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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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Stadt verlassen hatte. Es waren so viele Ereignisse zusammengekommen, dass er ein Reisetagebuch begonnen hatte, worin er seine Erfahrungen, seine Erfolge und die Ziele notierte, die er sich vorgenommen hatte. Als er in Sidon ankam, nutzte er die Gelegenheit, um Yeshua Hazan zu besuchen, ihm noch einmal für seine klugen Ratschläge zu danken und ihm von all seinen Geschäften zu berichten, außer selbstverständlich vom »Griechischen Feuer«, eine Angelegenheit, über die er strengstes Stillschweigen bewahrte. Der Vorsteher der Kaufleute gratulierte ihm zu seinem Glück, und nachdem er ihm seine Hilfe für alles Notwendige angeboten hatte, gab er ihm drei Briefe. Mitgebracht hatte sie ein Kapitän der Schiffe, die mit der mächtigen jüdischen Gemeinde von Sidon Handel trieben. Der erste Brief kam von Laia, und aus dem Datum ging hervor, dass er ein Jahr alt war. Den zweiten hatte ihm sein Diener Omar geschickt, und den dritten Baruch Benvenist. Sobald sich Martí in das Zimmer zurückgezogen hatte, das er im Haus des Juden bewohnte, überflog er eilig die Briefe. Natürlich begann er mit dem Schreiben seiner Geliebten, das auf ihn niederschmetternd und schrecklich enttäuschend wirkte. Er las es immer wieder, ohne dass er ganz begriff, was vorgefallen war. Dann stellte er Vermutungen an und suchte nach Erklärungen: Daran schuld war vielleicht die lange Zeit, die vergangen war, denn seine Abwesenheit dauerte nun schon beinahe zwei Jahre und hatte womöglich das Gemüt des Mädchens negativ beeinflusst. Laia war sehr jung und Barcelona eine große Stadt voller Versuchungen. Nachdem er jedoch Omars Brief geprüft hatte, überlegte
er weiter und entdeckte klare Anzeichen, dass jenes andere Pergament eine verborgene Botschaft enthielt.
    Sein Vertrauter hatte ihm geschrieben:
    Barcelona, am 10. Oktober 1054
     
    Mein verehrter Herr!
     
    Herr Benvenist war so gütig, diesen Brief niederzuschreiben, damit ich Euch berichten kann, was sich hier zugetragen hat.
    Erstens muss ich Euch sagen, dass sich die Geschäfte vortrefflich entwickeln, und jeden Tag benötige ich mehr Hilfe, damit ich alle bewältigen kann. Darum habe ich es gewagt, Herrn Andreu Codina demütig zu bitten, mich zu unterstützen, denn ich kann so viele Aufgaben nicht ohne Einbußen wahrnehmen: mit den Bauern den Ankauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu vereinbaren, mich um die Mühlen und Weinberge von Magòria zu kümmern, bei allen Streitigkeiten zu vermitteln, zu denen es zwischen unseren Wasserpächtern kommt, indem ich sie, so wie Ihr angeordnet habt, zu Don Baruch Benvenist bringe, zu den Schiffszeughäusern zu gehen, um festzustellen, ob ich mit Kapitän Jofre bei der Aufgabe zusammenarbeiten kann, Euer Schiff fertigzustellen, das schon im Wasser schwimmt und bald seetüchtig ist... Schließlich vergeht die Zeit rasch, und obwohl ich um zwölf schlafen gehe und um sechs aufstehe, schaffe ich jedenfalls nicht alles.
    Den Anweisungen entsprechend, die mir Herr Baruch erteilt hat, habe ich einem Boten den Anteil der Marktgewinne übergeben. Er hat mich übrigens gefragt, wann Ihr zurückkommt. Mir ist noch etwas aufgefallen: Den Brief, den ich Euch beilege, hat mir nicht Aixa gebracht. Ich erhielt ihn in unserem Laden von einer Unbekannten. Von einer Frau, die tatsächlich einen äußerst schlechten Eindruck auf mich gemacht hat. Bevor sie ging, fragte sie mich, ob ich ihr einen Brief auszuhändigen hätte. Ich habe geantwortet, wie Ihr mich angewiesen habt: Ich sagte ihr, dass ich mit solchen Sachen nichts zu tun habe, denn es fehle mir nicht an Arbeit, und mein Auftrag sei es, alle mir anvertrauten Briefe an meinen Herrn weiterzuleiten, weil ich als Einziger Bescheid wisse, wo er sich aufhalte, er aber schicke seine Mitteilungen auf direktem Wege. So habe ich die Sache geklärt.
    Beinahe täglich sehe ich Don Baruch Benvenist, und immer wenn ich das Glück habe, ihm zuzuhören, lerne ich von seiner Gelehrsamkeit und Klugheit. In diesen Tagen kommt er mit Leuten aus dem Call pünktlich zu den
Schiffszeughäusern. Er unterhält sich immer wieder mit Kapitän Jofre und freut sich über die Lademöglichkeiten des Lagerraums, legt endlose Listen mit Einzelheiten an, die ich für unbedeutend halte, die aber offensichtlich sehr wichtig sind. Wie ich gehört habe, hat der Kapitän schon die Besatzung zusammengestellt. Er hat sie geduldig und sorgfältig zusammengeholt und ist dafür nicht, wie es beinahe alle anderen Kapitäne tun, in die

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