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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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die Augen und sagte kein Wort mehr. Sie stieß nur einen tiefen Seufzer aus, und dann verklärte ein Ausdruck unendlichen Friedens ihr Gesicht.
    Martí stand auf. Sein Blick erschreckte Eudald.
    »Beim lebendigen Gott schwöre ich, dass der mit seinem Leben bezahlen wird, der diese Untat begangen hat!«
    Eudald sah ihn mit undurchdringlicher Miene an. In seinem Innern rangen der Geistliche und der Krieger miteinander.
    »Martí, es ist nicht gut, dass Ihr mit diesem Groll im Herzen lebt. Rache missfällt Gott.«
    »Eudald, das ist keine Rache, sondern Gerechtigkeit. Außerdem sagt die Bibel: ›Auge um Auge, Zahn um Zahn.‹«
    Hinter ihm meldete sich Jofre: »Pater Llobet hat recht. Auf der See haben wir ein Sprichwort: ›Es gibt lebendige Seeleute und tote Seeleute, und es gibt vorsichtige und tollkühne. Was es nicht gibt, das sind lebendige Tollkühne.‹ Lass es sein, Martí, sollen die Toten ihre Toten begraben. Deine Mutter hat sich schon mit deinem Vater vereint. Möge sie in Frieden ruhen.«

    Am nächsten Tag begrub Martí Emma und den alten Mateu. Danach wollte er alles besichtigen, was früher sein Land gewesen war. In den Resten des alten Pferdestalls fand er die Scherbe eines Tongefäßes, wie er sie benutzte, um das schwarze Öl übers Meer zu transportieren, und darauf waren das Datum und sein Zeichen eingeritzt.
    »Eudald, hier ist der Beweis, wer hinter alledem steckt. Es gibt nur zwei Personen, die über solche Amphoren verfügen: noch jemanden und mich selbst. Wenn Ihr mein Freund seid, werdet Ihr mir eine Unterredung mit der Gräfin ermöglichen, sobald ich nach Barcelona komme. Ich will den Einwohnern der Grafschaft zeigen, was für eine Art Mensch der Ratgeber des Grafen ist, und ich will ihn an den Pranger stellen.«
    »Ich mache es, wie Ihr es haben wollt. Aber ich sage Euch noch einmal, dass er ein schrecklicher Feind sein wird.«
    »Wenn ich das nicht für meine Mutter, für Laia, für Baruch tue, … kann ich mich nicht als Mann ansehen. Ihr habt mir gesagt, dass Ihr Ruths Entscheidung achtet, weil dies ihre Wahrheit sei. Nun denn, das hier ist meine Wahrheit.«
    »Wie Ihr wollt.«
    Martí ging zu einem Notar, um den Grundbesitz seiner Mutter unter den Leuten aufzuteilen, die mit ihr gelebt hatten. Hierauf kehrte er mit seinen beiden Freunden nach Barcelona zurück. Sein Herz wurde von zwei widersprüchlichen Gefühlen beherrscht: Zum einen war er sich nun gewiss, dass er Ruth liebte und sie für immer zu seiner Gattin machen musste, andererseits hegte er einen unbändigen Hass gegen den Menschen, der ihm in seinem ganzen Leben am schlimmsten geschadet hatte: Bernat Montcusí, der Ratgeber des Grafen.

109
    Im Schloss
     
    N iemand wartete im Vorzimmer. Ein Türhüter hatte den Besucher hineingeleitet, den der Beichtvater der allmächtigen Almodis angekündigt hatte. Ohne dass er es verhindern konnte, stieg ihm ein nervöses Kitzeln am Rückgrat hoch. Immer wenn er eine Gelegenheit hatte, die Gräfin zu besuchen, geschah ihm das Gleiche.
    Kurz danach öffnete sich eine Seitentür, und die massige Gestalt des Domherrn füllte die ganze Tür aus.
    »Ihr könnt eintreten, die Gräfin hat es gestattet.«
    Martí erhob sich, nahm seinen Mantel von der Bank und folgte seinem Gönner. Während sie durch einen schmalen Gang schritten, der zum Privatkabinett führte, unterrichtete ihn Eudald, was es Neues gab.
    »Denkt daran: Ihr müsst kurz und knapp sein. Redet nicht, bevor sie es getan hat, und wenn sie Euch etwas fragt, antwortet ohne Abschweifungen. Sie wird Euch Ja oder Nein sagen. Ihr dürft sie auf jeden Fall nicht bedrängen, und lasst Euch vor allem nicht einfallen, ihr schmeicheln zu wollen. Kriecherische Höflinge sind ihr über alle Maßen zuwider.«
    »Macht Euch keine Sorgen. Das ist nicht mein Stil, weder bei der Gräfin noch bei sonst jemandem.«
    »Noch etwas: Selbst wenn sie es zu verstehen gibt, sagt ihr nicht, dass sich Euer Verdacht auf die Informationen ihres Hofnarren stützt. Als ich eintrat, hat mich Delfín mit einer vielsagenden Geste darauf hingewiesen. Verratet ihn nicht: Wir würden einen Verbündeten verlieren.«
    Sie kamen zu der kleinen, halb versteckten Tür, die sich in der tapezierten Wand des Kabinetts öffnete.
    Eudald ging als Erster hinein.
    Gräfin Almodis war von ihrem kleinen Hofstaat umgeben und unterhielt sich nach Tisch, indem sie den Klängen einer von Lionor gespielten
Zither lauschte, während der Hofnarr mit ihrem Pudel herumtollte und sich Doña

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