Das Vermaechtnis des Caravaggio
entgegen, schwarz,
riesig, mit im Mondlicht glänzendem Fell.
„Nero!“, rief Nerina, erfreut und
überrascht. Im selben Augenblick durchfuhr sie ein Schreck, der sie lähmte.
„Nero! Bist du allein?“
Auch Enrico und Michele blieben
stehen, aber ganz im Gegensatz zu ihr, die sich zu Nero hinab beugte und ihn
streichelte, was er mit freudig schlagendem Schwanz zuließ, beobachteten beide
aufmerksam die Umgebung.
„Wo ist dein Herrchen, Nero?“
Langsam erhob sie sich, Nero am
Nackenfell gepackt, damit er ihr nicht davonlief. Michele, der seine
Angewohnheit, nicht ohne Degen aus dem Haus zu gehen, wieder angenommen hatte,
und Enrico, der ebenfalls bewaffnet war, zogen ihre Waffen. Neapel zählte nicht
nur zu den schönsten Städten der Welt, sondern auch zu den gefährlichsten.
Überfälle waren an der Tagesordnung, zumal die Mitternacht längst ihren Zenit
überschritten hatte. Wer sich jetzt auf den Straßen aufhielt, war entweder
betrunken oder ein Dieb. Tatsächlich schälten sich aus dem Dunkel der
Mondschatten vier Personen, jede eine Waffe in der Hand. Den Gang der einen
würde Nerina nie in ihrem Leben wieder vergessen. Auf dem Schiff nach Malta
hatte er sich ihr unauslöschlich eingeprägt.
„Fra Domenico!“, zischte Nerina!
Allein der Name des Johanniters
fuhr ihr eiskalt unter die Haut.
„Richtig, Signora. Es schmeichelt
mir, dass Ihr mich sogar in der Dunkelheit sicher erkennt. Aber es erschreckt
mich auch, weil ich glaube, dass mir dieses Wissen schaden könnte. Ich darf
also bitten.“
Damit fuhr er mit dem Degen durch
die Luft. Ein scharfes Pfeifen schnitt ihr ins Ohr, und auch die beiden Männer
an ihrer Seite zuckten kurz zusammen.
Nerina hielt noch immer Nero am
Nackenfell. Jetzt beugte sie sich zu ihm hinunter und flüsterte ihm ins Ohr.
„Hilf mir, Nero, hilf mir.“
Der Hund spitzte die Ohren, aber
ein Pfiff Fra Domenicos ließ ihn erstarren. Nerina klopfte ihm auf den Nacken,
streichelte ihn sanft und kräftig und schickte ihn dann gegen einen der Männer,
indem sie einfach „Fass!“ rief und ihn vorwärtsschob.
Wie ein Blitz fuhr Nero einem der
Angreifer an den Arm und verbiss sich darin, während die beiden anderen sich
auf Enrico und Michele stürzten.
Natürlich entging Nerina nicht, dass
sich Michele kaum aufrecht halten konnte, und sie begann um Hilfe zu schreien,
aber Fra Domenico, der die beiden kämpfenden Paare umrundete und direkt auf sie
zukam, lachte nur.
„Ihr gebt eine lächerliche Figur
ab, Signora. Wozu das Geschrei? Ihr werdet jetzt sterben. Aug um Aug, Zahn um
Zahn. Wie es uns das Alte Testament lehrt.“
„Es wurde ein neuer Bund
geschlossen“, versuchte Nerina zu kontern, während sie sich nach einer Waffe
umsah, einem Knüppel, einem Stein. Aber der Boden unter ihr fühlte sich weich
an. Sie stand in einer der flachen Abwasserrinnen inmitten der Straßen.
Nero ließ los, und der vierte Mann
flüchtete sich in eine der nachtschwarzen Gassen. Soweit Nerina sah, kämpften
Enrico und Michele eher aussichtslos gegen ihre Gegner. Der Wein schwächte sie.
Micheles Wams blutete bereits stark. Trotzdem hieb er wie ein Löwe auf den Mann
ein. Einen Lidschlag lang liebte sie ihn dafür.
„Liebet Eure Feinde, heißt es
darin, Fra Domenico. Nehmt es Euch zu Herzen. Selbst der Namenspatron Eurer
Kongregation, Johannes, hielt sich daran. Ist nicht grade er einer der großen
Verzeihenden?“
In der Mondhelligkeit erkannte sie,
dass Fra Domenicos Gesicht sich verzerrte. Mit gestrecktem Degen fuhr er auf
sie los. Sie konnte dieser ersten Attacke noch ausweichen, aber es war nur eine
Frage der Zeit, bis er sie durchbohren würde.
„Was wollt Ihr von mir?“
„Ihn werde ich damit zerstören, wie
er mich zerstört hat. Meinen Bruder brachte er um, das, was ich in diesem Leben
am meisten geliebt habe. Und jetzt werde ich diejenige töten, die im Herzen
dieses Schmierfinks den größten Platz einnimmt!“
Nerina begriff nicht, was der
Johanniter damit sagen wollte, musste sie doch der Degenklinge ausweichen. Fra
Domenico spielte mit ihr, trieb sie vor sich her, berührte sie mit der Spitze
des Degens, ritzte ihr die Haut. Dabei lachte er unmäßig.
Bei einer ihrer Drehungen wurde sie
Neros gewahr, der hinter ihnen herlief, unschlüssig, was er tun sollte.
Instinktiv versuchte Nerina, Neros Unsicherheit für sich zu gewinnen. Mit
ausgestrecktem Arm deutete sie auf Fra Domenico und rief:
„Fass, Nero, fass ihn!“
Tatsächlich sprang der Hund mit
zwei
Weitere Kostenlose Bücher