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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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sie sowohl von den Grenzen der Spanischen Mark am großen Fluss Ebro als auch von der Küste unterhalb des Berges Montjuïc, wo die Schiffe, die das Mittelmeer bevölkerten, seit uralten Zeiten ihre Waren ausluden.
    Martí zeigte unermüdliche Neugier, und der Jude, der sich über das Interesse des jungen Mannes freute, beantwortete ihm all seine Fragen vollständig.
    »Ihr müsst verstehen, dass es keine guten oder schlechten Geschäfte gibt, vielmehr machen die Personen, die sich mit ihnen befassen, sie zu etwas Gutem oder Schlechtem. Wenn Ihr Geduld habt und die Augen gut offenhaltet, werdet Ihr feststellen, dass es zwei Arten des Handels gibt: Die einen verlangen die ständige Anwesenheit des Herrn, und für die anderen bieten sich hin und wieder Möglichkeiten, und mit Eurem Scharfblick oder Eurer Kühnheit könnt Ihr sie nutzen.«

    »Erklärt mir das, Baruch. Warum macht ihr Juden nicht die Geschäfte, zu denen ihr den Übrigen so klug ratet?«
    »Die Antwort ist sehr einfach: weil das Gesetz es uns nicht erlaubt. Die Angehörigen meiner Rasse dürfen sich allein mit solchen Geschäften und Berufen abgeben, die genau festgelegt sind. Schon so bewirkt der Neid, der aus der Unfähigkeit und Missgunst der Mittelmäßigen entsteht, dass das Wasser regelmäßig über die Ufer tritt und wir uns in unseren Calls einschließen müssen. Da könnt Ihr Euch vorstellen, was geschehen würde, wenn wir mit den Christen konkurrierten. Nein, lieber Freund, das Leben ist ein viel zu schönes Gut, als dass man es nach mehr oder weniger großem Reichtum bewerten darf. Darum beschränken wir uns auf die Geschäfte, die uns erlaubt sind, und diese Genehmigung kostet uns gutes Geld.«
    Sie waren ganz in diese Themen vertieft, als in der Ferne der Bogen auftauchte, der das Tor des Sklavenmarkts krönte. Je mehr sie sich näherten, desto deutlicher zeigte sich Erstaunen in den Augen des Neuankömmlings. Niemals, selbst nicht auf den größten Jahrmärkten von Gerona, die Martí besucht hatte, um die Ernte von seinen Feldern hinzubringen, konnte er so viele Wagen, Karren und Pferde sehen, von denen es rund um diesen riesigen Markt wimmelte. Die Rufe der Fuhrleute, die sich einen Weg bahnten, die Flüche der Wachen, manch ein Schimpfwort der Kutscher und das Peitschenknallen der Frachtwagenaufseher erfüllten die Luft. Martí achtete besonders aufmerksam auf diese Fuhrleute. Ihre Wagen wurden von Gespannen aus vier Maultieren gezogen. Sie kamen nur langsam voran, und dazu ertönten die herzzerreißenden Klagerufe der unglücklichen Sklaven. Diese befanden sich auf den riesigen Wagenflächen, wo sie in großen Holzkäfigen mit dicken Gitterstäben zusammengedrängt waren. Alle Käfige waren mit den besonderen Erkennungsfarben der Eigentümer bemalt, die diese Geschäfte leiteten. Die Farben stimmten mit denen überein, die auch die Kerkerzellen im Hintergrund schmückten, in denen man die gepeinigte »Ware« ordnungsgemäß ablud.
    Mehr oder weniger in der Mitte des Raums erhob sich wie eine Richtstätte ein großes Podest, das auf einem Eichengestell stand. Es war mit einem grünen zerknitterten Samttuch behängt, das dieses Gerüst umgab und seine Beine bedeckte. Im Zentrum sah man einen Eisenpfosten, von dem zahlreiche Metallringe herabhingen, und am hinteren Teil des Brettergerüsts begann ein bedeckter, ebenfalls mit Gitterstäben geschützter
Gang, der das Podest mit den Zellen verband. Als Baruch den fragenden Blick sah, mit dem Martí den Pfosten betrachtete, erklärte er: »Dort bindet man die Sklaven mit Ketten fest. Manche sind sehr aufsässig. Denkt daran, dass sie in ihrer Heimat freie Menschen waren, und bis sie sich mit ihrer neuen Lage abfinden, widersetzen sie sich meistens.«
    Rund um das Podest und hinter ein paar leichten Holzbrüstungen sammelten sich allmählich die Bieter der Versteigerung. Im äußeren Kreis sah man ein paar geschlossene Wagen mit großen Rädern. An ihnen waren besser aussehende Pferde angespannt, und ihre Vorhänge aus Leder oder dickem Stoff waren zugezogen, weil sich die Besitzer lieber nicht den Blicken des Volkshaufens aussetzten. Außerdem standen dort ein paar Sänften. Besonders eine erregte Martís Aufmerksamkeit: Sie zeigte höchsten Luxus, und die Träger waren riesige Schwarze mit geschmeidigen Muskeln. Die Vorhänge der vergoldeten, mit schwarzgrünen Rosetten verzierten Kabine waren verschlossen.
    »Wem gehört diese Sänfte?«, erkundigte sich Martí.
    »Die Farben sind die der

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