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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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Bastion. Von fünf Rundtürmen flankiert, richtete sie ihre Spitze gegen einen möglichen Feind aus dem Landesinneren. Riesige Gräben umzogen diese Anlage, auch nordwestlich, so dass sie von der eigentlichen Burganlage getrennt war. Château Gaillard bestand also genau genommen aus zwei Verteidigungsanlagen. Johannes wandte sich nach Norden und blickte auf jene Burg, deren Inneres er bereits kennengelernt hatte. Die äußere Mauer bildete annähernd ein Fünfeck, das im Nordwesten spitz zulief. Auch sie war von tiefen Gräben umgeben oder grenzte direkt an den steilen Abhang. Die innere Mauer der Kernburg wurde durch einen Wassergraben geschützt. Jacques wies seinen Schüler darauf hin, dass sie ebenso wie der mächtige Burgfried elliptische Form besaß, um Angreifern keinen Schutz im toten Winkel zu gewähren. Bei genauerem Hinsehen könne man erkennen, dass diese innere Mauer keine glatte Fläche bot, sondern wie aus aneinandergereihten Türmen gebaut zu sein schien. Den möglichen Angreifer erwartete eine gewellte Mauer, die den Einsatz von Leitern oder fahrbaren hölzernen Belagerungstürmen nahezu unmöglich machte. Auch wies Jacques auf Schießscharten und Pechnasen hin, die sich an der inneren Mauer und am Burgfried befanden.
Johannes wollte wissen, wie es möglich war, solch eine Festung zu ersinnen. Jacques erläuterte ihm, dass Richard auf seinem Kreuzzug umfangreiche Kenntnisse in Verteidigungsarchitektur, Geometrie und Ballistik erworben habe.
Am Abend verließ Jacques seinen Schüler und begab sich in die Kernburg, die offenbar nur den Rittern selbst zugänglich war. Johannes nahm gemeinsam mit den Knappen am Abendessen teil. Im Speisesaal herrschte ein großes Sprachgewirr. Viele der Knappen schienen einander zu kennen, und so hatte dieses gemeinsame Essen nichts von der gelassenen Ruhe, die er aus den Refektorien der Klöster gewöhnt war. In diesem Durcheinander der Worte hörte er weder seine Heimatsprache noch das Lateinische, wohl aber jene Sprache, die auch in Jumièges gesprochen worden war, die Johannes aber noch nicht ausreichend beherrschte. So begab er sich recht bald in sein Zimmer und legte sich schlafen.
Am folgenden Morgen wiederholte sich die Erfahrung vom Abend nun beim Frühstück. Einige der Knappen versuchten, mit Johannes zu sprechen, doch da der ihre Sprache nicht beherrschte, sie wiederum nicht das Lateinische, blieb es bei freundlichen und zugleich neugierigen Blicken, denn die Knappen sahen wohl, dass ein Mönch in ihren Reihen etwas Ungewöhnliches darstellte.
Bald traf Johannes auch auf seinen Meister. Der ging mit keinem Wort auf den Konvent des vorangegangenen Abends ein und bat ihn stattdessen, mit dem Bogen zu folgen.
Außerhalb der Mauern fand Johannes bald zu innerer Gelassenheit. Das Spannen des Bogens gelang ihm mühelos, unmittelbar vor dem Lösen jedoch drangen Gedanken und Gefühle aus der Tiefe, ohne aufgehalten werden zu können. Oft war es sogar die plötzlich aufwallende innere Angst davor, die störenden Gedanken auch diesmal nicht besiegen zu können.
Johannes hatte schon einige Schüsse getan, als sich die Sehne seltsam plötzlich und unerwartet löste und der Pfeil mit einem kurzen Zischen davonflog. Jacques trat an ihn heran und umarmte ihn.
«Das ist es», sagte er freudestrahlend.
Johannes blickte seinen Lehrer fassungslos an. Und als er endlich verstand, was Jacques meinte, konnte er die jäh aufbrechende Freude und die Tränen nicht unterdrücken.
    Nur einmal noch gelang ihm an diesem Tag ein solcher Schuss. Es war am Nachmittag. Johannes spürte sofort, dass er in vorbildlicher Weise geschossen hatte. Es gab eindeutige Zeichen. Er selbst hatte ja bei seinem Meister sehen können, wie die Hand unmittelbar nach dem Loslassen der Sehne wie durch einen Zauber abgefangen wurde und keinerlei Erschütterung des Körpers hervorrief. Nun erlebte er es selbst, dass die Hand nach dem Schuss in mühelosem Gleiten entlassen wurde. Der Atem war ohne Hast, das Herz schlug gleichmäßig fort, und die ungestörte Konzentration erlaubte einen fließenden Übergang zum nächsten Schuss. Johannes selbst fühlte sich danach, als habe der Tag erst jetzt begonnen.
    Jacques bestätigte, dass es ihm in solchen Momenten ebenso gehe, gab seinem Schüler aber den Rat, diesen Zustand des Glücks so anzunehmen, als besäße er ihn gar nicht.
    Am Abend fragte Johannes, ob er nun die wesentlichen Fertigkeiten des Bogenschießens beherrsche. Jacques lächelte. Es sei wie bei einem

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