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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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jedem Dienst fähig sind, Knaben, die sich mühelos als Pagen anlernen lassen! Vier Corduaner Bajaderen, die Eure Augenblicke der Zerstreuung in eine Wonne verwandeln können! Und viele andere Überraschungen! Verehrte Herrschaften, erleichtert Eure Börse von überflüssigen Mancusos, Dinaren oder Solidi! Es gibt Waren für alle Preise, für jeden Beutel etwas!«
    Der Dicke holte Luft und drehte sich zu den fünf Schwarzen um, die hinter ihm standen, als hätte er sie gerade in diesem Moment bemerkt.
    »Seht, meine Herrschaften, was wir hier haben. Frisch aus Theben eingetroffen, stark wie Ochsen und schon von der Peitsche gezähmt, fünf schöne Exemplare, denen man jede Arbeit abverlangen kann, so hart sie auch ist, denn sie haben ja keine Seele. Sie sind in der Lage, jeden Beruf zu erlernen, und genügsam, was die Qualität ihrer Nahrung betrifft, wenn auch nicht bei der Menge.« Das Publikum brach in Gelächter aus, weil der Versteigerer offensichtlich einen Witz gemacht hatte. »Sie fressen wie Pferde, aber ihre Kost wird sein, was Ihr bei Tisch übrig behaltet. Ihr könnt den ganzen Posten oder jeden Einzelnen, zwei oder drei kaufen. Natürlich bietet ihr Besitzer einen besonderen Preis an, wenn man alle zusammen erwirbt. Das Preisangebot beginnt bei zwei Solidi pro Stück, der ganze Posten wird für drei Mancusos versteigert. Macht Eure Gebote, meine Herrschaften!«
    Die von dem Messingsprachrohr verstärkte Stimme gelangte nun deutlich und eindringlich in jeden Winkel des Marktes. Die Gebote folgten aufeinander, und der geschickte Versteigerer ließ sich alles Mögliche einfallen, um die Eigenliebe der Bieter anzustacheln und so die gebotenen Preissummen hochzutreiben.
    Martí beobachtete neugierig dieses für ihn völlig neue Schauspiel. Sein Blick wanderte vom Brettergerüst zu der Sänfte, die ihm als Erstes aufgefallen war, und bald entdeckte er, dass die Person, die sich darin verbarg,
hin und wieder ein Tuch unter dem Vorhang hervorstreckte. Ein Bieter achtete auf dieses Zeichen, und unverzüglich erhöhte er das Gebot, wie es der Farbe des Tuchs entsprach. Die Versteigerung ging weiter, und Mancusos, Solidi oder Dinare von unterschiedlichem Wert und vielfältiger Herkunft wechselten ständig von Hand zu Hand. In diesem Augenblick stieg eine junge Frau mit edlen Gesichtszügen und stolzem Blick die kleine Treppe empor.
    »Hier haben wir jetzt ein Mädchen, das jeder Dame große Freude bereiten wird. Es spricht Lateinisch und Griechisch, trägt schöne Gedichte in vielen Sprachen vor und spielt mehrere Musikinstrumente. Das Mädchen kann tatsächlich eine großartige Gesellschafterin sein.«
    Das erste Gebot bestand aus zwei Solidi, doch die Summe stieg schnell, weil mehrere Beteiligte, die sich für das Mädchen interessierten, ihre Gebote erhöhten.
    Die Person, die sich in der Sänfte verbarg, ließ am Fensterrand ein grünes Tuch sehen. Der Dicke wollte gerade dem Mann, der die Zeichen aus der Sänfte befolgte, bei dessen letztem Gebot zuschlagen.
    Baruch hatte Martí während der Versteigerung mehrmals Ratschläge gegeben. Darum wunderte er sich, dass der junge Mann diesmal eingriff, ohne auf seine Empfehlung zu warten.
    Martís Stimme machte sich laut bemerkbar.
    »Einen Mancuso für die Frau.«
    Martí spürte, wie sich die Blicke der Bieter auf ihn richteten: Offenbar war der von ihm genannte Preis übertrieben hoch.
    Baruch stellte erstaunt fest, dass Martí bot, ohne aufs Podest zu schauen, sondern nur auf die weiße Hand achtete, die im Schlitz des Sänftenfensters auftauchte. Yuçef sprach Martí nach zwei weiteren Zeichen mit einem Tuch und zwei neuen Geboten den Besitz des Mädchens zu. Nun ging der Vorhang etwas weiter auf, und, von dem Vorhang wie mit einem Schleier weitgehend bedeckt, erschien ein Gesicht, dessen graue Augen unendliche Trauer offenbarten. Von diesem Augenblick an sollte es Martís Träume beherrschen.
    »Was hat Euch veranlasst, so hoch mitzusteigern?«, fragte Baruch. »Die Frau ist das Geld nicht wert, das Ihr geboten habt.«
    »Wenn ich die Seligkeit mitrechne, dass ich diese Augen gesehen habe, war das noch zu wenig.«
    »Meint Ihr die Dame in der Sänfte?«
    »Genau sie.«

    »Wenn ich mich nicht irre, ist sie Montcusís Stieftochter. Die Mutter des Mädchens war Witwe, als sie den Ratgeber heiratete und eine Tochter in die Ehe mitbrachte. Ihr gehören gewiss die Augen, die Euch so tief beeindruckt haben«, erklärte der alte Jude lächelnd. »Für das Vergnügen,

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