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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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wartete, dass seine Diener den Kessel herausbrachten, aus dem man die Armensuppe verteilte.
    Der erschöpfte Bote war in der Nacht eingetroffen, und seine Nachricht kündigte sich als so dringlich an, dass der Koadjutor nicht zögerte, den Bischof zu wecken, obwohl dieser nach dem Laudesgebet kaum geruht hatte. Wenn ein Sendbote des Papstes etwas wirklich Eiliges brachte, so lauteten die Losungsworte: »Der Hahn wird dreimal krähen.« Seine Sekretäre hatten dann die Anweisung, ihn zu wecken oder zu holen, ganz gleich, wie spät es war. Er kleidete sich rasch an. Es wäre seines hohen Rangs unwürdig gewesen, dass ihn ein Kurier ohne seine feierliche Amtstracht gesehen hätte: Die Kutte macht ja tatsächlich den Mönch aus, und der äußere Schein bewirkt, dass die meisten Menschen Hochachtung und Respekt empfinden. Er besah sich flüchtig in seinem polierten Kupferspiegel. Dieser zeigte ihm eine imposante Gestalt, die ein würdevolles violettes Obergewand trug, und einen Kopf, der mit einem die Tonsur verbergenden Scheitelkäppchen bedeckt war. Er war mit dem Spiegelbild zufrieden und ließ den Sendboten in seine Privatgemächer kommen. Dieser war noch mit dem Staub des Weges bedeckt, sodass sein Gesicht wie eine undurchschaubare Maske wirkte. Er kniete vor dem Abt nieder, küsste dessen Ring, holte aus seiner Gürteltasche ein versiegeltes Pergament und übergab es ihm. Der Abt befahl dem Laienbruder, der den Boten hergebracht hatte, man solle ihn verpflegen und ausruhen lassen. Er selbst blieb allein im Zimmer, um das unwillkommene Schreiben zu lesen. Darin hieß es:
    Gegeben zu Rom, in der Engelsburg, am 16. Mai 1052
     
    Werter Bruder in Christo!
     
    Die Botschaft, die ich Euch übermittle, ist von größter Bedeutung und verlangt, unbedingt diskret behandelt zu werden. Unter den gegenwärtigen Umständen dürfen die Neuigkeiten, die ich Euch mitteile, keinesfalls bekannt werden und Neugierigen zu Ohren kommen, die sie weiterverbreiten könnten. Deshalb vertraue ich Eurem klugen Verstand und Eurer bewährten Verschwiegenheit.
    Hierbei kommt es zu sehr auf das Kräftegleichgewicht der Staaten an, als
dass ein gewissenloser Feind der Kirche sich dieser Information unrechtmäßig bedienen und dem wahren Glauben schweren Schaden zufügen darf, denn das Beispiel der Fürsten ist maßgeblich für die gute Regierung der Untertanen, und ein schlechtes Beispiel wäre unheilvoll nicht nur für die Grafschaft Barcelona, sondern auch für die gesamte Christenheit, die sich nun der gewaltigen Macht der Horden des Lügenpropheten entgegenstellt. Ebenso ist es äußerst wichtig, alles zu verhindern, was dazu führen kann, dass die katalanischen Grafschaften, die stets ein unsicheres Gleichgewicht bewahren, miteinander kämpfen, anstatt sich gegen den wahren Feind zu wenden. Er versteckt sich abwartend am Fluss Ebro, dieser natürlichen Grenze zu den kriegerischen Königreichen Lérida und Tortosa, die heute von den streitbaren Söhnen des klugen Ibn Ahud von Zaragoza regiert werden.
    Aus zuverlässigen Quellen – vergesst nicht, dass Abt Sant Genís der Beichtvater der Gräfin Almodis ist – sind mir – gewiss zutreffende – Neuigkeiten zu Ohren gekommen, dass es heftige Streitigkeiten zwischen Gräfin Ermesenda und ihrem Enkel, dem Grafen von Barcelona, geben könnte. So etwas widerspricht den Interessen der Kirche, denn alles, was zu Autoritätsverlust und Unordnung führt und die Untertanen zum Ungehorsam verleitet, ist der Sache der Christenheit abträglich und hilft ihr nicht im Geringsten.
    Mein lieber Abt, Ihr seid für ein ernstes Problem zuständig, das an der Wurzel gepackt werden muss, weil wir sonst in unangenehme Schwierigkeiten geraten könnten. Eurem Urteil überlasse ich es, wie man sich der entsprechenden Mittel hierfür am besten bedient. Ich beschränke mich darauf, Euch über die Vorgeschichte zu unterrichten.
    Euer Graf Ramón Berenguer I. von Barcelona, der Witwer der Gräfin Elisabet und heutige Gemahl der Blanca von Ampurias, ist ja schon vor einem Jahr in den Orient aufgebrochen, denn er sollte über Angelegenheiten verhandeln, die von Bedeutung für die Grafschaft sind, und mich auf seiner Rückreise aus erster Hand unterrichten und mir seine Meinung über den Islam vortragen, den er gut kennt, weil er einen so gefährlichen und verschlagenen Feind vor der eigenen Haustür hat. Nach unserer Unterredung machte er Station in der Burg von Pons III. von Toulouse, wo es zu unbeschreiblichen

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