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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Camillo
Borghese nicht mehr auf der Steinbank aus.
    „Das ist doch Unsinn. Das sind
Verleumdungen, pure Lügen.“
    „Und doch hört dieses Ohr Gonzagas
mehr, als wir zu träumen wagen.“
    „Ein billiger Lauscher, der sich
sein Gehörtes erfindet!“
    „Zumindest wäre es schädlich, wenn
eine angesehene Familie wie die des Herzogs von Mantua diese Vermutungen
weiterverbreiten würde. Stellt Euch den Verlust Eurer Glaubwürdigkeit vor, wenn
Ferdinando Gonzaga an der rechten Stelle auch nur einen in Zweifel gehüllten
Verdacht äußern würde, Oheim.“
    Jetzt hielt Camillo Borghese eine
Hand in den Sprühregen, den der Brunnen verbreitete, und fuhr sich damit übers
Gesicht. „Das Volk liebt diesen lombardischen Wilden, Scipione?“
    „Vermutlich wegen seiner Kapriolen
in den Osterien und Hurenhäusern der Stadt. Aber dem Volk gefallen auch die
Bilder. Sie sind frisch und neu und nahe am Denken und Sehen der Menschen.“
    „Des Pöbels!“
    „Außerdem bezieht er das Volk in
seine Bilder mit ein. Am Rande zumindest.“
    „Müssen wir uns dem Pöbel beugen?“
    „Dem Pöbel nicht, wohl aber einer
Reihe von Kardinälen, die liebend gern die neu errungene Herrschaft der
italienischen Fraktion stürzen wollen – und das mit spanischem Geld. Stellt Euch
vor, ein Caravaggio, mit spanischem Gold finanziert und gefüttert mit all den
Schändlichkeiten, die ein Gonzaga unter die Römer zu streuen vermöchte.“
    Mit einer verzweifelten Geste warf
Camillo Borghese die Arme in die Luft und raufte sich die Haare unter seinem
Hütchen.
    „Soll das heißen, dass dieser
Wirrkopf von Caravaggio weiterhin die Gassen Roms unsicher machen darf?“
    „Nein, Eure Heiligkeit, es gibt
noch eine andere Möglichkeit. Erhebt den Gonzaga zum Kardinal! Damit steht er
in Eurer Schuld und wird – verzeiht meine Direktheit – den Teufel tun und Euch
verleumden.“
    Camillo Borghese hustete plötzlich
los, als wäre ihm der Gedanke daran im Hals stecken geblieben.
    „Diesen Jüngling zum Kardinal
erheben, Scipione?“
    „Wisst Ihr eine bessere Lösung?“
22.
    Nerina sprang sofort aus dem Bett.
Von der Straße herauf drang Neros Winseln. Ein Dutzend Füße polterte die
Treppen hoch, flüsternde Stimmen wisperten im Aufgang, dann wurde die Tür
aufgestoßen.
    „Schnell, Nerina, einen Verband!“
    Als erster schlich Nero ins
Atelier, den Schwanz zwischen die Beine geklemmt, den Kopf geduckt, mit
angelegten Ohren. Im Hemd stand Nerina da und betrachtete das, was die fünf
Männer bis nach oben geschleppt hatten: einen Männerkörper. Michele.
Blutüberströmt legten sie ihn auf den Tisch inmitten des Ateliers, der dazu
verwendet wurde, Leinwand zuzuschneiden. Nero versteckte sich darunter. Sie
stieß einen Schreckensschrei aus und presste ihre Faust gegen den Mund. Wasser
stieg ihr in die Augen. Mit der anderen umklammerte sie ihr Amulett und begann
zu beten.
    „Er lebt!“, flüsterte der jüngste
von ihnen, in dem Nerina den Architekten Onorio Longhi erkannte, der mit
Michele des Öfteren Ball spielte. Ein Sauf- und Raufkumpan.
    Kaum erkannte Nerina Micheles
Gesicht, so stark blutete er aus einer großen Wunde an der Schläfe. Sein Hemd
war durchtränkt von Blut aus einer weiteren Wunde am Arm. Zuerst fühlte sie
sich wie gelähmt, konnte keinen Fuß vor den anderen setzten. Ihre Beine fühlten
sich eisig an, wie angefroren, bis Onorio sie ansprach.
    „Rasch, einen Verband, Nerina. Er
verblutet sonst.“
    Jetzt erst löste sich ihre ganze
Erstarrung. Hastig lief sie zur Kochnische, entnahm ein Messer und ging damit
auf Michele zu. Die Männer wichen zurück, und nur Onorio Longhi fiel ihr in den
Arm.
    „Was willst du damit?“
    Erstaunt sah Nerina ihn an, dann riss
sie sich verärgert los und trat zu Michele.
    „Wenn ich ihm das Messer in die
Brust hätte stoßen wollen, dann müsste ich das nicht vor Zeugen tun!“
    Entschlossen begann Sie, seine
Kleidung aufzutrennen, schnitt ihm das Hemd vom Leib und öffnete die Hose mit
energischen Schnitten. Beim Reißen des Stoffes stieß Nero unterm Tisch fiepende
Laute aus, die ihr ans Herz fassten.
    Insgesamt fünf Wunden zählte
Nerina, aus denen Michele blutete. Sie untersuchte alle sorgfältig. In zweien
erkannte sie eindeutig Stichwunden eines Degens, die tief in seine Eingeweide
gefahren waren. Sie ordnete an, dass zwei Männer die restlichen
Kleidungsstücke, soweit sie brauchbar waren, in Streifen schnitten und nahm
dann ein leinenes Unterhemd, das zum Trocknen aufgehängt

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