Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
tun. Glaubst du wirklich, ich habe Angst um mich?«
Manchmal können wir über uns hinauswachsen, doch nur, wenn wir an uns und an die Kräfte in uns glauben. Soma ist ein sehr mächtiger Gott, und du bist stark. Vielleicht noch nicht stark genug für so eine Aufgabe, aber dafür habe ich große Energien in mir. In meiner Aura wirst du wachsen. Doch du musst es tun! Du musst daran glauben und dich einsetzen – ohne jeden Zweifel und mit der Bereitschaft, dich aufzugeben.
Rolana strich zärtlich über das geschwärzte Gesicht. Gab es wirklich eine Möglichkeit, die Elbe ins Leben zurückzuholen?
Ihr Geist ist noch da. Sie will euch noch nicht verlassen, um in das Land des Lichts zu wandern, flüsterte der goldene Drache.
Sie musste es versuchen – egal, wie klein die Erfolgsaussichten und wie groß die Gefahren für sie selbst auch waren. Rolana rückte näher an den leblosen Körper heran und konzentrierte sich. Sie versuchte, die Zweifel zu verjagen und nur noch an ihre Kräfte und an Soma zu denken. Sanft glitt sie in den verbrannten Körper. Der Drache hatte Recht: Da war etwas! Ibis’ Geist und Seele waren noch nicht endgültig gewichen. Sie klammerten sich mit letzten Kräften an den geschwärzten Körper, doch die Zeichen wurden schwächer. Die Seele drängte, die nutzlose irdische Hülle zu verlassen, um ins Reich des Lichts zu fliehen.
Rolana umschlang Ibis’ Geist mit ihren Kräften und konzentrierte sich darauf, ihn wieder an den Körper zu binden, spürte aber, wie sie ihn langsam verlor. Verzweiflung machte sich in ihr breit. So war es auch bei ihrer Mutter gewesen, die Lamina nicht hatte retten können. Die Priesterin wollte nicht noch einmal verlieren. Dieses Mal würde sie siegen!
All ihre Sinne fixierten nur noch den einen Punkt. Sie würde nicht aufgeben. Da spürte sie einen Energiestoß, der in sie eindrang und sich mit ihrer Kraft verband. Rolana gewann immer mehr Kontrolle über Geist und Körper der Elbe und ließ ihre Energie in das zerstörte Gewebe fließen.
Beglückt sahen die Freunde, dass sich die Gesichtsfarbe der Elbe langsam veränderte. Das fahle Grau verschwand, und zwischen den Rußflecken pulsierte wieder Blut unter der Haut. Die Brandwunden begannen sich zu schließen. Thunin hielt Ibis eng umschlungen. Dieses Mal weinte er vor Freude.
Cay fing Rolana auf, als sie bewusstlos zusammenbrach. Sie hatte alles gegeben. Ihre Energien und Kräfte waren in den Körper der Elbe geflossen, um die Zerstörung rückgängig zu machen, und nun blieb ihr kaum mehr Kraft, ihr eigenes Leben aufrechtzuerhalten. Leichenblass lag sie in Cays Armen, und er hatte Mühe, ihren flachen Atem zu spüren. Hilflos und stumm saßen die Gefährten da. Covalin lag zwischen ihnen, piepste kläglich und sah traurig von einem zum anderen.
Der goldene Drache erhob sich. Folgt mir. Ich bringe euch an einen Ort, wo ihr genesen könnt.
Elegant erhob sich die riesige Echse und flog voraus, Covalin folgte ihr. Cay setzte die bewusstlose Priesterin vor sich aufs Pferd, Thunin nahm sich der Elbe an. Wie in Trance folgten die Freunde dem Drachen. Sie wussten später nicht mehr, wie lange sie noch unterwegs gewesen waren, und konnten sich nur noch düster an schwarze Felswände und bizarre Türme, an gelbe und rote Krater erinnern. Langsam ritten sie weiter, ohne den Blick von dem glänzenden Drachen zu wenden.
Dann waren sie am Ziel. Die Schlucht weitete sich, und ein schmales Tal lag vor ihnen. Zwischen zwei alten Kratern sammelte sich hier das Regenwasser zu einem schimmernden See. Die Kegel waren schon lange erloschen, und so hatten sich zahlreiche Pflanzen um das klare Gewässer angesiedelt. Große Vögel und einige Nagetiere hatten den Weg in dieses Paradies gefunden und es zu ihrer neuen Heimat gemacht.
Erleichtert ließen sich die Freunde ins Gras sinken. Die Pferde stürzten zum Wasser, tranken gierig und grasten dann zufrieden in der satten Fülle.
Im Schatten einiger Bäume dauerte es nicht lange, bis Rolana das Bewusstsein wiedererlangte. Sie fühlte Ibis’ warme Hand in der ihren und schlief beruhigt ein.
Es wurde dunkel. Der volle Mond schien auf die Idylle und spiegelte sich in den Schuppen des goldenen Drachen wider, der mit ausgebreiteten Schwingen am Himmel stand.
Ich verlasse euch jetzt. Lasst euch Zeit, euch zu erholen und gesund zu werden. Wenn der Vollmond zum dritten Mal auf den See scheint, kommeich wieder. Eure Aufgabe ist erfüllt. Komm Covalin, jetzt heißt es Abschied nehmen,
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