Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
Vom Netzwerk:
Familie Montcusí. Bernat, der Patriarch, ist einer der Männer der Stadt, der den größten Einfluss besitzt und der – warum soll ich es verschweigen? – am widerwärtigsten wirkt. Er ist kein adliger Herr, er gehört zur Klasse der Stadtbürger, doch Ihr könnt beurteilen, welch bedeutende Stellung er hat, wenn Ihr wisst, dass er zwar nicht von edler Herkunft ist, aber schon seit längerer Zeit einer der bevorzugten Ratgeber des Grafen ist und mit den unangenehmsten Aufgaben betraut wird: Wenn man einem Adligen etwas abschlagen muss, übernimmt das Montcusí. Erinnert Ihr Euch, dass ich erklärt habe, wie schwer es ist, das Bürgerrecht zu erhalten?«
    Martí fragte hartnäckig weiter.
    »Warum sind die Vorhänge geschlossen?«
    »Wer darin sitzt, möchte sicher unerkannt bleiben, und das ist gewiss eine Dame. Wenn eine Herrin eine Sklavin für ihren persönlichen Dienst braucht, kommt sie her und sucht sich selbst eine aus, aber sie reicht ihre Gebote durch die Vermittlung eines offiziellen Bieters weiter. Die betreffende Dame macht nie auf sich aufmerksam und streckt auch nie den Kopf hervor.«
    »Versteigert man all diese Unglücklichen, die gerade eingetroffen sind?«
    »Nicht jetzt. Die Warenposten, die herauskommen, wurden schon vor mehreren Tagen angeliefert. Die Sklaven müssen vorbereitet und zurechtgemacht
werden. Man schmiert die schwarze Haut mit einer Mischung aus Judenpech und Palmsalbe ein, damit sie glänzt. Wer unter den Unbilden der Überfahrt gelitten hat und abgezehrt und entkräftet hergekommen ist, soll nun gestärkt und gemästet werden. Man muss die Mädchen herausputzen: ihr Haar mit wohlriechendem Öl salben, ihre Zähne mit Alaunpulver zum Glänzen bringen und mit Bimsstein die Schwielen an Füßen und Händen glätten. Vielen unerfahrenen Kunden verkauft man die Katze im Sack, und auf das Aussehen kommt es ja vor allem an, besonders bei den Frauen. Die Händler sind dermaßen pfiffig, dass sie einem wollüstigen Greis eine hinfällige Alte so vorführen können, als wäre sie eine jugendfrische Jungfrau.«
    Martí kam nicht aus dem Staunen heraus.
    Plötzlich ertönte ein Hornsignal, und im Hintergrund bewegten sich die Vorhänge. Die Aufseher hielten ihre Peitschen neben dem vergitterten Gang bereit. Die Sklaven kamen heraus. Sie waren aneinandergekettet, wirkten verängstigt und versuchten, sich die Augen mit der freien Hand zuzuhalten, um sich vor dem plötzlichen Glänzen des Tageslichts zu schützen. Zuerst erschienen fünf Männer, die mit knappen, an der Taille verknoteten Lendenschurzen bekleidet waren. Ein Kerkermeister band ihre Ketten an den Pfosten in der Mitte, während ein anderer mit dem Holzschaft eines Spießes die Sklaven zwang, sich so aufzustellen, dass ihr Körper den forschenden Blicken der Leute zugewandt war. Ein Dicker, der einen bis zu den Kniekehlen reichenden Überrock und leichte Schuhe mit spiralförmig gewundenen Spitzen trug und den Kopf mit einem Turban bedeckt hatte, an dessen Stirnseite ein großer gelber Topas prangte, stieg schnaufend zum Podest hoch. Ihn begleitete ein kleiner Schwarzer. Er war gelenkig wie ein Affe und balancierte ein Tablett. Auf ihm sah man einen Zeigestock, der mit einer rot gefärbten Straußenfeder endete, außerdem ein Sprachrohr aus Messing mit einem Mundstück.
    »Das scheint eine wichtige Versteigerung zu sein, sonst hätte man nicht Yuçef damit beauftragt. Er ist einer der besten Versteigerer auf dem Markt«, flüsterte Baruch dem jungen Mann ins Ohr.
    Der Dicke nahm das Sprachrohr in die rechte Hand und den verzierten Zeigestock in die linke, setzte das Mundstück an seine wulstigen Lippen und begann mit seiner Litanei.
    »Edle Herrschaften! Obrigkeiten von Barcelona! Verehrtes Domkapitel! Meine Damen, wenn es welche gibt, und alle Bürger der Stadt!«

    Hier verstummte die Menge, weil sie von den Leuten im Hintergrund, die nicht hören konnten, was der Versteigerer verkündete, ausgezischt wurde. »Heute ist ein Feier- und Freudentag. Der Sklavenmarkt beginnt, wie er einmal im Monat stattfindet, und außerdem ist die Ware diesmal ausgezeichnet. Eure Gnaden finden ganz gewiss, was Ihr braucht. Kräftige und eichenstarke Sänftenträger, Weiße wie Schwarze, die aus den eisigen Nordregionen oder aus den glühend heißen numidischen Landen stammen! Gärtner, die Eure Obst- und Lustgärten pflegen können und die als gute Maghrebiner meisterhaft die Kunst beherrschen, das Wasser zu nutzen! Köchinnen, Mädchen, die zu

Weitere Kostenlose Bücher