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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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Kopf schräg wie eine Katze und fixierte mich mit seinen grünen Augen.
    »Wenn du ein Fel-Schwert trägst, wird es zur Stärkung deiner Wünsche«, sagte er, als wäre ich ein Idiot – was ich wahrscheinlich auch war. »Als dich die Mücken plagten, musst du dir instinktiv gewünscht haben, sie würden sich langsamer bewegen, damit du sie erschlagen könntest. Und dieser Wunsch ist dann aus deinem Innern in deinen Arm und von da aus in das Schwert gewandert. Aber das Kunststück dabei ist natürlich, dass du das Richtige wünschst. Und dann musst du in der Lage sein, deinen Wunsch umzusetzen. Was das betrifft, warst du schon ganz gut.«
    Wir sahen einander lange in die Augen. Das habe ich früher mit Shipley oft ausprobiert, und immer hatte er dann irgendwann gegähnt und als Erster weggeschaut. Egil schaute nicht weg.
    »Mein Schwert kann die Zeit verlangsamen?«, sagte ich.
    »Es kann deine Feinde langsamer machen. Wenigstens für eine kurze Weile. In die Zeit eingreifen, das ist was für Erwachsene.«
    Ich betrachtete den goldenen Schwertgriff und spürte das Gewicht des Metalls an meinem Gürtel. Was hatte Stephen Hawking über die Krümmung der Zeit gesagt? Aber ich erinnerte mich nicht, dass er auch etwas über Schwerter und Mücken gesagt hätte.
    An der Art, wie Egil mich ansah, spürte ich, dass er trotz seiner Albernheit ziemlich beunruhigt war.

    Nichts auf der Welt lässt sich mit einem Gletscherfeld vergleichen. Man spürt es unter den Füßen, aber man spürt keinerlei Gefälle.
    Wenn der Himmel weiß ist – wie meistens, wenn Sonnenlicht von Schnee reflektiert wird –, sieht man ringsum nur eine endlose weiße Fläche. Die Tiefe des Eises, auf dem man geht, kann man nur erahnen. Man stampft aufs Eis und spürt, wie sich die Vibration nach unten fortsetzt, tiefer und tiefer bis zum festen Boden des Gletschergrundes.
    Nur dass in Island der Boden nie fest ist. Island ist eine uralte Blase auf einem Spalt in der Erdkruste, die aus tausend Löchern und Rissen das heiße Innere des Planeten absondert. Das Wasser in Island ist viel zu bewegt, um nur Wasser zu sein – es ist meistens entweder Eis oder Dampf. Dicke Eisschichten lasten auf dem Land wie Gewichte, die verhindern, dass beim nächsten Vulkanausbruch alles in die Luft fliegt. Man hat also gewissermaßen die ganze Gewalt der Erde unter der Ledersohle seiner Schuhe.
    Die wenigsten Menschen gehen jemals über einen Gletscher. Gletscher sind auch mit den robustesten Fahrzeugen nur schwer zu erreichen und bis auf die Fahrspur des sonderbaren Schneemobils ist ihre Oberfläche von Menschen unberührt. Keiner, der dort unterwegs ist, weiß, was sich wirklich unter seinen Füßen befindet.
    Wir kämpften uns in einem Sommerschneesturm mit knirschenden Schritten über die dicke Schneeschicht. Mein magisches Schwert war auf die Größe eines Messers geschrumpft, sodass ich es kaum spürte. Das kristallklare Licht der Sonne ließ den Schnee funkeln und glitzern. Die Luft war so eisig, dass ich das Gefühl hatte, sie würde Löcher in meinen Kopf bohren. Sie war aber auch prickelnd und aufregend und ich wäre am liebsten durch den Schnee getobt. Es war meine erste Begegnung mit Schnee und aller Wahrscheinlichkeit nach würde es auch meine letzte sein.
    Egil studierte inzwischen eingehend die Landschaft, heftete seinen Blick auf die Berge in der Ferne und stellte anscheinend irgendwelche Berechnungen an. Dann bemerkte er einige Meter links von sich eine kleine Vertiefung im Schnee. Er ging darauf zu, drehte sich zur Sonne, ging weiter und zählte dabei seine Schritte. Als er stehen blieb, machte er eine Rechtswendung und ging noch ein paar Schritte weiter.
    Soweit ich es beurteilen konnte, zählte er einfach seine Schritte auf dieser grenzenlosen weißen Fläche, auf der eine Stelle aussah wie die andere. Vielleicht war er übergeschnappt? An einem bestimmten Punkt aber zog er seine Mütze mit den zwei Hörnern aus der Tasche und warf sie in den Schnee, um die Stelle zu markieren. Dann kam er wieder zu mir.
    »Wir sind fast an den Toren von Langjoskull«, sagte er.
    »Ich sehe keine Tore«, sagte ich.
    »Sie sind unter dem Schnee«, sagte er. »Ich erkenne den Geruch, der von dort unten kommt. Und bevor wir nun hinabsteigen, muss ich dir eines erklären. Zu deiner eigenen Sicherheit.«
    Er ließ sich im Schnee nieder und ich setzte mich vor ihn. Unter meinem Hosenboden wurde der Pelzmantel dicker und bildete einen warmen, trockenen Sitzplatz. Mein Schwert

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