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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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Männer des Gefolges beim Absteigen machten. Der Graf von Barcelona übergab seinem Knappen den Helm, zog die Kapuze des Kettenhemds zurück, die sein Gesicht eingerahmt hatte, und hörte dem Vertreter der Burg zu.
    »Verzeiht. Nun stehe ich Euch zur Verfügung.«
    »Im Namen meines Herrn begrüße ich Euch, Herr Graf, und bitte Euch, dass Ihr geruht, mir zu folgen. Ich begleite Euch zum Burghauptmann. Er kümmert sich dann um Euch.«

    »Sorgt für meine Truppe, und gebt den Männern, was sie brauchen, damit sie und ihre Tiere sich erholen können.«
    »So wird es geschehen, Herr«, stimmte der Mann in respektvollem Ton zu. »Gastfreundschaft ist ein Vorzug, der das Grafengeschlecht von Toulouse auszeichnet.«
    Der Graf von Barcelona folgte dem Offizier, und hinter ihm lief sein Knappe, dem er Schwert und Schild übergeben hatte, um Vertrauen und Ehrerbietung zu bekunden, wie es der Regel entsprach, wenn ein Adliger einen Verwandten oder einen anderen gleichrangigen Adligen besuchte.
    Die Burg von Toulouse war eher ein Stadtschloss als eine Festung. Ihre Bauweise zeigte einen edlen Geschmack: Der kunstvoll bearbeitete Stein der Erker sowie der Reichtum und die Pracht der Räume, durch die das Gefolge schritt, ließen einen Sinn für Schönheit und ein Raffinement erkennen und unterschieden sich damit grundsätzlich von den schmucklosen Festungen in Barcelona, Gerona und Osona, wo man sich hauptsächlich um Sicherheit sorgte, wie es die Nähe zum Islam und die Angriffslust der benachbarten Grafschaften erforderlich machten. Der Offizier blieb in der Kammer des Burghauptmanns zurück. Er stellte ihm den Gast vor und ließ sich von ihm ablösen. Die anderen liefen weiter. Schließlich gelangten sie zu einer großen, meisterhaft bearbeiteten Eichentür, deren Holz das Hobelmesser und der Stechbeitel eines geschickten Zimmermanns mit einem schönen, das Wappen des Geschlechts von Toulouse darstellenden Relief verziert hatten. Auf beiden Seiten standen zwei Posten mit eingelegter Hellebarde in der rechten Hand und dem spitz zulaufenden Rundschild in der linken und bewachten den Eingang. Als sie den Burghauptmann erblickten, nahmen sie Haltung an und warteten auf Befehle.
    »Meldet dem Kammerherrn, dass der erlauchte Gast eingetroffen ist.«
    Der erste Posten verließ seinen Platz und öffnete einen Flügel des Portals. Nachdem er einige Worte gesagt hatte, schloss er ihn wieder und wandte sich an den Offizier.
    »Ich habe Eure Anwesenheit schon gemeldet. Seid so gütig und geduldet Euch einen Augenblick.«
    Er hatte diese Worte kaum ausgesprochen, als das Portal wieder aufging und der kahle Kopf Roberts von Surignan, des Großrats des Grafen Pons von Toulouse, hereinschaute.

    »Tretet ein und seid willkommen, hoher Herr. Graf Pons von Toulouse und Gräfin Almodis de la Marche erwarten Euch.«
    Der Kammerherr klopfte dreimal mit der Metallspitze seines Amtsstabs auf die Bodenbretter und kündigte den Namen des Gastes an.
    »Verehrte Herrschaften! Ramón Berenguer I., der Graf von Barcelona, Gerona und Osona, ersucht um Audienz.«
    Der Gast machte einen Schritt nach vorn und betrat den prächtigen Saal.
    Der Raum war wirklich prunkvoll. Der Barceloneser Graf hatte noch nie etwas Ähnliches gesehen. Der Saal war lang gestreckt: Über sechs Maueröffnungen auf jeder Seite hingen reich verzierte Wandteppiche und bewahrten die Wärme, die von zwei großen seitlichen Kaminen gespendet wurde, in denen riesige Holzscheite brannten. Die Wände waren mit Wappenschilden geschmückt, und zwischen ihnen befanden sich gewaltige Ständer. Sie trugen dicke Fackeln, die den großen Saal erhellten. Doch das größte Aufsehen erregten die polierten Metallflächen, die um die brennenden Leuchten aufgestellt waren, das Licht abschirmten und es bis ins Unendliche vervielfältigten. Schließlich hingen von der hohen Decke noch drei vergoldete Lampen aus mehreren konzentrischen Kreisen im karolingischen Stil, die ebenfalls mit Kerzen umgeben und an dicken Stricken befestigt waren. Diese liefen über Blockrollen und waren an seitliche Eisenzapfen gebunden, was ihre Säuberung und Pflege erleichterte. Im Hintergrund, auf Thronsitzen, die unter einem goldenen Baldachin standen, warteten der Graf und die Gräfin von Toulouse.
    In anmutiger und stolzer Haltung, mit festen und gemessenen Schritten lief Ramón weiter. Doch je näher er dem Thron kam, desto mehr ließ die Erscheinung der Gräfin Almodis den prächtigen Saal, die behagliche Atmosphäre,

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