Das Vermächtnis des Martí Barbany
warten. Aber ich verspreche Euch etwas: Vorläufig wird kein einziger Mancuso von allem, was ich bei meinen Geschäften verdiene, in seinen Geldschränken landen. Allein der Gedanke daran ist mir zuwider.«
»Mir ist er ebenso oder noch mehr als Euch zuwider. Bedenkt aber, dass es schwerwiegende Folgen haben kann, und zwar nicht allein für Euch, sondern auch für alles, was mit Euch zu tun hat, sowohl Güter als auch Menschen.«
Martí stand auf.
»Der Augenblick ist gekommen, Stellung zu nehmen, Pater. Kann ich auf Euch zählen oder nicht?«
»Bei allem, was nicht meine Gelübde betrifft, ja. Dafür verbürge ich mich als Mensch und als Euer Pate, denn so fühle ich mich selbstverständlich.«
Obwohl sich Martís Augen mit Tränen füllten, sprach er weiter in festem Ton.
»Dann schlage ich Euch vor, dass wir uns überzeugen, ob es stimmt oder nicht, dass Aixa lebt oder an der Pest gestorben ist. Fällt Euch dazu etwas ein?«
»Ich denke daran, dass ich Schwert und Schild seit Langem an die Wand gehängt habe und dass vielleicht der Moment gekommen ist, sie abzustauben.«
Die vermummten Schatten trafen getrennt an der Tür eines Lagerhauses am Strand von Montjuïc ein. Wie Verschwörer blickten sie sich nach allen Seiten um. Nachdem man mit dem Griff eines Dolchs oder Messers an die Tür geklopft hatte, öffnete Omar und wies die Neuankömmlinge mit einer wortlosen Geste an, dass sie nach hinten kommen sollten. Die heimlichen Besucher schlüpften hinein und gingen zu einem Tisch, der von zwei Öllampen erhellt wurde. Darauf lag ein Plan ausgebreitet, der auf einem riesigen Pergament gezeichnet war. Martí trat als Gastgeber auf. Er erkannte Eudald Llobet, der sich als einfacher Bürger gekleidet hatte, Manipoulos, den griechischen Kapitän, Felet und Jofre, seine Kindheitsfreunde und nunmehrigen Teilhaber. Omar, der die Türen des Lagerhauses geschlossen hatte, kam ebenfalls näher.
»Gnädiger Herr, es ist alles ruhig. Wenn Ihr wollt, können wir anfangen. Ich bleibe draußen und halte Wache. Wenn Ihr mich pfeifen hört, nähert sich jemand.«
»Gut. Freunde, kommt alle heran«, murmelte der blasse Martí.
»Wenn es Euch recht ist, Eudald, erklärt Ihr die Angelegenheit, zu der meine Kapitäne bestellt sind. Das möchte ich nicht übernehmen, damit sie nicht denken, dass ich Druck auf sie ausübe.«
Der korpulente Domherr ergriff das Wort.
»Erstens möchte ich Euch danken, weil Ihr der Bitte Martís so schnell nachgekommen seid. Zumal es sich um ein Abenteuer handelt, das nichts mit dem Meer und Euren Verpflichtungen zu tun hat. Ich soll es Euch ganz genau erklären, denn es kann unangenehme Folgen haben.«
Jofre meldete sich im Namen der drei Kapitäne.
»Ich darf versichern, wie ich meine, dass uns als Einziges die Freundschaft und die Treue zu unserem Freund verpflichtet. Außerdem sind wir Männer. Wir glauben nicht, dass uns an Land größere Gefahren als die erwarten, die wir auf See bestanden haben und sicher weiterbestehen werden.«
»Es gibt viele Arten von Gefahren: Die einen sind offensichtlich und die anderen heimtückisch. Ein Skorpion unter einem Stein kann unendlich viel gefährlicher als ein Wolf sein, der von vorn angreift.«
»Lasst die Umschweife und kommt zum Kern der Sache. Das Einzige, was wir hier nicht zu viel haben, ist Zeit«, griff Manipoulos ein.
»Also gut, meine Herren. Es geht darum, ein Unrecht wiedergutzumachen. Aber bei diesem Abenteuer handeln wir ganz sicher gegen den Willen eines sehr mächtigen Mannes.«
Eine Gruppe von siebzehn Männern – vier ritten auf guten Pferden, und die übrigen saßen auf zwei Wagen – rückte auf Nebenwegen nach Terrassa vor. Die Männer hatten es vermieden, durch Ortschaften zu kommen, denn sie sahen nach allem Möglichen, nur nicht beruhigend aus. Jeder der drei Kapitäne hatte für dieses Unternehmen die vier Besten der Besatzungen – die Blüte der Galgenvögel – ausgewählt. Es waren Seebären, und wenn sie sich auch nicht allzu sehr von den finsteren Kerlen unterschieden hätten, die alle Mittelmeerhäfen bevölkerten, hätten sie doch gewaltiges Aufsehen erregt, wenn sie tagsüber durch das Landesinnere Kataloniens gereist wären. Man hätte sie für eine Räuberbande gehalten, an deren Spitze ein riesiger Hauptmann ritt. Eudald Llobet, der seine Abwesenheit in Barcelona damit entschuldigt hatte, dass er einen Auftrag im Dienst der Gräfin Almodis ausführte, befehligte die Expedition. Er saß auf einem
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