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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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der Maremmenküste, so hatte man ihr und Enrico beschieden, sei die
Feluke unter dem spanischen Gardekapitän De Albear ausgelaufen, die Micheles
Bilder und Malutensilien an Bord hatte. Der Maler sei von Bord weg verhaftet
worden.
    Nerina musterte jeden einzelnen
Bauern, der in der wabernden Glut der Mittagshitze auf der Dammstraße das Meer
überquerte und jetzt seine Waren in die Stadt schleppte. Port’Ercole galt als
nächster Hafen nach Palo, als Zwischenstation von Elba nach Rom oder von dort
nach Elba. Im Mauerschatten einer der Statuen, die den Dammweg begleiteten,
ruhte Enrico aus, während sie den Weg beobachtete. Michele musste hier
vorüberkommen, er musste sie sehen, sie konnten ihn nicht verfehlen. Aber
Michele war bereits drei Tage überfällig.
    Von Weitem konnte sie die Menschen
bereits ausmachen, Tagelöhner, die im Hafen ihr Essen verdienen wollten, Bauern
mit Körben und Hucken auf dem Rücken, Eseltreiber mit Säcken, in denen vor
allem Salz aus den Küstensalinen transportiert wurden und einige wenige Wagen,
wie der, der jetzt über dem Damm auftauchte und langsam näher rückte.
    Die Hitze und die Eintönigkeit
ihres Wartens ließen Nerina abschweifen.
    Als sie den kleinen Hafen Palo
erreicht hatten, an dem Michele angeblich den Dispens seiner Heiligkeit
ausgehändigt bekommen sollte, erfuhren sie, dass man einen „sehr berühmten
Banditen aus dem Kirchenstaat“ gefangen genommen hatte. Angeblich sei er auf
einer Feluke angekommen, und ein Hinweis, der den Garnisonskommandanten
erreicht hatte, habe ihn verraten. Palo lag nahe genug an der Tibermündung, um
für Michele gefährlich werden zu können. Hier galt bereits das Recht des
Kirchenstaates, hier musste er sich ausweisen.
    Bereits von Weitem konnte sie das
harte Schlagen der Räder auf den beinahe zu Stein getrockneten Lehmstraßen hören.
Die Räder verursachten einen Rhythmus wie eine Totenglocke, hoch und dünn.
Besonders viel schien der Bauer nicht geladen zu haben, denn der Ochse wirkte
nicht besonders bemüht. Während alle anderen Zugtiere, die an ihr vorüberkamen,
vor Schweiß tropften, schien der Karren des Gespanns nichts zu wiegen. Das Fell
des Tiers war trocken.
    Nerina wischte den Schweiß, der ihr
in Strömen übers Gesicht lief, an ihrem ohnehin durchnässten Hemdsärmel ab. Sie
schüttelte den Kopf, wenn sie sich daran erinnerte, wie sie zur Festung
hochgesprungen waren und nach dem Kommandanten fragen ließen. Noch heute schlug
ihr das Herz, wenn sie daran dachte.
    „Ihr habt einen Gefangenen,
Capitano. Dürfen wir ihn sehen, mit ihm sprechen? Es ist derselbe, der vor
einiger Zeit direkt vom Schiff herunter verhaftet worden ist. Möglicherweise
eine Verwechslung.“
    In diplomatischem Geschick hatte
sich Enrico damals überboten – und doch war er erfolglos geblieben.
    „Signore, wenn Ihr den Maler meint,
den alle Welt Caravaggio nennt, dann muss ich Euch enttäuschen.“
    Sofort hatte sie an das einzig
Naheliegende gedacht, nämlich an Auslieferung. Sicherlich hatte der
Kirchenstaat, hatte der Papst die Aktion so geschickt eingefädelt, dass die
Falle hier in Palo zugeschnappt war. Tatsächlich befand sich eine päpstliche
Delegation zur selben Zeit in der Stadt, ohne allerdings Aufgabe und Ziel ihrer
Mission zu offenbaren.
    Der Prete Rosso, Pater Leonardus,
habe den Maler ausgelöst, hatte der Kommandant noch erzählt, es habe sich
tatsächlich um einen Irrtum gehandelt, um einen bedauerlichen Zufall. So etwas
komme vor.
    Kein Wort hatte sie dem schmierigen
Soldaten geglaubt, der sicherlich mit dem Geld in die eigene Tasche
gewirtschaftet hatte und jetzt selbst an ihnen noch einmal verdiente, denn
jedes Wort hatte er sich in Scudi aufwiegen lassen.
    So hatten sie erfahren, dass
Michele nach zwei Tagen Haft bereits wieder entlassen worden war, aber getobt
habe, weil die Feluke nicht auf ihn gewartet habe. Selbst der Prete Rosso sei
machtlos gewesen, so habe der Maler geschrien. Er habe Töpferstände auf dem
Mark kurz und klein geschlagen und einige unbescholtene Bürger Palos bettreif
geprügelt. Er, der Kommandant Palos, habe sich bereits am Abend dazu
entschlossen, so hatte er ihnen erzählt und dabei in einer Osteria den
teuersten Wein getrunken, der aufzutreiben gewesen war, auf ihre Kosten
natürlich, diesen Michelangelo Merisi wieder zur Festung hinaufzubringen und
einzusperren, aber plötzlich sei er wie vom Erdboden verschluckt gewesen, und
Fischer hätten berichtet, sie hätten ihn Richtung Norden den

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