir Vertrauen?“
    Der Korbflechter zuckte mit den
Schultern.
    „Weil Ihr anders seid – außerdem
sah es eben so aus, als wolle der Johanniter Euch ans Leder.“
    „Nun, dann will ich meinen Vorteil
einlösen. Wohin ist Caravaggio geflohen? Ich muss ihn finden, bevor er den beiden
anderen über den Weg läuft!“
    In aller Ruhe verbarg der
Korbflechter wieder das Ende einer Rute zwischen den beiden vorhergegangenen
Reihen und schnitt den Überstand ab. Dann begutachtete er sein Werk. Jetzt
fehlte nur noch der Rand, der die Korbwand verstärkte. Wie die
unterschiedlichen Stränge, in die Micheles Leben zerstückelt war und die er
mühsam wieder miteinander verflocht.
    „Ihr stellt die falsche Frage,
Fremder. Mit keinem Wort habe ich gesagt, dass Caravaggio geflohen ist. Man müsste
eher fragen, wohin haben sie ihn getrieben?“
    Von unten blinzelte ihn der Korbflechter
an und grinste dabei, wobei er eine ganze Reihe lückenhafter, aber gesunder
Zähne zeigte.
    „Getrieben? Ich verstehe Euch
nicht, Mann.“
    „Signore, habt Ihr schon einmal von
der Mattanza gehört? Dem Thunfischfang?“
    Enrico schüttelte den Kopf und
lehnte sich gegen den Eingang der Werkstatt. Was hatten Caravaggio und der
Thunfischfang gemeinsam?
    „Der Thunfisch

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