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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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eintreffen und
Caravaggio die Rückkehr nach Rom ermöglichen.“
    „So wascht Ihr euch die Hände in
Unschuld, und Caravaggio wird seines Lebenswandels und seiner Rauflust wegen
verurteilt. Die Nachricht, dass er in Sant’ Angelo inhaftiert ist, wird Euch
vermutlich zu spät erreichen, als dass er den Kerker noch lebend verlassen
kann.“
    Jetzt grinste der Papst übers ganze
Gesicht, der in seinen Messen die Miene tiefster Frömmigkeit vor sich hertrug.
Die Wülste der Backen schoben sich über den Unterkiefer.
    Endlich verstand Scipione Borghese,
warum das Gespräch im Pinienhof stattgefunden hatte. Er und Kardinal Gonzaga
sollten damit beruhigt werden.
    „Schach matt. Heißt es nicht so,
Eure Heiligkeit? Ich habe keinen Zug mehr, der mich aus der Enge holen könnte.“
    „Schach matt, lieber Neffe! Ihr
dürft Euch entfernen.“
    Mit schleppenden Schritten ging
Scipione Borghese zur Tür, nachdem er den Ring des Papstes geküsst hatte.
Neidlos musste er anerkennen, dass sein Oheim ihm die Möglichkeit genommen
hatte, ausgleichend einzugreifen. Die Tugend der Borghese, ein Ziel nachhaltig
und skrupellos zu verfolgen, hatte zum Erfolg geführt. Rom verlor einen
genialen Künstler, wenn ihm nichts mehr einfiel.
26.
    Die Tür stand halb offen. Für einen
Moment blieb Enrico stehen, unschlüssig, ob er weitergehen sollte. Dann drückte
er die Tür ganz nach innen auf, und sein Blick fiel sofort auf Micheles
Schlafstätte, eine alte Leinwand, die über einem Brett am Boden ausgebreitet
lag. Sie war leer. Auch Nerina sah er nirgends. Langsam betrat er den Raum,
spähte nach links und rechts. Vor ihm füllte ein Gemälde die Wand, das, so
unfertig, wenig an Michele erinnerte, sodass er vermutete, ein Großteil davon
stamme von Nerina. Sie hatte hier mehr gemalt als nur Hintergrund und
Gebäudeteile.
    Hinter ihm schwang die Tür wieder
zurück, und Enrico trat weiter in den Raum hinein, ganz von dem Spruchband auf
dem Bild eingenommen, das von einem Engel gehalten wurde, der auf eine
Anbetungsgruppe herabstürzte, als käme er zu spät. Kind und Hirten ignorierten
den Gottesboten, hatten den Kopf abgewendet und sahen auf das Kind am Boden,
während der stürzende Engel beinahe verzweifelt mit dem Finger hinauf in den
Himmel zeigte. Beim Nähertreten las Enrico, was in dieser Form wie ein Hohn
klang: „Gloria in excelsis Deo“, Ehre sei Gott in der Höhe.
    Die Erkenntnis fuhr ihm als Schreck
in die Glieder. Kam er ebenso zu spät wie dieser Engel? Zwar hatte er versucht,
so schnell wie möglich von Messina nach Palermo zu gelangen, aber die überall
lauernde Gefahr, den Johannitern in die Hände zu fallen, hatte seine Reise
unnötig verlangsamt. Sie hatten über Fra Domenico Wind davon bekommen, dass
auch er nach dem Maler suchte, und stellten ihm nach. Lange hatte er nach einem
Boot suchen müssen, das ihn bis kurz vor Palermo gebracht, lange nach einem
Karren fragen müssen, der ihn in die Stadt mitgenommen hatte. Beinahe sofort,
nachdem er das Tor Palermos durchschritten hatte, hatte er sich mit
Kardinalerzbischof Giannettino Doria in Verbindung gesetzt. Die Briefe seines Herrn,
Kardinal Gonzaga, hatten ihm Tür und Tor geöffnet, und er hatte erfahren, wo
Michele wohnte und dass er einen weiteren Auftrag erhalten hatte, den er wegen
seiner schlechten Gesundheit nur schleppend verwirklichen konnte. Ganz im
Gegensatz zu seiner sonstigen Arbeitsweise. Außerdem betreibe Caravaggio, so
der Kardinalerzbischof, seine Abreise. Ein Schiff habe sich gefunden, das ihn
nach Neapel und weiter nach Rom mitnehme. Es habe möglicherweise bereits
abgelegt, jedenfalls liege es im Moment nicht mehr im Hafen.
    Jetzt sah Enrico den Beweis für
diese Vermutung vor sich. Das Atelier wirkte verlassen und unbewohnt, wie nach
einem überstürzten Aufbruch. Möglicherweise hatten die Johanniter von seiner
Ankunft gewusst und Michele und Nerina dazu gedrängt, schnellstens aufzubrechen
– in ihr Verderben. Seine Schritte hallten in dem verlassenen Atelier wider. Enttäuscht
und etwas erschöpft setzte er sich auf den Malerstuhl, der umgeworfen vor dem
Bild lag und den er sich aufstellte. Warum stand das Bild noch an seinem Platz?
Offenbar hatte Michele keine Zeit mehr gefunden, es zu übergeben. Wenn es die
Mönche des Oratoriums des Heiligen Laurentius nicht von hier abholten, würde er
sich seiner erbarmen und es Kardinal Gonzaga mitbringen.
    Das Gemälde wirkte düster und
drückend in seiner Dunkelheit. Vielleicht hatte Michele

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