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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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Fabià. Ich
wünsche, dass Ihr mich über die Umstände aufklärt, und ich möchte auch Eure Meinung darüber erfahren.«
    »Während ich im Vorzimmer wartete, habe ich mich mit Herrn Brufau unterhalten. Er hat gesagt, dass er Euch über die Angelegenheit unterrichtet hat. Darum will ich mich kurz fassen. Es geschah in der letzten Freitagnacht des vergangenen Monats.«
    Eine gute Stunde lang berichtete Claramunt seinem Herrn, was in der Nacht vorgefallen war, als die Sklavin befreit wurde.
    »Das muss ich so verstehen, dass der Wachdienst mangelhaft war.«
    »Ich bekenne, dass dies zutrifft. Aber Ihr müsst bedenken, dass Terrassa eigentlich keine Festung ist, auch wenn das Gehöft von einer Mauer umgeben wird, und dass ich mich eher für Euren Steuereinnehmer als für etwas anderes halte. Wir leben in Frieden mit unseren Nachbarn, und in all diesen Jahren war nie etwas Besonderes vorgefallen.«
    »Das entschuldigt Eure Nachlässigkeit nicht.«
    »Ihr wollt sagen: die Nachlässigkeit des Offiziers, den Ihr an die Spitze der Garnison gestellt habt. Für den Wachdienst bin ich nicht zuständig. Ihr wisst ja, dass ich seit ein paar Jahren nicht mehr Burghauptmann bin. Da ich glaubte, Euren Wünschen zu entsprechen, habe ich jedenfalls den Anführer der Wache für seine Unachtsamkeit bestraft.«
    Bernat ließ dieses Thema vorläufig beiseite und wandte sich anderen Problemen zu, die für ihn weitaus interessanter waren.
    »Habt Ihr keinen erkannt?«
    »Es war dunkle Nacht. Sie haben mich im ersten Schlaf überrumpelt. Es wurde nichts beschädigt und auch kein Tropfen Blut vergossen. Derjenige, der die Gruppe offenbar anführte, hat sich auch gar keine Mühe gegeben, seinen Namen zu verheimlichen.«
    »Und wie hat er sich genannt?«
    »Er stellte sich als Martí Barbany von Montgrí vor und sagte, dass er Euch gut kenne.«
    Fabià von Claramunt beobachtete, wie ein paar dicke Schweißtropfen über das gerötete Gesicht des Ratgebers rannen. Doch dieser konnte die Fassung wiedergewinnen und befahl: »Sprecht weiter.«
    »Es waren ungefähr fünfzehn oder zwanzig Männer, die von einem dicken Kerl kommandiert wurden. Der, der seinen Namen genannt hat, übernahm die ganze Verantwortung für diese Tat.«
    »Also dann?«
    »Dann, Herr, haben sie mich gezwungen, die Zelle aufzuschließen, in
der die Sklavin eingesperrt war. Sie haben sie mitgenommen, doch zuvor haben sie mir bewiesen, dass die Frau wirklich die war, nach der sie gesucht hatten, denn sie legten eine notarielle Freilassungsurkunde vor, die mehrere Jahre alt war, und darin wurde das besondere Kennzeichen genannt, das sie unter der rechten Achsel hat: ein kleines, vollkommen deutlich gezeichnetes vierblättriges Kleeblatt.«
    »Ihr sagt, dass sie eine Freigelassene war?«
    »Genau das.«
    »Was ist danach geschehen?«
    »Sie verlangten Kleidung für die Frau, die ich persönlich übergeben habe. Dann sind sie gegangen, nachdem sie uns gewarnt hatten, dass keiner sie verfolgen dürfe, denn sollte es jemand tun, würden wir sie zwingen, sich zu verteidigen.«
    »Das war alles?«
    »Das war alles.«
    Bernat Montcusí schwieg einen Augenblick. Dann stand er von seinem Sitz auf und lief mit langen Schritten durchs Zimmer.
    Plötzlich drehte er sich zu seinem Besucher um.
    »Wie Ihr verstehen werdet, kommt Ihr bei dieser üblen Geschichte nicht ungeschoren davon. Obwohl Ihr aus unbegreiflichen Gründen von Eurem Amt zurückgetreten seid und darum nicht für die Sicherheit Terrassas verantwortlich wart, hattet Ihr eine Stellung, die Euch zum Vorgesetzten des hierfür ernannten Offiziers machte. Der Beweis ist, dass Ihr ihn ganz zu Recht bestraft habt.«
    Der andere antwortete gleichmütig.
    »Ich hatte nicht den Auftrag, das Gut zu bewachen. Und falls Ihr meint, es sei kein ausreichender Grund für einen Rücktritt, wenn man mit einer Handlungsweise nicht einverstanden ist, die den tiefsten christlichen Gefühlen widerstrebt, dann urteilt Ihr offensichtlich mit anderen Maßstäben als denen, die man mir beigebracht hat.«
    »Nichts steht über dem Gesetz, und unser Gesetz sagt, dass ein Verwalter den Anweisungen seines Herrn gehorchen muss.«
    »Verzeiht, wenn ich anderer Meinung bin. Über dem Gesetz steht das Gewissen jedes Einzelnen, und es widerspricht meinem Gewissen, einem Mitmenschen die Augen auszureißen und ihm die Zunge abzuschneiden. Was unseren Vertrag betrifft, so denkt daran, dass er nicht der eines Leibeigenen mit seinem Herrn war: Ich bin ein freier Mann,

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