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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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nicht wahr ist, könnt Ihr denken, dass es die anderen Einzelheiten auch nicht sind und dass ich womöglich dem gräflichen Ratgeber gegenüber böse Absichten hege, doch wenn meine Behauptung zutrifft, müsst Ihr verstehen, dass auch die übrige Geschichte stimmt.
    Benutzt diese Mitteilungen, wie es Euch gefällt. Ich kann nun endlich in Frieden sterben.
     
    EDELMUNDA, die ehemalige Dienerin
Don Bernat Montcusís
    Alle Farbe hatte Martís Gesicht verlassen, sodass Ruth schnell zu ihm trat, während Omar laut rief, jemand solle ein Glas Wein bringen. Er hielt Martí an den Armen fest und zwang ihn, sich zu setzen.

82
    Gespräch in der Kathedrale
     
    A m nächsten Tag wartete der totenblasse, vollständig schwarz gekleidete Martí im Kapitelsaal der Kathedrale, dass Eudald Llobet im Licht einer Öllampe den Brief zu Ende las, den er ihm gegeben hatte. Die letzte Nacht war eine der längsten seines Lebens gewesen. Sobald er den Brief gelesen hatte, war er in seinem Zimmer verschwunden. Das Bild seiner lieben Laia, die von ihrem bösen Stiefvater vergewaltigt wurde, während er seine abenteuerliche Weltreise genoss, erfüllte ihn mit Gewissensbissen. Wie ein eingesperrtes Raubtier hatte er seinen Zorn ausgetobt, indem er wütend auf Türen und Möbel einschlug, bis ihn Erschöpfung und Tränen zu Boden warfen. Nachdem nun einige Zeit vergangen war, hatte sich sein Zorn in dumpfen Groll verwandelt, und seine geröteten Augen glühten voller Rachedurst und Schmerz.
    Der Domherr blickte von dem Pergament auf und sah seinen Freund an.
    »Was sagt Ihr dazu, Eudald?«
    Der Priester zögerte.
    »Es wäre sehr langwierig und schwierig, das zu erklären.«
    »Soll ich das so verstehen, dass Ihr etwas von dieser ganzen Geschichte wusstet?«
    »Nun, was ein Priester in der Beichte hört, wird vom strengsten Stillschweigen geschützt.«
    »Aber Ihr seid mein Freund!«, entgegnete Martí mit lauterer Stimme.
    »Das befreit mich nicht von der Pflicht, meine Gelübde einzuhalten. Christus ist mein bester Freund und der Einzige, den ich nicht kränken darf.«
    »Ihr habt mich enttäuscht, Eudald.«
    »Ich musste eine schwere Wahl treffen: Entweder hatte ich mich für
Euch oder für meinen Auftrag als Geistlicher zu entscheiden. Glaubt mir, Martí, ich habe viel gelitten, und es hat mich viele Stunden Schlaf gekostet, weil ich pflichtschuldig handeln musste.«
    »Aber dann... Soll ich glauben, dass Ihr eine derartige Ungeheuerlichkeit zulasst, ohne Partei zu ergreifen?«
    »Das Ordenskleid, das ich trage, ist meine Partei. Ich darf nichts zulassen und nichts ablehnen. Es ist mein Auftrag, die Sünde zu hassen, mich des Sünders zu erbarmen und, falls das möglich ist, für seinen Seelenfrieden zu sorgen. Ich darf nicht das Vertrauen enttäuschen, das Petrus in mich als Vertreter der Kirche gesetzt hat, als er mir die Macht gab, denen die Sünden zu vergeben, die reuig zu mir kommen, und noch viel weniger darf ich jemandem weitererzählen, was ich in der Beichte gehört habe.«
    »Also gebt Ihr zu, dass Ihr eine solche Niedertracht gehört habt?«
    »Martí, nötigt mich nicht, gegen meine Gelübde zu verstoßen. Ich sage Euch noch einmal, dass es nicht in meiner Macht steht, jemanden zu richten: Mein Auftrag ist es, zu verzeihen. Das Einzige, was ich tun kann, nachdem ich dieses Dokument gelesen habe, ist, dass ich erkläre, Bescheid zu wissen.«
    Martís Hände zitterten. Er schien kurz davor, etwas Unüberlegtes zu tun.
    »Nehmt Euch bei den Entscheidungen in acht, die Ihr von jetzt an treffen wollt. Der Ratgeber ist einer der Prohomes Barcelonas, der Graf hält viel von ihm, und seine Fangarme reichen überallhin.«
    »Wenn ich nicht wie Ihr mit gutem Gewissen handle, kann ich mich nicht wieder im Spiegel anschauen, ohne dass mich Ekel überkommt.«
    »Was wollt Ihr tun?«
    »Am liebsten möchte ich ihn mit meinen eigenen Händen umbringen«, stieß Martí mit wutverzerrtem Gesicht hervor.
    Pater Llobet blickte ihn streng an.
    »Ich weiß, ich weiß«, murmelte der junge Mann. »Was werdet Ihr mir anderes raten, als dass ich mich zurückhalten soll?«
    »Ich kann Euch außerdem sagen, dass sich der Ratgeber nicht in der Stadt aufhält. Er hat sich mit der Abordnung des Grafen nach Murcia begeben«, erklärte der Geistliche und dankte innerlich Gott dafür. »Und das wird ein langer Feldzug, so viel ich weiß...«
    Martí senkte den Kopf und versuchte, den Groll zu bezwingen, der ihm das Herz zerriss.

    »Sehr gut. Ich werde

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