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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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ohne dass er sich beteiligen muss.«
    Nun stellte Martí fest, dass man im Hintergrund des Gebäudes zu einem oberen Stockwerk gelangte. Dafür musste man eine Rampe an einer Seite hinaufsteigen, wo sich mehrere mit Vorhängen verhüllte Fenster befanden. Martí nahm an, damit sollten die Benutzer der privaten Speiseräume indiskreten Blicken entzogen werden.
    Wie er vermutet hatte, führte ihn der Maure in den ersten Stock und öffnete die Tür eines besonderen Gästen vorbehaltenen kleinen Zimmers. Nachdem er sich erkundigt hatte, was Martí zu speisen wünschte, verschwand er. Der Raum war mit einem groben Stoff tapeziert. An jeder Seite des Tischchens stand eine Bank, und mitten auf dem Tisch leuchtete die Flamme einer Öllampe. Außerdem gab es einen Beistelltisch, den wohl der Diener benutzte, um die aufgetragenen Krustentiere zu zerschneiden.
    Martí nutzte die Wartezeit, schob den Vorhang zur Seite und beobachtete neugierig die Gäste im Erdgeschoss.
    Alle Rassen der Welt waren dort vertreten und bunt durcheinandergemischt. Blasse Kaufleute aus dem Norden, braunhäutige Söhne von den Ufern des Mare Nostrum , dunkle Afrikaner, Araber... das Meer und der Handel vereinten sie alle.
    Ihm fiel eine Szene im Hintergrund auf. Neben dem Podium, auf dem sich die Musiker größte Mühe gaben, sich Gehör zu verschaffen, schien sich ein dürres Männlein, dessen Gesicht beinahe ganz von einem riesigen Turban verborgen wurde, heftig mit seinen Nachbarn, zwei ungeheuer großen Arabern, zu streiten. Offenbar verlangten sie von ihm, dass er ihnen diesen Tisch überließ, denn sie wollten der Kapelle nahe sein, um ihre eintönigen Melodien besser zu hören. Das Männchen weigerte sich. Während einer der beiden Kerle versuchte, den Turbanträger abzulenken,
legte der andere seine Hand auf den Beutel des Mannes. Dieser riss den Beutel heftig zurück und hängte ihn sich um. Dann setzte er seine Mahlzeit fort, wobei er Verwünschungen murmelte. Martí beobachtete weiter das Panorama, bis der Kellner den Hummer brachte, der mit einer pikanten Soße zubereitet war, und dazu gab es einen Flakon Zypernwein. Nun zog er den Vorhang zu, genoss eifrig das saftige Krustentier und den Wein, und er vergaß den Zwischenfall.
    Als er sein üppiges Festmahl beendet und die Rechnung bezahlt hatte, verließ er das Wirtshaus. Er beschloss, bevor er zur Herberge zurückkehrte, einen Spaziergang durch den Hafen zu machen, damit die Nachtluft schnell die Alkoholdünste auflöste, die seinen Geist etwas benebelten. Schon eilten seine Gedanken zu Laia: Er zählte die Tage, die noch bis zum Wiedersehen vergehen mussten, und fragte sich, was wohl in seiner Abwesenheit geschehen war, als er plötzlich glaubte, aus dem Wasser ein ruckartiges Plätschern und erstickte Schreie zu hören. Martí schaute über die Mauer, und im Widerschein des Mondlichts sah er in der Hafeneinfahrt, dass jemand, der in einen Überrock gewickelt war und aus dem Meer herauskommen wollte, verzweifelt mit den Armen paddelte. Martí überlegte nicht zweimal: Er warf seinen Sack unter ein Boot, das auf einem Holzgerüst stand, stürzte sich ins Wasser und schwamm zu der Gestalt, die offenbar kurz vor dem Ertrinken war. Mit vier kräftigen Schwimmstößen erreichte er den Mann, als dieser schon unterging. Zum Glück war das Meer ruhig und das Wasser nicht allzu kalt. Martí drehte den Mann um und packte ihn am Kinn, und so schwamm er langsam weiter, bis er ihn zur Steinmauer schleppen konnte. Nun gab es ein Problem. Er fand nichts, woran er sich an der Mauer festhalten konnte. Der Mann war mager, doch seine mit Wasser vollgesogenen Kleider waren recht schwer und außerdem hinderlich. Martí blickte sich um, und da empfand er tatsächlich Angst. Er wollte nicht glauben, dass sein Abenteuer und all seine Pläne im Wasser des Hafens von Famagusta enden sollten. Während er an Laia dachte, entdeckte er eine Art Holzplatte, die in annehmbarer Entfernung auf dem Wasser trieb und von der mehrere Leinen mit Miesmuscheln herabhingen. Dorthin schwamm er nun mühsam und schleppte die Gestalt weiter mit. Da kam der Mann offenbar zu sich, er erbebte und klammerte sich wie eine Klette an ihn, sodass er ihn nicht vorankommen ließ. Ihm blieb nichts anderes übrig, als dem anderen einen kräftigen Schlag gegen die Kinnlade zu versetzen. Der Mann erschlaffte und nun
ließ er sich leichter bewegen. Eine letzte Anstrengung, und er konnte mit der freien Hand eine Leine festhalten. Die ausgezackten

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