Das Vermächtnis des Rings
holte und ihrem Vater mitteilte, dass sie keinen anderen als Jeremy von Berryfield zu ehelichen wünschte.
»Ohneland?«, rief der König entsetzt aus. »Mein liebes Kind, der Mann hat nicht mal einen goldenen Knopf an seinem Wams! Er besitzt weniger als nichts!«
»Er besitzt einen fähigen Kopf«, sagte Melinda und fing an zu weinen. »Und Zungenspalter wird bald auch wieder ihm gehören.«
»Zungenspalter!« Der König schüttelte aufgebracht den Kopf. »Ich halte nichts von diesen alten Legenden.« Jeder Ehemann sei ihm recht, fügte er hinzu, ohne sich um die Tränen seiner Tochter zu kümmern, jeder außer Ohneland. Feodonien brauche einen mächtigen Partner, einen wie Guy von Gilesbury, der im Übrigen sein Interesse an Melinda bekundet habe.
Melinda weinte und bettelte, aber der König blieb hart.
»Wenn ich Jeremy nicht heiraten kann, dann heirate ich niemanden«, sagte Melinda schließlich, schloss sich in ihrem Zimmer ein und verweigerte fortan jegliche Nahrung.
»In unserer Waffenkammer befinden sich mehr als fünfhundert Schwerter«, sagte der Waffenmeister, der mit Jeremy und Guy auf Burg Gilesbury nach Zungenspalter suchte. »Ich weiß nicht, wie wir es überhaupt finden sollen.«
»Es wird mich finden«, sagte Jeremy zuversichtlich und klopfte auf die einfache Lederscheide, die von seinem Gürtel baumelte. »Das ist Zungenspalters Schwertscheide, das Einzige, was mein Vater nicht fortgegeben hat.«
»Kostbarer Besitz, Ohneland«, höhnte Guy. »Sieht aus wie echtes Rindsleder! Wo man doch sagt, dass ihr auf Berryfield nicht mal Platz für eine Kuh habt!« Den ganzen Ritt von Feodonien zurück nach Gilesbury hatte er über das verdammte Schwert nachdenken müssen. Es wurmte ihn, es Jeremy aushändigen zu müssen, denn er fürchtete insgeheim, es könne sich als ein wertvolles Schwert entpuppen, mit juwelenbesetztem Griff und einer goldverzierten Scheide. Er konnte nicht verstehen, dass er nicht längst auf die Idee gekommen war, es sich wenigstens einmal anzuschauen.
Aber seine Angst war völlig unbegründet. Zungenspalter war ein schlichtes Schwert, ein wenig länger als die Schwerter, die zurzeit in Mode waren, ohne jede Verzierungen, aus einfachem Stahl geschmiedet, der hier und da bereits Rost ansetzte.
»Dies ist es!«, sagte Jeremy mit Bestimmtheit und schob ein prächtiges Schwert mit einem riesigen Rubin im Griffkreuz zur Seite, um Zungenspalter aufzuheben. Die Schwertscheide an seiner Seite hatte zu beben angefangen, je näher sie dem Schwert gekommen waren, und nun schlug sie so stark aus wie das Pendel einer Uhr.
Guy lächelte verächtlich. Dieser Ohneland war wirklich dümmer als dumm. Hätte er ein wertvolles Schwert genommen und einfach behauptet, es sei Zungenspalter, hätte er es zu Geld machen und seinen armseligen Besitz ein wenig bereichern können. Der naive Tropf schien wohl wirklich an die Zauberkraft dieses Schwertes zu glauben.
Jeremy war tatsächlich ein klein wenig enttäuscht, dass Zungenspalter so schlicht aussah, aber es lag wunderbar in seiner Hand, der Stahl war angenehm warm, und als er es in die Scheide schob, hörte Letztere auf, hin und her zu pendeln.
»Ich würde dich ja gerne zu einer warmen Mahlzeit bitten und einladen, über Nacht zu bleiben, Ohneland«, sagte Guy so spöttisch er konnte, als sie wieder auf dem Burghof standen. »Aber du willst sicher auf dem schnellsten Weg zu diesem Drachen, um ihn zu erledigen!«
»Erraten«, sagte Jeremy ruhig und bestieg sein Pferd. Er hatte sich den Weg zur Drachenhöhle von Feodors Leuten ganz genau erklären lassen.
»Nun ja«, sagte Guy und lachte hässlich. »Dann können wir nur hoffen, dass er dich röstet, bevor er dich frisst, es soll kein so gutes Gefühl sein, bei lebendigem Leib zwischen Drachenzähnen zerknackt zu werden, habe ich mir sagen lassen.«
Jeremy versuchte ein lässiges Grinsen und zeigte auf das Schwert an seiner Seite: »Kein Berryfield ist jemals zwischen Drachenzähne geraten, Gilesbury. Zungenspalter hier hat seinem Namen immer alle Ehre gemacht.«
»Ganz im Gegensatz zu den Berryfields«, sagte Guy beißend. »Viel Glück, Ohneland, vielleicht findest du den Drachen ja nicht und kommst wohlbehalten zurück. Rechtzeitig zu meiner Hochzeit mit Prinzessin Melinda.«
Jeremy wurde blass. »Ist das… ähm… beschlossene Sache?«
»König Feodor und ich sind uns einig«, sagte Guy hochnäsig. »Und diese sommersprossige Bohnenstange – pardon, meine zukünftige Frau – wird vor
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