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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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Läufer, meinte er, der eine große Strecke zu bewältigen habe. Die letzte Etappe komme ihm am längsten vor. Und das, was Johannes nun zu erlernen habe, den Schuss auf das Ziel, erfordere die Fähigkeit zur völligen Auflösung des Selbst.
    Gegen Nachmittag waren die Ritter in der Kernburg erneut zusammengekommen. Am Abend sah Johannes seinen Meister wieder. Auch diesmal ließ der nichts von dem verlauten, was hinter den Mauern besprochen worden war. Doch intuitiv meinte Johannes zu erspüren, dass es um ungewöhnlich ernste Dinge ging.
    Jacques führte seinen Schüler aus der Burg hinaus zu einem Vorsprung, von dem aus man freie Sicht auf den Fluss hatte. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne legten sich wie ein goldener Schimmer über das Wasser. Einige Bäume säumten das linke Ufer. Dahinter erstreckten sich Getreidefelder, die ebenfalls das Gold der Sonne aufsogen. Am gegenüberliegenden Ufer erkannte Johannes den schmalen Weg, auf dem sie von Norden kommend Château Gaillard erreicht hatten. Hier erhoben sich mächtige Steilfelsen, die, von Bäumen umgeben, den Flussbogen begleiteten und zugleich eine unüberwindbare Barriere bildeten. Inmitten des Flusses bemerkte Johannes drei Inseln, von denen eine besiedelt war. Unmittelbar zur Rechten lag tief unter ihnen die kleine Stadt.
    Jacques forderte seinen Schüler auf, neben ihm Platz zu nehmen.
«Du hast mich zu Recht des Öfteren nach den Templern gefragt», begann er. «Bislang weißt du nur, dass wir ähnliche Rituale und Gepflogenheiten haben wie die Zisterzienser. Doch über unsere Geschichte, über die Organisation und das Streben unseres Ordens hat man dir bislang nichts mitgeteilt. Das muss sich nun ändern, denn du bist inzwischen auf dem Weg, jene Einweihungen zu erhalten, die dich selbst zum Templer machen werden.»
Jacques schwieg einen Moment, blickte ihn an, überzeugte sich von der ungeteilten Aufmerksamkeit seines Schülers, wandte seinen Blick dann erneut zum Tal und schien für einen Augenblick dem Lauf des Flusses zu folgen. Dann begann er zu erzählen.
«Unser Orden wurde vor etwa 200 Jahren gegründet. Man weiß nicht genau, wann das geschah, aber die meisten sprechen davon, dass im Jahre des Herren 1118 Hugo de Payens, ein Ritter aus der Champagne, Männer um sich sammelte, die wie er am Kreuzzug teilgenommen hatten und seither im Heiligen Land lebten. Gemeinsam legten sie vor Garimond, dem Patriarchen von Jerusalem, einen Schwur ab, von nun an nur noch Gott dienen und die Pilger vor Feinden schützen zu wollen. Balduin II., König von Jerusalem, war vom Ernst ihres Anliegens überzeugt, nahm ihre Dienste dankbar an und überließ ihnen in unmittelbarer Nähe des Tempels von Jerusalem ein Ordenshaus. Dieser Tempel befindet sich genau an jenem Ort, an dem der Tempel Salomos einst gestanden hat. Und so gab sich der Orden den Namen Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosalemitani.
Der neue Orden sollte eine klare Aufgabe haben: den Schutz der Pilger. Und er sollte Männer vereinen, die einzig von der Liebe zu Gott getragen wurden. Sie sollten Ritter und zugleich Mönche sein. Mönchsritter – das hatte es bis dahin nicht gegeben.
Papst Honorius sandte seinen Legaten, Kardinal Matthias von Albano, nach Troyes, wo ein Konzil ausgerichtet wurde, an dem viele einflussreiche weltliche und geistliche Würdenträger teilnahmen, so auch Stefan Harding, Abt von Cîteaux, Bernhard, Abt von Clairvaux, und Hugo von Mâcon, Abt von Pontigny – also die führenden Männer des jüngst gegründeten Ordens der Zisterzienser. In Troyes erhielten die Templer ihre Ordensregeln und wurden von Matthias von Albano kraft der ihm verliehenen Vollmachten anerkannt. Dieser Status bedeutete auch die Freiheit von Steuern und kirchlicher Vormundschaft. Hugo de Payens reiste daraufhin durch das Land der Franken und überquerte auch das Meer und besuchte England und Schottland. Viele Männer schlossen sich ihm an.» Jacques hielt inne und versicherte sich, dass sein Schüler aufmerksam zugehört hatte.
«Diese Geschichte hört sich an wie eine Sage», meinte Johannes. «In Jumièges fand ich ein Buch, das von einem König erzählt, der Ritter um sich sammelte, um eine heilige Burg zu verteidigen.»
Jacques blickte erstaunt auf.
«Es gibt viele Rittersagen», fuhr er fort. «Doch diese Geschichte hat wirklich stattgefunden. Ich werde dir die lateinischen Templerregeln bringen lassen. Du musst sie studieren, musst sie genau kennen, wenn du dem Orden

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