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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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an den Rand des Pergaments setze. Es ist ein kabbalistisches Symbol, das wir als Kinder zum Spiel in die Baumrinden eingeritzt haben. So wissen wir, dass der andere den Brief schickt. Gebt ihn mir.«
    Martí gab ihm den Brief, und Hassan holte ein Tintenfläschchen und eine Feder aus seinem Beutel, drückte das Pergament auf den Tisch und zeichnete an einem Rand die Buchstaben X und P, die in einem Kreis eingeschlossen waren. Martí erinnerte sich, dass er das gleiche Zeichen auf dem kleinen Bild an der Wand des Zimmers gesehen hatte. Als Hassan fertig war, fügte er darunter noch einen Haken hinzu.
    »Lasst es trocknen.«
    »Passt auf, Hassan. Ihr sollt wissen, wenn das, was ich mir ausgedacht habe, so gelingt, wie ich es hoffe, mache ich Euch zum reichsten Mann Famagustas.«
    »Mein Reichtum besteht darin, dass ich Euch kennengelernt habe. Außerdem ist man umso reicher, je weniger man braucht. Ich besitze schon den größten Schatz auf dieser Insel. Geht mit Eurem Gott, und möge Er Euch begleiten.«
    Martí umarmte Hassan gerührt, nahm seine Siebensachen und lief zum Hafen, ohne ein Wort hinzuzufügen.

53
    Das Opfer wird eingekreist
     
    D ie Ereignisse überstürzten sich. Laia überlegte hin und her, wie sie Zeit gewinnen könnte, und wartete auf ein Wunder. Im tiefsten Innern hegte sie den Wunschtraum, dass Martí zurückkehrte. Inzwischen irrte sie wie eine arme Seele durchs Haus und grübelte, wie sie mit Omar in Verbindung treten könnte, denn sie hatte ihn einmal kennengelernt und wusste, wo er zu finden war. Immer, wenn sie konnte, lief sie vor der Tür umher, die zur Kellertreppe führte und ständig von einem Posten bewacht war.
    Nach dem Essen klopfte es an ihre Tür, und Bernat Montcusí trat ins Zimmer, ohne auf ihre Erlaubnis zu warten. Laia, die auf ihrem Bett lag, sprang mit einem Satz auf. Der Mann setzte sich auf einen Stuhl und forderte sie auf, ebenfalls Platz zu nehmen. Trotzdem blieb Laia stehen.
    »Es schmerzt mich, dass du dich nicht mit an den Tisch setzt, um mit mir zu essen. So etwas ist unhöflich, aber es beunruhigt mich nicht. Dafür macht mir wirklich Sorgen, was mir deine Erzieherin mitteilt: dass die Speisen, die man dir aus der Küche hochbringt, wieder zurückgehen, ohne dass du etwas angerührt hast.«
    »Ich habe keinen Hunger, murmelte Laia, die unfähig war, ihrem Stiefvater ins Gesicht zu blicken.
    »Das ist bedauerlich, weil ich angewiesen habe, dass man deiner Sklavin, die übrigens einen sehr schlechten Eindruck machte, als ich sie das letzte Mal gesehen habe, die gleiche Essensration gibt, die du zu dir nimmst. Natürlich nicht von der gleichen Qualität. Also gut, wenn du dich weigerst zu essen, muss sie fasten.«
    Laia spürte, dass eine Welle des Zorns ihren Körper erbeben ließ.
    »Ich habe Euch nie gemocht, und ich konnte nie verstehen, warum Euch meine Mutter zum Mann genommen hat. Trotzdem hätte ich Euch nie für fähig gehalten, solche Gemeinheiten zu begehen.«

    »Ich muss mich um dich kümmern, meine Liebe. Darum hat mich deine Mutter inständig gebeten. Wenn du nicht essen willst, muss ich zu Mitteln greifen, um dich zu zwingen. Ich will nicht, dass dein blühendes Gesicht verwelkt. Ein Gärtner muss die ihm anvertrauten Rosen pflegen, und ich tue nichts anderes.«
    »Was soll ich tun, damit Ihr Erbarmen mit Aixa habt?«
    »Wenn du freiwillig den Brief schreibst, den ich dir diktieren werde, und wenn du mir sagst, wie ich ihn deinem Galan übermitteln kann, stimmt mich das vielleicht milde.«
    Ohne zu antworten, setzte sich Laia an ihren Schreibtisch und machte sich bereit, nach dem Diktat dieses niederträchtigen Menschen zu schreiben. Sie wollte alles tun, um Aixa zu retten. Sie fragte in ungewöhnlich gleichmütigem Ton: »Pergament oder Kalbsleder?«
    Bernat war von der Haltung des Mädchens angenehm überrascht und versuchte, liebenswürdig zu sein.
    »Nimm das gleiche Material wie üblich. Nichts darf deinen Liebhaber überraschen.«
    Diese Äußerung Bernats brachte Laia auf einen Einfall. Üblicherweise benutzte sie grüne Tinte, setzte ein kleines Kreuz neben das Datum und besprühte die Briefe, die sie Martí schickte, mit Rosenwassertropfen. Diesmal unterließ sie so etwas, weil sie hoffte, dass Martí etwas Ungewöhnliches bemerken und nach einer Erklärung suchen werde. Sie nahm ein Pergamentblatt aus ihrer Mappe, öffnete ein kleines Tintenfass mit schwarzer Tinte, steckte das Ende des Gänsekiels hinein und blickte hoch, weil sie auf die

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