Das Vermächtnis des Martí Barbany
Katastrophen. Sie erinnern daran, dass man einem exkommunizierten Grafen oder Monarchen den Gehorsam versagen dürfe, und wenn so etwas geschehe, führe das zur Anarchie, und das Geld verliere seinen Wert, und so werde denn alles stillstehen und die Stadt verkommen.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr es mir gefallen würde, wenn ich eines Nachts zusammen mit dir ausgehen und mich unters Volk mischen könnte. Denn wenn ein Regierender nicht die Mittel findet, um die Meinung seiner Untertanen aus erster Hand zu erfahren, wird er sich am Ende immer irren, so gute Ratgeber er auch haben mag.«
37
Benvenists Ratschläge
N ach dem Treffen mit Laia war Martí unaufhörlich unterwegs, zwischen den Weinbergen von Magòria und seinen Mühlen, zwischen seinem Laden in der Stadt und den Schiffszeughäusern, wo er die Fertigstellung des Schiffs überwachte. Abends ging er immer zu Baruch und bat ihn um Auskünfte über tausend Einzelheiten, damit er sein Vorhaben erfolgreich durchführen konnte. Der Geldverleiher war eine unerschöpfliche Quelle des Wissens, und Martí erkannte klar, dass dessen Erfahrung für ihn lebenswichtig war. In diesen Monaten eifriger Tätigkeit konnte er sich dank der Mithilfe Aixas mehrmals mit Laia bei ihrer alten Kinderfrau treffen, und dabei nahm ihre aufkeimende Liebe immer festere Gestalt an.
In dieser Nacht saß Martí im Garten des Geldverleihers unter der dicht belaubten Kastanie. Beide hatten ein Glas des ausgezeichneten Weins vor sich stehen, den Baruch in seinem Keller lagerte, und Martí bestürmte sein Gegenüber mit Fragen, sog dessen Worte auf und merkte sich dessen Ratschläge gut.
Rivka, Baruchs Frau, lief hin und her und goss die Gläser aus einem feinen Kristallflakon voll. Hinter der Tür hatte sich Ruth versteckt und belauschte, was ihr Vater mit diesem liebenswürdigen und stattlichen jungen Mann besprach.
Benvenist erklärte gerade: »Erstens will ich Euch sagen, dass Ihr Euch, meinen Berechnungen zufolge, als einen reichen Mann ansehen könnt. Viele von denen, die zum Grafen kommen und sich auf ihr Vermögen etwas einbilden, sind nicht so zahlungsfähig wie Ihr.«
»Auf Euch setze ich mein ganzes Vertrauen. Arbeiten ist mein Lebenszweck, und es beruhigt mich, wenn ich weiß, dass Ihr mein Vermögen verwaltet, sodass ich mich ganz meiner Aufgabe widmen kann.«
»Gebt acht, Martí. Nicht alle Waren können frei befördert werden.
Man darf manche Dinge in eine Stadt oder ein Königreich ausführen, und dagegen ist es streng verboten, sie in ein anderes zu bringen.«
»Wovon hängt das ab?«
»Von vielen Umständen, wie etwa, ob man Krieg gegen einen Verbündeten der Grafschaften Barcelona, Gerona und Osona führt, ob solche Ausfuhren eine zukünftige Konkurrenz bedeuten oder ob lediglich ein Großkaufmann sie nicht für zweckmäßig hält.«
»Und wer soll überprüfen, was ich in einem Hafen verlade?«
»Ihr müsst Euch in jedem Königreich, das Ihr besucht, den Gesetzen unterordnen, und darin besteht der große Vorteil Eurer Fahrt, denn was Barcelona verbietet, das erlaubt Genua, und was Genua ablehnt, dem stimmten Venedig oder Konstantinopel zu. Für die Ware jeder Fahrt ist der Hafen zuständig, in dem sie an Bord gebracht wird, und folglich die Grafschaft, die Stadt oder das Königreich, wo sich dieser Hafen befindet. Dafür seid Ihr in jedem einzelnen Hafen verantwortlich, und ob die Fahrt ein Erfolg oder Fehlschlag wird, hängt darum außer von der Erfahrung des Kapitäns auch vom kaufmännischen Geschick des Schiffseigners ab, in diesem Fall also von Euch.«
»Und wenn sich bei der Reiseplanung die Gelegenheit ergibt, mit einer Ware zu handeln, deren Transport in keiner Verbotsliste auftaucht? Was soll ich dann tun?«
»Ihr müsst sie beim Ausladen anmelden. Dann kann man Euch nichts vorwerfen und Euch auch nicht bestrafen.«
»Und wie kann ich eine neue Ware bewerten, damit ich sie versichere, wie wir es vereinbart haben, wenn ich ihre Besonderheiten und die Gefahren bei ihrem Transport nicht kenne, weil sie neu ist?«
»Macht Euch deshalb keine Sorgen. In jedem Hafen, in den Ihr einlauft, findet Ihr Leute unserer Nation, die die Risiken und Kosten der Ware einschätzen, die Ihr an Bord nehmen wollt. Wir verbürgen uns jedenfalls für ihre Entscheidung und ihre Zusage. Was sie bestimmen, gilt für uns als Gesetz.«
»Mich beunruhigt noch etwas, Meister.«
»Nennt mich nicht so. Die Kenntnisse, die ich Euch vermitteln kann, sind eher die
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