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Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman

Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman

Titel: Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamar Yellin
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aus Hohlbausteinen und Wellblech zusammengeschustert. Der Boden war aus Beton, das Dach hatte ein Loch. Eine Hütte, in die man Vieh treiben würde. Einsam stand in der Mitte eine Bandsäge, umgeben von einer hellen Lache Sägemehl. Anderswo standen eine Säulenbohrmaschine, eine Stemmmaschine und eine Drehbank.
    »Rettungsaktion.« Dad deutete mit seinem Pfeifenkopf darauf. »Waren die Reste aus einer ausgebombten Fabrik. Selbst zusammengebaut. Läuft wie eine eins.«
    Amnon sah angemessen beeindruckt aus. Er hockte sich auf seine Fersen, um sie näher zu betrachten. Es interessierte ihn. Die Maschine brachte den verborgenen Ingenieur in ihm zum Vorschein.
    Dad trug einen flaschenbraunen Mantel und einen Trilby. Im Moment experimentierte er mit einem dünnen Schnurrbart.
Der Schnurrbart verlieh ihm etwas Autoritäres, Gebieterisches. Er hatte den beabsichtigten Effekt.
    Amnon strich mit den Fingern über die Mechanik, das graue Motorgehäuse und das Sägeblatt.
    »Pass auf deine Finger auf.«
    Er stand auf, betrachtete die Geräte eingehend.
    »Kannst du damit umgehen, was meinst du?«
    Er zuckte die Achseln und zog eine Schnute. Was war da schon groß zu lernen? Nicht viel, dachte er. Er würde sich in solcherlei einfinden wie eine Ente ins Wasser.
    »Ich lerne schnell«, sagte er.
    »Das höre ich gern. Wir haben hier mehr Bewegungsfreiheit, als wir im Moment brauchen, aber mit der Zeit, mit der Zeit werden wir den Raum schon füllen. Hier wird alles voller Maschinen stehen.« Dad kaute auf seiner kalten Pfeife: Die Werkstatt war schon einmal abgebrannt. Er legte Amnon gönnerhaft die Hand auf den Arm. »Ich zeige dir mal den Hof.« Sie traten hinaus auf das kahle Gelände, wo ein paar Stapel Bauholz in der regnerischen Luft lagerten.
    »Material zu kriegen ist natürlich noch schwierig«, sagte er. »Aber es wird besser. Und sie werden Möbel brauchen. Die ganzen wachsenden Familien, die ganzen neuen Häuser. Kannst du wetten. Von jetzt an geht es aufwärts.« Er sah verstohlen auf die Hände seines Schwiegersohns hinab. Im Bruchteil einer Sekunde beurteilte er sie: stark, ungeschickt, aber ein guter Arbeiter.
    Sie gingen durch den Regen zurück, vorbei an dem Schuppen voller Schrott, zu dem kleinen Büro, das nicht viel mehr als eine Fertighütte war. Dort wartete Hazel unter dem warmen Glimmen einer Glühbirne - es dämmerte bereits - mit fertigem Tee auf sie.
    »Ich sage dir«, sagte er, »jetzt werden die Unternehmer das große Geld machen. Dieses Land braucht Unternehmer.
Man muss am Ball bleiben: Chancen ergreifen. Man kann etwas riskieren und gewinnen, oder man kann sich an seinem Lohn festklammern und Arbeiter bleiben. In zwanzig Jahren sind wir alle Kapitalisten.«
    Er folgte dem jungen Mann ins Büro der Firma: Innen war es warm, wahrscheinlich zu warm, und stickig. Es roch nach Papier und Schreibmaschinenband und dem verbrannten Staub des elektrischen Heizgeräts. Regen rann an den Fenstern hinunter und prasselte auf das dünne Dach. Das Ganze hatte etwas Tröstendes und Verlässliches. Hazel begrüßte sie mit einem Lächeln und starkem Tee. Sie trug eine cremefarbene, hochgeschlossene Bluse, die ihr gut stand, und hatte das Haar mit einem violetten Band zurückgebunden.
    »Hast du alles gesehen?«
    Er sah ihr an, wie gespannt sie war. Sie gewann neue Zuversicht, hier, auf heimatlichem Boden. Sie entspannte sich und fiel wieder in ihre alte Rolle zurück. Sie war immer noch das Mädchen mit dem Stipendium. Sie war wieder ganz vertraut mit ihrem Vater, unterhielt sich ausgelassen mit ihm in einem Dialekt, den Amnon nicht kannte.
    »Und, was meinst du?«
    Sie hatte ihn wie eine Trophäe mit in den Norden genommen, wie Kriegsbeute von einem fernen Schlachtfeld, mit der man den heimatlichen Stamm beeindruckt. Sie hatten nichts gehabt, überhaupt nichts: nur ihren braunen Koffer mit den geknöpften Kleidern und seine abgenutzte Reisetasche. Dad war zunächst still und vorsichtig gewesen. Er hatte die Pfeife aus dem Mund genommen, ihm vor dem Kaminsims die Hand geschüttelt und seinen Schwiegersohn langsam von oben bis unten gemustert, als wolle er mit einem Blick seinen gesamten Charakter abschätzen. Mam war weniger zurückhaltend, schob ihm eine Schale Hühnersuppe
hin und stellte ihm eine ganze Salve Suggestivfragen. Als er hinaufging, um sich die Hände zu waschen, nahm sie Hazel beiseite und murmelte ihr ins Ohr:
    »Er sieht ja wirklich gut aus, aber musste es denn unbedingt ein Ausländer sein?«
    Er

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