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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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trägt es bei sich!“
    Plötzlich verzerrten sich Pater
Leonardus’ Gesichtszüge. Sein Hals schwoll an und ein Schrei entrang sich
seiner Brust, von dem Nerina nicht wusste, ob er von Schmerz oder Wut kündete.
Seine unterwürfige Haltung wandelte sich in eine des Hasses und der Rache.
    „Dieser Satan, dieser Kothaufen,
diese Schweinelende ... er versprach es mir, versprach es hochheilig, beim
Leben unserer Mutter.“
    Jetzt hakte Enrico ein und trat
schützend vor Nerina hin, wohl weil er befürchtete, dass der Pater auf sie
losgehen könnte.
    „Ich habe ihm eine Feluke besorgt,
damit er nach Palo kommt. Der Hafen liegt an der Grenze zum Kirchenstaat. Dort
soll ihm der Dispens überreicht werden.“
    „Mein Gott“, murmelte Nerina. „Ist
Michele wahnsinnig?“
    „Ohne Freibrief, ohne
Begleitschreiben. Vogelfrei!“
    Auch Enrico schlug die Hände vors
Gesicht.
    „Für einige Bilder erhält er den
Dispens. Er ist ausgestellt. Befehligt wird das Schiff vom spanischen
Gardekapitän De Albear. Der Kapitän meinte, er liefe bald nach Rom aus. Es sei
für lange Zeit das einzige Schiff, das in diese Richtung abgehe.“
    Enrico knirschte mit den Zähnen.
Nerina erinnerte sich daran, dass Enrico Erkundigungen eingezogen hatte über
die im Hafen liegenden Boote und Feluken. Allein drei davon schienen den
Johannitern selbst zu gehören oder von ihnen kontrolliert zu werden. Nur ein
griechisches Frachtschiff hatte lange Zeit vor Anker gelegen, aber das sollte
nur in Richtung Athen auslaufen.
    In diesem Moment stürmte Magdala
den Raum. Ihre Haare flogen, ihr Kleid entbehrte noch immer der Vollständigkeit.
Ihre Brüste ragten aus dem dürftigen geschlossenen Hemd, und aus dem geschnürten
Rock blitzte die Falte ihres Pos. Bewaffnet mit einem Besen schlug sie auf
Pater Leonardus ein.
    „Der war es, der hat mich
überfallen!“, kreischte sie. Immer wieder sauste der Reisigbesen auf den Pater
nieder, der sich mit den Armen schützte, aber unter der Wucht der Schläge auf
die Knie sank.
    „Hört auf!“, befahl Enrico. Als
Magdala sich nicht mit ihrem Besen zurückzog, entriss er ihr diesen, worauf sie
den Pater weiter mit den Fäusten traktierte.
    „Helft mir! Das ist eine Furie, ein
Dämon!“, kreischte Pater Leonardus. Aber Enrico hatte keine besondere Eile, den
Zorn der Hafenhure zu besänftigen. Einige Augenblicke wartete er noch, dann
erst zerrte er sie von Pater Leonardus weg. Von Schrammen und Rissen entstellt,
jammerte dieser zum Herzerbarmen.
    „Warum habt Ihr sie auch
niedergeschlagen, Pater?“
    Enricos Grinsen lief über beide
Mundwinkel beinahe bis zu den Ohren. Auch Nerina lachte. Sie empfand diese
kleine Rache als durchaus gerechtfertigt.
    „Sie ... hat geschrien ... und ich
wollte ...  das Bild!“, stotterte der Pater und lugte vorsichtig aus seiner
Deckung.
    „Diesmal, Pater Leonardus, habt Ihr
einen entscheidenden Fehler gemacht. Dieser spanische Gardekapitän De Albear
steht im Sold der Johanniter. Wenn ich es recht sehe, lag er im Hafen vor
Anker, um eben diesen Brief Scipione Borgheses abzuwarten. Vielleicht kam der
Brief selbst gar nicht von Scipione Borghese, sondern vom Papst
höchstpersönlich. Beide benutzen schließlich dasselbe Familiensiegel!“
    „Du meinst ...“, unterbrach Nerina
Enrico. Ihr trat Schweiß auf die Stirn. „Du meinst, dass der Johanniter auf dem
Schiff gewartet hat?“
    „Wenn nicht auf dem Schiff, dann in
Palo. Dort aber sicherlich.“
    Nerinas Rücken straffte sich.
Unwillkürlich griff sie nach ihrem Bauch. Sie fühlte eine Bewegung, die sie
kaum wahrnehmbar an der Bauchinnenseite kitzelte. Ein wohliges Gefühl durchfuhr
sie, und sie griff nach Enricos Hand, die sofort die jetzt merklich ruhigere
Magdala losließ und sich um ihre Finger schloss.
    „ Wir sollten ein Fischerboot
nehmen“, schlug sie vor. „Vielleicht kommen wir noch rechtzeitig.“
12.
    Nerina saß an der Straße, die zum
Hafen von Port’Ercole auf Monte Argentario führte. Die kleine Insel war nur durch
einen schmalen Damm mit dem Festland verbunden. Über dem Hafenrund ragte eine
Festung auf. Sie bedeutete den vorüberfahrenden Schiffen, dass hier Spanien
über Ort und Menschen regierte.
    Braungedörrt umgaben Hügel den
Hafen und bewirkten, dass selbst der letzte Rest an Wind, der vom Meer her
wehte, erstarb und die heiße Luft unter dem Sonnenglast zu einer dickflüssigen
Masse zusammenkochte, die schwer und klebrig auf Lungen und Körper lastete.
    Dorthin, weg vom fiebrigen
Sumpfland

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