Das Vermächtnis des Martí Barbany
alles würde die Gemeindekasse spürbar entlasten«, ergänzte Olderich.
»Wann kann ich dieses Wunder sehen?«
»Auf der Stelle, Herrin, wenn es Euch so gefällt«, antwortete Martí.
»Dann kümmern wir uns darum.«
»Da ich weiß, dass es besser ist, etwas zu sehen, als es zu erklären, habe ich ein Muster der Erfindung mitgebracht«, teilte Montcusí mit.
»Gut. Wo findet die Vorführung statt?«
»Im Pferdehof, wenn Ihr nichts dagegen habt.«
»Einverstanden.«
»Wenn Ihr es mir gestattet, gehe ich los, um alles herzurichten. Am Eingang habe ich zwei meiner Männer mit dem fertigen Gerät stehen. Wenn Ihr hinunterkommt, wird alles bereit sein, und Ihr verliert keinen Augenblick.«
»Das ist mir recht, Martí.«
Martí Barbany ging mit dem Rücken zur Tür hinaus, wie es ihm der Ratgeber eingeschärft hatte.
75
Edelmunda
D er Hass, der in Edelmundas Herzen überschäumte, hielt sie am Leben, und ihre Erinnerungen schweiften ständig zu dem Tag zurück, an dem ein Jahr zuvor ihr Sturz in den Abgrund begonnen hatte.
Bei dieser verhängnisvollen Reise beförderte man sie auf einem Karren: Sie war ungepflegt, hatte wirres Haar, und in ihren Augen spiegelten sich Entsetzen und Wut. Zwei Dinge peinigten sie. Zum einen fürchtete sie sich vor dem Unbekannten, denn sie wusste nicht, wohin man sie brachte und wie lange sie aus Barcelona verbannt sein würde; zum anderen dachte sie über die ungerechte Strafe nach, die man ihr auferlegt hatte, denn ihr einziges Vergehen hatte darin bestanden, die Anweisungen ihres Herrn getreulich auszuführen. Dass sich die Dinge nicht wie geplant entwickelt hatten, war nicht ihre Schuld, und dennoch musste sie für den zügellosen und jähzornigen Charakter ihres Herrn büßen, was sie für eine schreckliche Ungerechtigkeit hielt. Man durfte eine ehrbare und wohlerzogene Frau nicht wie eine Geächtete behandeln. Aus dem Licht, das durch die Spalten drang, schloss sie, dass es Abend wurde, doch es sah nicht so aus, als würde die Fahrt bald enden.
Der Karren holperte stärker, und das zeigte ihr, dass sie die Hauptstraße verlassen hatten und nun auf einem Feldweg fuhren. Der Fahrer pfiff häufiger und knallte mit der Peitsche, um die Maultiere anzutreiben, weil sich der Weg immer steiler emporschlängelte. Edelmunda kauerte sich im hinteren Teil des Karrens zusammen und grübelte weiter über ihr Unglück nach.
Seit Laias Tod hatten sich die Ereignisse überstürzt, sodass die Erinnerungen in ihrem Gedächtnis durcheinandergerieten. Nach der Katastrophe vergingen mehrere Stunden, und niemand wagte es, ihren Herrn zu belästigen. Dieser hatte sich in seine Räume zurückgezogen, und deren
Türen blieben fest verschlossen. Nicht einmal Conrad Brufau getraute sich, ihn zu stören, und selbst der Verwalter brachte nicht den Mut auf, ihm etwas zu essen anzubieten. Das Leben im Haus stand still. Die Leute liefen unschlüssig umher, und jeder erfüllte bloß mechanisch seine Pflichten. Nach zwei Tagen erschien der Graf von Barcelona persönlich, zusammen mit Almodis und mehreren Angehörigen seines Gefolges, um dem Ratgeber sein tiefstes Beileid zu bekunden. Dieser kam aus seinem Zimmer, und vor seinem Herrn zeigte er sich in schwarzem Obergewand, mit abgezehrtem Gesicht und Asche an der Stirn, um seinen Schmerz zu äußern. Er fiel vor dem Grafen zerknirscht auf die Knie nieder und dankte dem Grafenpaar für die Gunst, die es seinem bescheidenen Diener erweise. Nach langem Hin und Her, denn der Körper einer Selbstmörderin musste außerhalb des Friedhofs begraben und manchmal auch enthauptet werden, und da die Gräfin drängte, die sich von der Erklärung ihres Beichtvaters Eudald Llobet beeinflussen ließ, das Mädchen sei reuig und nach einer Beichte gestorben, gestattete der Bischof, dass sie auf dem kleinen Friedhof von Sarrià beerdigt wurde.
Am nächsten Tag, als wäre die Trauerzeit mit dem Besuch des Grafenpaars beendet, nahm das Leben wieder seine übliche Ordnung an, und Edelmunda wurde zum Ratgeber gerufen. Die Frau, die nun hinten im Karren kauerte, erinnerte sich an jede Einzelheit dieses Geschehnisses.
Sie wurde ihm mit gefesselten Handgelenken vorgeführt und zitterte wie Espenlaub. Die Stimme ihres Richters hallte noch in ihrem Innern nach.
»Eure Unachtsamkeit ist schuld, dass ich den schlimmsten Schmerz erlitten habe, den mir jemals ein Mensch zugefügt hat. Der Tod wäre nur eine unzureichende Strafe, er würde Euer Leben und damit Eure Leiden
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