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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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dessen Lanze beiseite. Das Mädchen, das diese Treppe niemals betreten hatte, eilte ihm hinterher, wobei sie kaum mit ihm Schritt
halten konnte. Als Bernat zum zweiten Keller kam, ergriff er eine der Fackeln, die die feuchten Wände erleuchteten, und trat zu dem Aufseher, der auf einem Schemel an einem kleinen Tisch schlummerte und den Kopf zwischen den Armen stützte. Der Ratgeber weckte ihn mit einem Fußtritt.
    »Nennst du das Wachehalten, du blöder Kerl? Ich sorge dafür, dass man dir den Rücken mit einer Eschenrute verbläut, bis dir die Eingeweide herausplatzen. Schließ sofort die Zelle hinten auf!«
    Der Mann, der leichenblass und trotz seiner Körperfülle unerwartet behende geworden war, sprang blitzschnell vom Schemel auf, nahm ein Schlüsselbund von einem Wandhaken und lief zu der angegebenen Tür, die er sogleich aufschloss. Dann trat er zur Seite, um die beiden durchzulassen. Die Fackel des Ratgebers beleuchtete die Szene.
    Auf einer Steinbank im Hintergrund der Zelle ruhte eine reglose Gestalt.
    Bernats Stimme hallte an den Wänden wider.
    »Da hast du sie! Mal sehen, ob du sie wiedererkennst.«
    Laia näherte sich der Gestalt und nahm ihr eine fadenscheinige Decke ab. Eine verfilzte Haarmasse verbarg das Gesicht der dort liegenden Person. Laia schob die Haare beiseite. Zwischen den blutgetränkten Strähnen erschienen die verschwollenen Gesichtszüge ihrer Sklavin. Das Mädchen konnte kaum ein Wort hervorbringen.
    »Was haben sie dir angetan, liebe Freundin?«
    Aixa starrte sie an, ohne sie zu erkennen.
    Bernats Stimme erklang hinter ihr.
    »Das ist nichts im Vergleich mit dem, was ich tun kann.«
    Laia sprang hoch.
    »Ihr seid eine schmutzige Bestie! Ihr ekelt mich an!«
    »Noch lebt sie. Und wenn du vernünftig bist, lebt sie weiter. Wenn du nicht auf mich hörst, ziehe ich ihr bei lebendigem Leibe und vor deinen Augen die Haut ab. Ich gebe dir einen Tag, damit du dich entscheidest. Wenn du gut und besonnen bist, rettest du ihr das Leben, obwohl es nichts wert ist. Also liegt alles in deiner Hand. Und nun geh in dein Zimmer und überlege: Für mich steht fest, dass du mein großzügiges Angebot annimmst. Halte dich von jetzt an bereit. Ich entscheide, wann es das erste Mal sein soll. Das ist etwas, woran jede Frau ihr ganzes Leben denkt.«

52
    Der gute Samariter
     
    D er Abfahrtstag war gekommen. In Martís Kopf spukten unzählige Ideen herum, und sein Herz nährte eine Fülle von Hoffnungen. Sein Instinkt sagte ihm, dass er auf dem richtigen Weg war, um das ersehnte Ziel zu erreichen.
    Der Ausflug nach Pelendri erwies sich als nutzbringend und die Begegnung mit Theophanos Avidis als erfolgreich. Der Mann, ein guter Freund von Basilis Manipoulos, kannte sich im Kupferhandel gründlich aus. Er war nicht nur Zwischenhändler, sondern betrieb auch eine Mine. Er machte ihm einen angemessenen Preis, um verschiedene Gefälligkeiten zu vergelten, die er dem Griechen schuldig war. Für ihn gab er Martí einen Topf mit einem rötlichen, duftenden und harzigen Stoff mit, den er »Myrrhe« nannte und der, wie er erklärte, außerordentlich wertvoll und bei der Parfümherstellung sehr geschätzt war. Martí merkte sich dieses Produkt und gab Avidis den Auftrag, eine beträchtliche Menge für eine zukünftige Reise bereitzuhalten, wofür er ihm den halben Preis im Voraus bezahlte.
    Nachdem er seine Geschäfte abgeschlossen hatte, fuhr er in Elefterios’ Wagen nach Famagusta zurück. Am Abend kamen sie im Minotauros an. Nachdem Martí seinen Kutscher verabschiedet hatte, fragte er Nikodemos, ob es etwas Neues gebe. Manipoulos’ Nachricht war eingetroffen. Die Stella Maris würde am Abend des nächsten Samstags auslaufen, und Martí sollte am Nachmittag zum Strand kommen, denn der Grieche wollte die Flut für die Abfahrt nutzen. Ihm blieb also eine dreitägige Frist.
    Als er seinen Beutel vom Boden aufgehoben hatte und zur Treppe lief, ließ sich Nikodemos hinter ihm vernehmen.
    »Ach! Außerdem ist heute Morgen ein Mann gekommen und hat nach Euch gefragt. Er wollte wissen, wann Ihr zurückkommt, denn er
müsse Euch einen Brief geben, den er nicht dalassen wolle. Ich habe mich nach Euren Erklärungen gerichtet und geantwortet, dass Ihr sehr bald zurück seid. Er hat gesagt, von heute an werde er jeden Morgen kommen, aber Ihr solltet auf keinen Fall abfahren, ohne ihn vorher zu treffen.«
    Obwohl Martí von den vielen Strapazen ermüdet war, konnte er keinen Schlaf finden. Bald dachte er an das Treffen mit

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