Das Vermaechtnis des Caravaggio
war, um daraus einen
Verband anzufertigen. Zwei weitere beauftragte sie damit, Wasser zu holen und
es heiß zu machen, damit sie die Wunden reinigen konnte.
„Hat er sich duelliert?“, fragte
sie barsch.
Stumm folgten die Männer ihren
Anweisungen, vermieden aber, ihrem Blick zu begegnen und sahen betreten zu
Boden. Nur Onorio räusperte sich. Die beiden Wasserholer kamen eben mit dem
gefüllten Eimer zurück und setzten ihn auf dem Boden ab. Nero winselte und
bellte verhalten, getraute sich aber nicht unter dem Tisch hervor, sondern
blieb dort liegen, als fühle er sich schuldig am Zustand Micheles.
„Schlimmer, Nerina, viel
schlimmer.“
„Was kann schlimmer sein, als dass
zwei Wunden mit Nadel und Faden geschlossen werden müssen und Michele daran
sterben könnte, weil ich nicht weiß, wie viel im Inneren verletzt worden ist?
Was ist schlimmer, als einen blutüberströmten Mann auf dem Tisch liegen zu
haben, von dem man nicht weiß, ob er die Nacht überleben wird? Was ist schlimmer,
als diese Wunden selbst behandeln zu müssen, ohne einen Arzt hinzuziehen zu
können, weil das Geld dazu fehlt, einen Wundarzt kommen zu lassen.“ Sie war
lauter geworden mit jeder Frage und bedauerte jetzt, die Männer so angefahren
zu haben. Spöttisch betrachtete sie die Kerle um sich herum und ging zu einer
kleinen Truhe, aus der sie Nadel und Zwirn holte. „Also? Erzähl mir, Onorio,
was ist schlimmer?“
Nervös trat Onorio von einem Fuß
auf den anderen.
„Wir haben Pallacorda gespielt,
draußen, auf dem Campo Marzio, in der Gegend des Palazzo Firenze.“
Nerina sah Onorio nicht an, sondern
versorgte Micheles Wunden. Den Faden schmierte sie mit dem Fett ein, das sie
zum Polieren von Rahmen benutzten.
„Sprich weiter! Und zünde mir eine
Kerze an!“
Sofort gehorchte Onorio. Als sie
die Nadel in die Kerzenflamme hielt und danach einfädelte, fühlte sie, wie ihre
Hände zitterten. Michele atmete schwach, aber wenn sie seine Wunden berührte,
zuckte er in seiner Bewusstlosigkeit leicht zusammen. Um die tieferen Schnitte
herum begannen die Blutungen zu stocken, aber jede Bewegung Micheles, jedes
Drehen oder Drücken ließ wieder dunkles Blut aus den Öffnungen quellen. Über
allem lag ein süßlicher Duft. Nerina biss die Zähne zusammen. Die Tatsache, dass
sie seit drei Jahren Micheles Streitereien und Duelle miterlebte, hatte sie zu
einer passablen Wundärztin gemacht. Wie man Stichwunden verband, Schnitte nähte
und Blutungen stillte, wusste sie. Deshalb sorgte sie sich auch um die
Degenstiche in seinem Bauch. Wenn sie größere Blutgefäße verletzt hatten, würde
Michele innerlich verbluten. Sie hatte so einen Tod schon einmal miterlebt, bei
ihrem Stiefbruder, als der, gerade siebzehnjährig und ein begnadeter
Schauspieler, einem Edelmann in die Quere gekommen und niedergestochen worden
war. Hilflos hatte sie mit ansehen müssen, wie er trotz eines geringen
Einstichs in der Magengegend innerlich verblutete. Dem Wasserstrahl eines
Brunnens ähnlich war damals sein Lebenssaft aus der Wunde gequollen.
Unaufhörlich, unstillbar. Wie Kerzen, deren Talg verbraucht war, verloschen
diese Leben.
„Vom Ballspielen holt man sich
diese Wunden nicht, Onorio“, spottete Nerina und versuchte, den bitteren
Unterton, den sie an sich hörte, zu dämpfen. Vermutlich konnte der Junge nichts
für dieses Unglück. An Auseinandersetzungen, die solche Wunden nach sich zogen,
war Michele meist selbst schuld. Sie nahm all ihren Mut zusammen und setzte den
ersten Stich. Als Michele zusammenzuckte, schrie sie die Männer an: „Haltet ihn
wenigstens fest!“
Verlegen griffen Onorio und die
anderen nach Micheles Armen und Schultern.
„Wir spielten Ball mit einem
gewissen Ranuccio Tomassoni da Terni und seiner Mannschaft, jeweils fünf Mann.
Wir alle hatten Geld auf Micheles Sieg gesetzt, ziemlich viel Geld.“
Sichtlich schwer fiel es Onorio,
ihr die Wahrheit über das Geschehen mitzuteilen. Nerina versuchte nicht, ihn zu
drängen. Immer ruhiger nähte sie die Wunden Micheles, von denen sich die
Kopfwunde nach der Säuberung als die schlimmste erwies, weil sogar der Knochen
an der Schläfe verletzt war. Vorsorglich hob sie ein Lid Micheles. Seine
Augäpfel darunter verdrehten sich noch nach oben. Sie ahnte, dass es lange
dauern würde, bis er das Bewusstsein wiedererlangte, wenn dies je wieder der
Fall war.
Onorio räusperte sich, reichte
Nerina einen weiteren Fetzen Stoff, mit dem sie einen Druckverband anlegte, und
fuhr
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