Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
Vom Netzwerk:
beitreten wirst. In der Vorrede findest du all jene Namen wieder, die ich genannt habe, und noch viele andere. Die Regeln geben unserem Orden nicht nur eine Grundlage, sie verdeutlichen auch, was Hugo de Payens und seine Mitstreiter dazu bewog, das Leben eines Mönchsritters zu führen. Ich lasse dir auch die ‹Retrais› und das ‹Livre d’Egards› bringen. Sie sind später entstanden und enthalten Kommentare und Auslegungen zur Templerregel.»
«Hat Hugo de Payens sein Ziel erreicht?», wollte Johannes wissen.
«Was meinst du?»
«Die Sicherheit der Pilger.»
«Nie für lange. Immer mussten die christlichen Ritter auf der Hut sein. Und die Templer waren es, die Wege zu Land und zu Wasser sicherten, Feldzüge mit ihrem Wissen unterstützten und die Versorgung christlicher Heere organisierten.»
Jacques sah ihn an.
«Lies zunächst die Regeln. Vieles wird dir dadurch klarer werden. Aber wir dürfen das Bogenschießen nicht vergessen. Morgen früh machen wir weiter.»
Jacques blickte nach Westen. Von dort hatte sich ein rötlicher Schimmer über das Tal gelegt. Das Abendlicht verlieh allen Dingen noch einmal so deutliche Umrisse, wie man sie tagsüber nicht beobachten konnte. Bald würde es völlig dunkel sein.
    Nach dem gemeinsamen Abendessen mit den Knechten begab sich Johannes in die kleine Abtei der Burg. Dort war er ganz allein. Die Ritter hatten sich erneut zur Beratung in die Kernburg zurückgezogen, und ihre Knechte waren offensichtlich nicht an die Stundengebete gebunden. So hatte Johannes keine Möglichkeit, an einer Hora teilzunehmen.
    In der kleinen Kapelle erwartete ihn absolute Stille. Der einfache, im alten Stil erbaute Raum war völlig schmucklos. Einige Bänke standen rechts und links an der Wand, ein Altar fehlte, aber im Chorraum hing ein schlichtes hölzernes Kreuz von der Decke herab. Da er allein die Gesänge zur Vesper nicht anstimmen konnte, kniete Johannes nieder, schloss die Augen und betete ein stilles Kyrie. Er verband die Worte mit dem Ein und Aus seines Atems und begann die Gedanken loszulassen, aufzulösen. Wenn die Eindrücke eines Tages vielfältig waren, tat er sich damit nicht leicht, aber heute gelang es ihm, ganz in die Stille einzutauchen, innerlich ganz leer zu werden.
    Der Klang der Glocke holte ihn in die Außenwelt zurück. Er verließ die Kapelle, trat hinaus in den Burghof, hörte nur noch vereinzelt Geräusche, die ihm anzeigten, dass die meisten Knechte zu Bett gegangen waren, und begab sich zum Quartier. Er fand seinen Raum von Kerzen erleuchtet, die jemand auf den Tisch gestellt und angezündet hatte. Auch lagen dort mehrere Bände, die nun seine volle Aufmerksamkeit fanden.
    Zunächst verschaffte er sich einen Überblick. In zwei Büchern war die Templerregel niedergeschrieben, in Latein und in fränkischer Übersetzung. Die Kommentare fand er ebenfalls in dieser ihm unzugänglichen Sprache vor, aber es gab darüber hinaus noch einen lateinischen Band, der eine Art Zusammenfassung der Kommentare enthielt. Johannes nahm sich die lateinischen Templerregeln und begann zu lesen.
    Die Vorrede war offensichtlich von Hugo de Payens verfasst. Er forderte den Leser auf, denen zu folgen, welche Gott aus der Masse der Verdammten gewählt und durch seine Gnade zur Verteidigung der heiligen Kirche berufen hatte, denn viele seien berufen, aber nur wenige auserwählt. Dann folgten 72 Artikel, in denen das Zusammenleben des neuen Ordens geregelt wurde. Gleich zu Beginn erinnerten die Aufforderung ‹ora et labora› und das Gelübde, sich Armut, Gehorsam und Keuschheit zu verpflichten, an die Grundsätze der Benediktiner und vieler anderer Mönchsorden. Die Templer sollten, solange sie nicht kämpfen mussten, die Stundengebete einhalten. Die Kleidung wurde festgelegt: weiß für die Ritter, schwarz für die Sergeanten. Die Haare seien kurz zu scheren, Bärte aber erlaubt. Der Orden war streng hierarchisch in drei Stände gegliedert: Kämpfer, Betende und Arbeiter. Adlige Ritter durften drei Pferde haben. Jedem Ritter unterstanden bis zu zehn Knappen, die nicht adliger Herkunft waren. Bewaffnung, Kriegspflichten und das Verfahren bei Verletzung und Tod waren genauestens beschrieben. Andere Vorschriften, die nicht den Kampf, sondern den Gottesdienst, die Mahlzeiten, die Kleidung und die Disziplin betrafen, waren Johannes aus der Zisterzienserregel bekannt.
    Es war Mitternacht geworden, als Johannes seine Lektüre beendet hatte und das Licht löschte.
In der Nacht fand er sich wieder

Weitere Kostenlose Bücher