Das Vermächtnis des Martí Barbany
erschien, die Zeche für etwas bezahlen müsste, wovon er noch nicht wusste.
Das Glöckchen klingelte nachdrücklich, und der Sekretär stürzte ins Zimmer.
»Ihr habt geläutet, Herr?«
»Ich läute immer noch, Schwachkopf! Hörst du etwa nicht?«
»Ich bin auf der Stelle gekommen, Herr.«
»Bring mir alle Genehmigungen, die ich Martí Barbany ausgestellt habe, damit er seinen verdammten Laden aufmachen konnte, alle Unterlagen über die Geschäfte, bei denen meine Einwilligung notwendig war, und die Aufzeichnungen zu seinen Besuchen. Diesem üblen Kerl mache ich den Garaus.«
Brufau kannte seinen Herrn und wusste, wann er gern reden wollte.
»Ist etwas vorgefallen?«
»Ob etwas vorgefallen ist, sagst du?« Der Ratgeber lief mit großen Schritten durch den Raum. »Dieser Hundesohn hat es gewagt, vom Grafen eine Lis honoris gegen mich zu verlangen, was eine Schande und außerdem eine Frechheit ist. Aber das Schlimmste ist, dass der Graf zugestimmt hat.«
»Und wie war es möglich, dass man so etwas genehmigt?«
»Ich bin sicher, dass die Gräfin hinter alledem steckt. Sie hat in diesen Ländern tatsächlich zu bestimmen.«
»Aber kann man sich eine solche Undankbarkeit vorstellen?«
»Nähre eine Schlange am Busen, und sie beißt dir in die Hand.«
»Ich hätte nie gedacht, dass man in unserer Zeit noch an dieser alten Gewohnheit festhält.«
»Nun, das gibt es wirklich, und jetzt will man es den treuesten und ergebensten Diener der Grafen büßen lassen. Aber ich schwöre dir, dass der dreiste und unverschämte Tölpel bei dieser Provokation den Kürzeren zieht, und ich gebe nicht eher Ruhe, als bis man ihn aus Barcelona hinauswirft. Wenn ich daran denke, dass ich ihn beinahe als meinen Schwiegersohn akzeptiert hätte! Übrigens, geh zu Luciano Santángel und richte ihm aus, dass ich ihn dringend sehen muss.«
Die Neuigkeit verbreitete sich in der Stadt wie ein über die Ufer getretener Wildbach. Das große Ereignis sollte am 3. Februar kurz nach der dritten Tagesstunde beginnen und so lange wie notwendig dauern. Eine Lis honoris , dazu noch eine öffentliche, war etwas Außerordentliches. Überall sprach man darüber, in den Herrenhäusern, im Schloss und schließlich unten auf dem Markt. Da es sich um zwei wohl bekannte Persönlichkeiten handelte, bildeten sich unverzüglich zwei Parteien. Man liebte und achtete Martí, denn er hatte den Städtern eine Zeit des Wohlstands mit vielen unbestreitbaren Vorteilen gebracht. Das hatte mit den Mühlen begonnen, die Wasser nach Barcelona pumpten, es setzte sich mit dem Laden fort, der den Frauen das Leben erleichterte, und vor allem kam noch die Beleuchtung hinzu, die nachts für eine Sicherheit sorgte, wie man sie früher nicht gekannt hatte. Diejenigen, die der Ratgeber begünstigt hatte, und vor allem die Bittsteller, die täglich seine Amtsräume aufsuchten, ergriffen hingegen für Montcusí Partei.
Almodis, die den sprunghaften Charakter ihres Gemahls kannte, nutzte die günstige Gelegenheit, dass er einen abfälligen Kommentar über den Marktberater abgegeben hatte, um eine Bresche in diese Festung zu schlagen und Zweifel an Montcusís Ehrlichkeit zu säen. Ramón, der immer sehr impulsiv reagierte, gab nach, weil er aus einer etwas perversen Laune heraus wissen wollte, wie sich der listige Montcusí aus dieser üblen Lage befreien würde. Wenn es ihm gelänge, würde er in seiner Achtung noch höher steigen, und sonst müsste er ihn eine Zeit lang von sich fernhalten.
Der Gerichtshof sollte aus den Richtern Ponç Bonfill March, Frederic Fortuny i Carratalà und Eusebi Vidiella i Montclús bestehen. Der Obernotar Guillem von Valderribes und der Veguer Olderich von Pellicer hatten den Auftrag, für den richtigen Ablauf der Verhandlungen zu sorgen,
die mehrere Tage dauern würden. Es gab übermäßig viele Anträge auf Teilnahmegenehmigungen. Obwohl den Handwerkern, den Stadt-, Land- und Hafenarbeitern der Zutritt verboten war, ging die Zahl der Bürger Barcelonas, die aus Neugier und Unruhe über ein solch ungewöhnliches Ereignis ihre Zulassung beantragten, weit über alle Erwartungen hinaus. Adlige und Geistliche würden den ihnen vorbehaltenen Raum überfüllen.
Die Verhandlung sollte ursprünglich im großen Saal des Grafenschlosses stattfinden, doch weil so viele Leute teilnehmen wollten, richtete man einen Raum im Rathaus ein, wo sich mehr als dreihundert Personen versammeln konnten. Auf einem erhöhten Ehrenplatz sollten die Throne des
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